Heute geht es ums Öl. Nachdem es aber mit Ölunternehmen innerhalb der Bundesrepublik eher mau aussieht, wechseln wir neben der Branche auch wieder die geografische Region und landen einmal mehr bei unseren Nachbarn in Frankreich. Dort ist Total beheimatet, der französische Vertreter der internationalen Big-Oil-Giganten. Mit rund sechs Prozent an Indexgewicht im EuroStoxx50 (Siemens: ca. 4,5 Prozent) kann man hinsichtlich der Marktkapitalisierung die Total SA als das größte Unternehmen Europas bezeichnen. Bis auf die sich vermehrenden Total-Tankstellen bekommt man in hiesigen Gefilden wenig von dieser Riesenfirma mit. Dabei ist man bei Total, wie im Ölgeschäft allgemein, aktiv wie selten. Das alles bedeutet aber keineswegs, dass in dieser Rubrik zu irgendeinem Zeitpunkt Empfehlungen zum Kauf oder Verkauf irgendeiner Aktie gegeben werden.

 

Business as Usual

 

Nennen wir das Kind beim Namen. Geopolitische Umwälzungen bedeuten immer auch Chancen und Möglichkeiten im Ölgeschäft. Das beste Beispiel ist der Irak, wo um das Jahr 2003 plötzlich die großen Ölkonzerne aufgrund eines Regierungswechsels ins Land strömten und seither gute Gewinne einfahren. Doch auch Libyen, Syrien und finalerweise der Iran wären Kandidaten für mögliche Expansionsgelegenheiten in der nahen bis mittelfernen Zukunft. Dabei kommt hinzu, dass der Ölpreis über die letzten Jahre am Steigen ist und der Erschließungs- und Ausbeutungstechnologie im Bereich der fossilen Energierohstoffe in der jüngeren Vergangenheit gewaltige Fortschritte gelingen konnten. Das sind grundsätzlich einmal gute Bedingungen für ein Unternehmen wie Total. Aktuell ist in den Nachrichten zu erfahren, dass Total den größten Anteil an der Tiefseeexploration des Schwarzen Meeres im wirtschaftlichen Gebiet Bulgariens erhielt. Der neu gefundene Vertrag ist eine klassische Win-Win-Situation, denn: „Bulgarien soll einen Bonus von 40 Millionen Euro erhalten.“ [1]

 

Ein sehr ähnliches Projekt hat sich just in dieser Woche in Südostasien aufgetan, wo Total 40 Prozent im „Offshore Block M-11“ von der thailändischen staatlichen Ölfirma PTTEP erhielt. Auch hier wird im offenen Meer in Tiefen zwischen 200 und 2.300 Metern nach Verwertbarem gesucht. Der Deal muss allerdings erst noch von den Behörden in Myanmar genehmigt werden, denn das Wunschgebiet fällt in den Bereich des ehemaligen Birma. [2]

 

Doch auch hier sollte es keine Probleme geben, denn Total unterhält historisch gute Beziehungen zu den Machthabern im Irrawaddy-Delta. In der Wikipedia ist auf der Seite für Total im Bereich „Kritik“ zu lesen, dass beim früheren Bau einer Total-Gaspipeline in Myanmar ganze Dörfer zerstört und zwangsumgesiedelt wurden, „um die Pipeline vor Überfällen zu schützen“. Aufgrund belegter Fälle „von Zwangsarbeit, Vertreibung und Mord“ wurde in den USA ein Menschenrechtsprozess angestrengt und die Geschichte in einem englischen Dokumentarfilm namens „Total Denial“ festgehalten. Auch Informationen wie diese könnten schließlich für potentielle Investoren von Interesse sein. [3]

 

Ansonsten haben sich vor etwa einem Monat lukrative Öl-Deals mit der autonomen Region Kurdistan im Hoheitsgebiet des Irak aufgetan, wo Total in gleich zwei Blocks jeweils 35 Prozent von Marathon Oil übernahm. Die Zuständigen im Irak sind über Geschäftsgebaren dieser Natur aufgrund der ethnisch angespannten Situation selten erfreut. [4]

 

Am Tag darauf wurde der Kontrakt von Total um das Halfaya-Ölfeld seitens der irakischen Behörden in Frage gestellt. [5]

 

Lukratives Geschäftsmodell

 

Der Bericht zu den ersten Halbjahreszahlen 2012 enthält einige erhellende Details. So liegt beispielsweise die Gewinnmarge des Konzerns Total bei aktuell 15,3 Prozent (S. 10). Dies ist ein weniger magerer als die 15,9 Prozent des Vorjahres, doch es dürfte allseits bekannt sein, dass die Regierung Hollande mit neuen Steuern auf Energie nicht nur bei Total die Gewinne schmälerte. Dementsprechend sank der Halbjahresgewinn auf 5,3 Milliarden Euro. Im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2011 kommt dies einem Rückgang um über 1,5 Milliarden Euro gleich. Die Steuer auf diesen Gewinn lag übrigens bei stolzen 7,006 Milliarden Euro (S. 14). Außerdem interessant könnten die Kosten für den Schuldendienst sein, die mit 298 Millionen Euro im Berichtszeitraum zu Buche schlugen. Die Gesamtschuld des Unternehmens liegt bei 15,5 Milliarden Euro, womit eine Schuldenquote von 21,5 Prozent erreicht wird (S. 9). Von solchem Komfort können andere französische Großunternehmen nur träumen. A propos: Die Dividende liegt bei 2,28 Euro jährlich, was zum aktuellen Kurs einer Rendite von 5,86 Prozent entspricht. [6]

 

Chartbetrachtung

 

Über den Chartverlauf der Total-Aktie gibt es erschreckend wenig zu berichten. Die dominante Richtung ist seitwärts. Kursgewinne sind eine reine Frage des Einstiegstimings. Die Handelsspanne seit der Finanzkrise liegt im Bereich zwischen 28,48 Euro und 46,75 Euro, wobei sich der Tiefstpunkt erst letztes Jahr im Oktober ereignete und nicht, wie vom Gesamtmarkt bekannt, im März 2009. Der Verlauf der Hochs und Tiefs lässt eine konvergierende Tendenz ausmachen, die jedoch aktuell nicht von Belange ist. Für potentiell künftige Kontakte mit den jeweils nur angedeuteten Trendlinien lassen sich in eben diesen Bereichen eine Teuer- wie eine Günstig-Zone ausmachen, wie es von Seitwärtsschwankungen her allgemein bekannt sein sollte.

 

Total Wochenchart / Quelle: www.tradesignalonline.com

 

Allerdings gilt es, die jährlichen Dividendenzahlungen mit zu beachten. Diese lagen in den letzten 10 Jahren bei kumuliert 18,24 Euro, also beinahe der Hälfte des heutigen Kurses. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Aktie fast wie einer Art Fixrenditeinvestment betrachten. Kostolany lässt grüßen. Was er wohl von krassen Menschenrechtsverletzungen gehalten hätte? 

 

Langzeitvergleich

 

Die Total-Aktie ist tatsächlich ziemlich schwankungsresistent, wenn wir einmal über diverse Zeiträume mit anderen französischen und hier bereits diskutierten Titeln vergleichen. Beachten Sie die hellblaue im Mittelfeld, die in den letzten zehn Jahren eine Kurssteigerung von 8,9 Prozent

Total Langzeitvergleich / Quelle: www.tradesignalonline.com

 

Mit von der Partie sind außerdem Schneider Electric (grün), Vivendi (dunkelblau), AXA (purpur), Carrefour (rot) und, rein aus Vergleichsgründen, die Crédit Agricole (grau). Die Unterschiede in der Kursentwicklung sind frappierend, obwohl französische Aktien insgesamt hart von der laufenden Krise getroffen wurden. Folgende Tabelle enthält die oben dargestellten sowie weitere Daten:

Performancevergleich / Quelle: Cashkurs-Redaktion

 

Die Rückschlüsse sind universal: Bei guten Aktien ist man immer besser aufgehoben, da kommt es auch weniger auf den Einstieg an – während schwache Titel meist nur Verluste mit sich bringen. Gemessen ab dem Markthoch im Juli 2007 hätte Total bis heute einen Verlust von -35,3 Prozent eingebracht, die Dividende nicht mitgerechnet. Kein Überflieger, aber auch kein Rohrkrepierer. Daran erkennt man, dass Big Oil eben durch alle Krisen über relativ konstante Einnahmequellen verfügt. Doch hier zu investieren ist stets eine Frage des Geschmacks. Beziehungsweise des Gewissens.

 

 

Fußnoten und Verweise:

 

[1] „Total und OMV werden in Bulgarien nach Gas im Schwarzen Meer suchen“, 30. August 2012, nachrichten.at, http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/art15,956510

 

[2] „Total acquires a 40% interest in offshore Block M-11“, 3. September 2012, OilVoice.com, http://www.oilvoice.com/n/Total_acquires_a_40_interest_in_offshore_Block_M11/52ebceeb2b3d.aspx

 

[3] siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Total_%28Unternehmen%29

 

[4] „Total’s Kurdistan oil deal angers Iraq“, 31. Juli 2012, Reuters, http://www.reuters.com/article/2012/07/31/total-iraq-idUSL6E8IVIC720120731

 

[5] „Iraqi Kurds win more oil deals, to restart exports“, 1. August 2012, Reuters, http://www.reuters.com/article/2012/08/01/total-iraq-halfaya-idUSL6E8J19HV20120801

 

[6] Siehe: „Financial Report 1st half 2012“, total.com, http://www.total.com/MEDIAS/MEDIAS_INFOS/5917/EN/Financial-Report-1st-half-2012.pdf

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