An den Finanzmärkten bestimmt die nahe Vergangenheit das Denken vieler Anleger. Nach einer langen Phase der Ruhe rechnen nur wenige mit Turbulenzen. Kommt es dann zu Korrekturen, bricht umgehend Panik aus. Wurde zuvor die Phase der Ruhe mental als gottgegeben betrachtet erscheint nun der baldige Weltuntergang als zeitlich unmittelbar bevorstehend und unausweichlich. Als vorbeugendes Mittel gegen eine Überbetonung aktueller Entwicklungen hat sich der Blick auf langfristige Kursverläufe bewährt.

Die Turbulenzen an den Energiemärkten in Europa haben zu beachtlichen Preisspitzen geführt und die Auswirkungen der strukturellen Fehlentwicklungen der europäischen Energieversorgung angedeutet. Dieser Warnschuss sollte ebenso ernst genommen werden wie die offenbar gewordene Anfälligkeit der maximal ausgereizten „just in time“-Logistik.

Investoren sollten sich bei der Urteilsbildung nicht allein auf den Energiesektor konzentrieren, denn die Preisanstiege zeigen sich in allen Segmenten. So ist zwar bereits oft von „Übertreibungen“ zu lesen. Abgesehen von einigen sehr deutlichen, temporären Verwerfungen bei einzelnen Kontrakten sind diese jedoch aus der Historie nicht abzuleiten.

Im Vergleich zu anderen Anlageklassen haben die Rohstoffpreise in den letzten Jahren sogar bemerkenswert wenig zugelegt. Angesichts des monetären Surrealismus der relevanten Notenbanken waren die Entwicklungen der letzten Monate vermutlich erst der Anfang eines strukturellen Aufwärtszyklus.

Im Zuge der panikartigen Liquidationen an den Kapitalmärkten im vergangenen Frühjahr markierten die breiten Rohstoffindizes sowohl absolut als auch relativ Mehrjahrestiefpunkte. Es folgte eine rasche Kurserholung, in deren Verlauf die Spotpreise in die Nähe der alten Hochpunkte von vor rund zehn Jahren vordrangen.

 

 

Für sich alleine betrachtet sieht dieser Chart beeindruckend aus, der jährliche Anstieg seit 1998 beträgt in US-Dollar gerechnet jedoch lediglich 1,7 %.

Im Vergleich zu anderen Anlagen nimmt sich diese Entwicklung geradezu bescheiden aus. Deutlich wird dies beim Vergleich mit dem Goldpreis. Das Edelmetall ist langfristig ein guter Gradmesser für den Stand des Verfalls der Kaufkraft der derzeit etablierten Währungen.

 

 

Im Vergleich zum Goldpreis haben die Rohstoffpreise in der Breite seit der Jahrtausendwende deutlich abgewertet. Von der Spitze bis zum Tiefpunkt reduzierten sich die Preise um 80 %. Noch deutlicher fällt langfristige Vergleich mit dem Dow Jones Industrial Average (ohne Dividenden) aus. Seit 1981 reduzierte sich der relative Preis der Rohstoffe um 95 %.

 

 

Menschen, die sich schon länger an den Kapitalmärkten tummeln, kennen den in dieser Grafik dargestellten Zeitraum gut. Er ist Schauplatz eines langanhaltenden Abwärtstrends des Zinsniveaus und einer bemerkenswerten Hausse der Anleihen- und Aktienmärkte.

In den Jahren 2008/2009 schalteten die ohnehin laxen Zentralbanken noch einen Gang höher. Das ehemals verankerte Ziel des Kaufkrafterhalts und der stabilen Währung wurde auf dem Altar der vermeintlich schmerzlosen Entschuldung durch Inflation geopfert und der „Ankurbelung der Wirtschaft“ geopfert. Während die Aktien und Anleihen in der Folge weiter stiegen ist die Entwicklung der Grundstoffpreise seither mit dem Begriff lustlos sehr höflich umschrieben.

Eine künftige Aufholung der relativen Schwäche der Rohstoffpreise erfordert nicht zwingend höhere Preise. Sie kann auch dann stattfinden, wenn die Rohstoffnotierungen in einem Abwärtsmarkt weniger stark fallen als andere Märkte.

Angesichts der mangelnden Bereitschaft, die expansive Geldpolitik in ihre Schranken zu weisen, ist jedoch nicht nur eine relative Wertaufholung, sondern auch ein absoluter Anstieg wahrscheinlich. Insbesondere in Regionen, in denen der eigenen Währung aus Absicht oder Unfähigkeit besonders stark geschadet wird, kann dies zu erheblichen Wohlstandsverlusten führen.

Für viele ältere Menschen sind gemessen am verfügbaren Einkommen hohe Preise für Grundstoffe und Lebensmittel nichts Neues. Die Sparsamkeit der Kriegs- und direkten Nachkriegsgenerationen entsprang keiner Schrulligkeit, sondern war Ausdruck einer Wertschätzung für Dinge, die knapp und teuer waren. Eine viel sparsamere Generation wird sich in der jüngeren Geschichte kaum finden.

Die Hosen sieben Mal zu flicken, Socken zu stopfen und den Topf mit den Kartoffeln in die Wolldecke zu wickeln, um ihn warm zu halten, sind Dinge bei denen man sich die meisten modernen Weltenretter mit Smartphone und iMac kaum vorstellen kann. Der von einigen so vehement geforderte Verzicht wird sich in den kommenden Jahren für viele Menschen ganz von selbst ergeben. Auch die Industrie wird in diesem Zuge sparen müssen. Es wäre eine gute Idee, damit bei den zeitgeistkonformen Geschwätz-Themen anzufangen.

„Was bedeutet das konkret für mich!?“

Die Realrenditen vieler Anlagen sind bereits jetzt deutlich negativ. Das einfache Sparen ist daher nicht risikolos, sondern führt im Gegenteil zu einem sicheren Verlust. Wem es schwerfällt, angesichts der Bewertungsniveaus überhaupt mit dem Anlegen anzufangen, der sollte zumindest in kleinen Schritten beginnen. Neben der strategischen Ausrichtung der Kapitalanlage ist es sinnvoll, langlebige, qualitativ hochwertige Investitionsgüter noch in der Frühphase einer inflationären Entwicklung zu kaufen und werterhaltende Investitionen nicht aufzuschieben.

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