Am Eingang werden die Gäste unter Anderem von Jutta Matuschek begrüßt, einer BSW-Kandidatin für das Europaparlament, die bis 2016 für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus gesessen hatte.

Cebrail Beyazgül ist für den Saalschutz verantwortlich, zusammen mit seinem jungen Team, welches aus Mitgliedern des Fair Boxen Vereins besteht, ansässig in Lichtenrade und welches von Beyazgü einst gegründet wurde.

Alle gesellschaftlichen Schichten

Unter den Anwesenden waren alle gesellschaftliche Schichten vertreten, Akademiker und Arbeiter, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, Ossis und Wessis, aus allen Altersstufen.

Seltener war allerdings der Typus des Lifestyle-Linken, den Sahra Wagenknecht in ihrem Buch "Die Selbstgerechten" kritisierte, zu identifizieren, durchaus aber Menschen aus den innerstädtischen und hippen Quartieren, Besserverdienende mit kosmopolitischer Grundhaltung, die politisch heimatlos geworden sind, seit sich die bürgerliche Mitte radikalisiert hat und bisweilen von einem unseriösen politischen Personal vertreten wird.

Von so einer Partei habe ich immer geträumt!" ruft ein junger Mann aus, ein Medizin-Student, dessen Eltern aus Syrien stammen. „Eine echte Alternative zu den Altparteien und der AfD!"

Seine Begleiterin, eine Grundschullehrerin die aus dem brandenburgischen Templin stammt, ergänzt. „Ich war jahrelang Anhängerin der Linken, aber seit diese Partei auch für Waffenlieferungen plädiert, war der Ofen für mich aus!"

Gastgeber Norman Wolf

Sahra Wagenknecht hatte sich im Vorfeld entschuldigt, dafür fungierte Norman Wolf als Gastgeber, denn immerhin fand das Treffen in seinem Bezirk statt, wo das BSW seit Februar schon in Fraktionsstärke in der dortigen Bezirksverordnetenversammlung vertreten ist. Der Berliner Kurier schrieb damals:

Zuvor hatten drei frühere Linke-Abgeordnete den Austritt aus ihrer bisherigen Fraktion und die Gründung einer BSW-Fraktion bekannt gegeben, wie der neue Fraktionschef Norman Wolf am Dienstag der dpa sagte. Neben Wolf gehören die einstigen Linke-Abgeordneten Michael Niedworok und Tino Hempel der Fraktion der Partei von Sahra Wagenknecht in Lichtenberg an."

Eine Partei ohne Apparat

Wolf trat dann auch ans Rednerpult, welches ein BSW-Mitarbeiter am Sonntag noch aus seinem Keller zum Veranstaltungsort transportierte - vielleicht ein Ausdruck für die Jugend dieser Partei, die bisher ohne perfekt laufenden Apparat agiert-, und begrüßte die Anwesenden. Auf Facebook schrieb er am gleichen Abend:

Heute waren wir fast 700. BSW hatte zum ersten berlinweiten Unterstützer Treffen auf der Trabrennbahn Karlshorst eingeladen. Wenn das Treffen eines gezeigt hat: Auch in Berlin kommt man am BSW nicht vorbei. Wir waren uns einig: die Ampelregierung ist das größte Sicherheitsrisiko für unser Land. Keinen Tag länger sollten uns diese Politiker regieren. Ein Kinderbuchautor, der uns in den wirtschaftlichen Ruin regiert und eine Außenministerin und eine Strack Rheinmetall, die uns verantwortungslos in einen Krieg verwickeln wollen, erfordern eine neue politische Kraft. Wie stehen bereit!“

Eine Dame, die sich selbst als Akademikerin im freien Beruf zu bezeichnen pflegt, klatsch heftig Beifall. Die Endvierzigerin, die aus Tegel, tief im Westen der Hauptstadt angereist ist, äußert: „Ich war jahrelang SPD-Mitglied, aber diese Sche...-Scholz-Partei ist alles andere als Sozialdemokratisch, für mich ist das BSW die bessere SPD!"

Ihr Sitznachbar nickt zustimmend. „Dit ist doch die Partei mit dem jesunden Menschenverstand" gibt der 56-jährige Tischler zu bedenken, der nur 5 Gehminuten vom Tagungsort zu Hause ist. „Die wissen noch, wie die kleenen Leute ticken und wat wir für Probleme haben, wa. Bei der Europawahl stimm´ icke für das BSW, bei den Kandidaten."

Just in diesem Moment, ein wenig verspätet, betrat Amira Mohamed Ali den Raum, in Begleitung von dem Europa-Spitzen-Kandidaten Fabio Di Masi und Friederike Benda, der stellvertretenden Parteivorsitzenden.

Vom stürmischen Beifall unterbrochen, begrüßte Alexander King, der Berliner Parteivorsitzende und einzige BSW-Abgeordnete im Abgeordnetenhaus, die prominenten Gäste.

Kurz zuvor hatte schon die Außenpolitik-Expertin der Partei, Sevim Dagdelen, den Saal in Stimmung gebracht, mit ihrer leidenschaftlichen Kritik an der Außenpolitik der Ampelregierung. „Die NATO-eine Abrechnung mit dem Wertebündnis!" heißt das neue Buch der Bundestagsabgeordneten, welches schon die Bestsellerlisten erstürmt hat.

Der Abend endete damit, dass sich die Unterstützer des BSW im Saal verteilten, gemäß ihren Wohnorten nach Regionalgruppen, die in diesem Fall für Berlin in Mitte, Ost, West und Süd aufgeteilt wurde. „Die Regionalverantwortlichen werden versuchen, sich schnellstmöglich mit Ihnen in Verbindung zu setzen" hieß es dazu begleitend im Begrüßungsschreiben.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist erst wenige Wochen alt. Handelt es sich hierbei um eine "Partei neuen Typus", eine Linke 2.0, oder gar eine ernsthafte Konkurrenz für die SPD, eine politische Bewegung die sich auf die außenpolitischen Grundsätze von Egon Bahr und Willy Brandt beruft?

Medien und politologische Einordnungen gleiten am BSW bisher ab, handelt es sich also um einen dynamischen Prozess, welcher diese Parteineugründung flankiert?

Unabhängig davon, das Bündnis Sahra Wagenknecht strebt an, als neue politische Kraft das deutsche Parteiensystem grundlegend zu verändern und könnte in den nächsten Wahlen erfolgreich sein, angesichts des Vertrauensverlusts in etablierte Parteien und einer sozialen Krise.

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