Mit dem Ende der Saddam-Herrschaft und dem Zusammenbruch seines säkular sozialnationalistischen Baath-Regimes, wurde - mit Ausnahme von Syrien - das letzte säkulare Regime beseitigt, welches sich noch auf den arabischen Nationalismus berief und das in den 1960er Jahren noch die Massen von Casablanca bis nach Aden in Wallung brachte.

Vormachtstellung Irans, statt „Leuchtturm der Demokratie“ im Irak

Statt eines Leuchtturmes der Demokratie im Irak, wie George W. Bush einst fantasierte, wurde eine neue Vormachtstellung des Irans errichtet, die im schiitischen Gürtel, der die syrische Wüste überwunden hat, und im Libanon in unmittelbaren Kontakt mit Europa gerät, ihren Ausdruck findet.

Heute bekämpft Washington jene geopolitische Realität, wenn man sich des unaufhaltsamen Aufstieges des Irans zur führenden Regionalmacht bewusstwird, die es zu Beginn des sogenannten „Kriegs gegen den Terror“ selbst erschaffen hatte.

US-Präsident Bush ignorierte damals aber jene Warnungen der herausragenden Nahost-Experten an den US-Elite-Hochschulen und gedachte dafür dem „Vater“ zu folgen, womit er nicht seinen biologischen Vater meinte. Stattdessen gedachte der Ex-Präsident den Fingerzeig Gottes zu interpretieren, dem er sich angeblich verpflichtet fühlte bzw. dessen Bewegungen er zu folgen gedachte.

Bei meinem Besuch im Nord-Irak, in der autonomen Region Kurdistan, im vergangenem Jahr, konnte ich mich vor Ort von dem starken iranischen Einfluss vor Ort überzeugen: https://www.cashkurs.com/beitrag/Post/ramon-schacks-reise-nach-irakisch-kurdistan-in-die-umstrittenen-gebiete-des-nord-irak/ 

Derartige Tendenz ist auch in den übrigen Landesteilen vorhanden. In diesem Zusammenhang sei noch einmal daran erinnert, dass der Irak kein historisch gewachsener Nationalstaat ist, sondern von der reiselustigen und altjüngferlichen britischen Agentin Gertrude Bell erfunden wurde - im Dienste des Empires.

Rege Handelsbeziehungen zwischen dem Irak und Iran

Rund ein Viertel der heute vom Irak importierten Waren stammen aus dem Iran, jährlich bedeutet dieses einen Wert von zehn oder sogar zwölf Milliarden US-Dollar. Hamid Hosseini, der Generalsekretär der iranisch-irakischen Handelskammer, erläuterte, dass die Handelsbeziehungen von 80 Prozent der iranischen Firmen mit dem Nachbarland über den autonom verwalteten, kurdischen Nordirak verlaufen.

2018 betrug das Handelsvolumen zwischen dem Irak und den USA 13,2 Milliarden US-Dollar, von denen 11,9 Milliarden allein auf (Öl-)Exporte entfielen und nur 1,3 Milliarden auf vom Irak importierte US-amerikanische Waren.

Westen stellt die Proteste als „anti-iranisch“ dar

Im Westen, besonders in den USA, ist man zur Stunde darum bemüht, die anhaltenden politischen Wirren im Irak als ein Aufbegehren der dortigen Bevölkerung, als eine anti-iranische Revolte darzustellen. In Wirklichkeit protestiert die irakische Bevölkerung gegen ein politisches System, welches unter der US-Besatzung entstanden ist.

Korruption und Armut, als Folge des Krieges und der Zerschlagung staatlicher Strukturen, sind Alltag für viele Irakis. Die Proteste richten sich daher gegen Trinkwasser- und Stromknappheit sowie gegen Arbeitslosigkeit insbesondere unter den Jugendlichen – in einem Land, in dem 40 Prozent der Bevölkerung jünger als 25 Jahre alt sind.

So war es auch bereits während der großen Massenproteste der Jahre 2011, 2015 und 2017. Ihre Wut richtet sich gegen eine politische Elite, die eineinhalb Jahrzehnte lang in die eigenen Taschen gewirtschaftet hat, das Bildungs- und Gesundheitssystem verkommen ließ und eine völlig verfehlte Infrastruktur- und Wohnungspolitik betrieb.

Iraks Anbindung an die Neue Seidenstraße

Die Stoßrichtung der USA richtet sich deshalb auch nicht gegen die brutale Niederwerfung dieser Demonstrationen, sondern gegen die immer tiefer gehende Integration der Volkswirtschaften Iraks und Irans, sowie gegen den wachsenden Einfluss der Volksrepublik China vor Ort.

Der irakische Präsident Al-Mahdi zog sich den Zorn Washingtons zu, als er im Spätsommer in Peking eine Partizipation des Iraks an Chinas „Neuer Seidenstraße“ vereinbarte. Auch dem von Washington eingeforderten Feldzug gegen Iran hat sich Irak nicht unterworfen. Der Handel zwischen Bagdad und Teheran floriert.

Was bedeutet das konkret für mich!?“

Das Vorhaben, unser politisches Modell - vor dem Hintergrund einer völlig anders gearteten Staatengemeinschaft - zu exportieren, ist gescheitert. Diese Erkenntnis muss immer wieder betont werden, gerade angesichts des Wahnwitz, der sich im Bundesverteidigungsministerium zur Stunde zu verbreiten droht.

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