Die Industrieunternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht und ihre Bilanzen saniert. Die Produktionsprozesse wurden optimiert und treffen nun auf deutlich verbesserte Umsätze und Industrieaufträge. Konsequenz sind deutlich verbesserte Finanzverhältnisse. So haben sich die liquiden Bestände der Industrieunternehmen sowohl in den USA als auch in Deutschland deutlich von ihren Tiefständen 2009 erholt.

 

Mikrokosmos der Unternehmen wieder in Ordnung

Damit stehen die börsennotierten Unternehmen jedoch auch unter Druck. Mit Milliardenpolstern an Liquidität können sie angesichts ultraniedriger Kurzfristzinsen wohl kaum den Unternehmenswert signifikant erhöhen. Überhaupt kommt die Geldhortung an der Börse nicht gut an. Ein markantes Beispiel dafür ist Microsoft. An der Börse führt das Unternehmen seit Jahren ein Schattendasein, obwohl Microsoft sicherlich über ein hoch attraktives Geschäftsmodell verfügt. Microsoft schiebt einen Liquiditätsberg von weit über 40 Mrd. US-Dollar vor sich her.

Natürlich könnte man die Dividende erhöhen, was aber auch schon grundsätzlich über das laufende operative Geschäft finanzierbar ist. Damit bleibt die Option, über Übernahmen nachzudenken.

 

Börsenstimmung treibt Übernahmeaktivitäten

Ein verbessertes Aktienklima ist auch ein Treiber für Übernahmen und Fusionen. Der Blick auf die Entwicklung des Welt-Aktienindex MSCI World zeigt einen Gleichlauf von Aktienbewegungen einerseits und dem Volumen an globalen Übernahmen und Fusionen andererseits. Von der Mollstimmung des Jahres 2009 haben sich beide Komponenten erholt.

Dieser homogene Verlauf liegt zunächst an der steigenden Zuversicht der Unternehmensvorstände. Ein Herdendruck ist aber auch nicht zu leugnen. Denn positioniert sich die Konkurrenz breiter, steht das Management selbst unter der Not, die Positionierung des eigenen Unternehmens am Markt zu stärken. Da kauft man gerne Umsätze produktspezifisch bzw. regional hinzu oder übernimmt einfach die lästige Konkurrenz.

Im Übrigen ist die Gefahr groß, dass das eigene Unternehmen in diesem Szenario zum Objekt der Begierde wird. Wer selbst übernimmt und damit größer und teurer wird, schützt sich auch selbst davor, übernommen zu werden.

 

Makrokosmos als Katalysator für Übernahmewelle

Der entscheidende Impuls für Akquisitionen kommt vom Makrokosmos. Denn die wieder steigende Eigenkapitalrentabilität europäischer Industrieunternehmen trifft auf historisch günstige Refinanzierungsmöglichkeiten, so z.B. in Euroland. Die sehr niedrigen Realzinsen der EZB und von Unternehmensanleihen laden geradezu ein, auf Einkaufstour zu gehen.

Nicht zuletzt schafft die US-Notenbank in punkto Liquiditätsversorgung einen Garten Eden für Akquisiteure. Sie ist verantwortlich für den massiven Anlagenotstand, der sich auch in verstärkten Übernahmeaktivitäten niederschlägt. Das 2009 eingerostete Übernahmekarussell dreht sich wieder.

 

China auf Einkaufstour

Doch damit nicht genug der Unterstützung für die Akquisitionswelle. China und seine umfangreichen Devisenreserven sind auf den Plan getreten. Die Chinesen, die bis dato ihre Überschüsse aus dem Export gerne in US-Staats- und Euro-Anleihen investiert haben, denken über den Tellerrand hinaus. Aus Risikoüberlegungen verbreitern sie ihre sachkapitalistischen Positionen. Hierbei stehen globale Investitionen in Unternehmen, die über Rohstoffreserven verfügen, global auf der Logistikseite gut aufgestellt sind und/oder über Industrie- und Technologie-Know How verfügen, das man sich selbst unter hohem Zeitaufwand erarbeiten müsste, weit oben auf der Hitliste der Akquisitionswünsche.

Die immense chinesische Kaufkraft spricht deutlich für eine Fortsetzung des Übernahmevolumens.

Vor diesem Hintergrund werden 2011 die Branchen Chemie, Energie, Technologie und Maschinenbau im Fokus von Übernahmephantasie stehen. Dabei stehen deutsche Industriewerte hoch im Kurs. Sie verfügen neben innovativen Produktlösungen über kosteneffiziente Strukturen und sind weltweit - gerade auch in Schwellenländern - bestens positioniert. Dies gilt insbesondere für Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe, also aus den Indices MDAX und SDAX. Bei vielen Titeln ist der faire Unternehmenswert immer noch höher als der aktuelle Börsenwert.

Und dann kann das attraktive Spiel beginnen: Der Vorstand des Übernahmeobjekts meint, das Kaufangebot ist zu gering. Der Übernehmer legt nach. Im Durchschnitt der globalen Übernahmen 2010 lagen die gebotenen Preise 50 Prozent über den letzten Aktienkursen.

2011 sind Übernahmen ein ganz besonders schmackhaftes Salz in der Börsensuppe.

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