Die Eramet SA (ISIN: FR0000131757) aus Frankreich gehört zu den notleidenden Unternehmen, die wir in den letzten Wochen zwischen soliden Kandidaten immer wieder vorgestellt haben. So gehörten auch Vallourec SA (Link hier), Avon Products (Link hier) oder zuletzt CHS (Link hier) zu diesen Unternehmen, denen man bei hohem Risiko den Turnaround zutrauen muss. Viele dieser Unternehmen zählen dabei auch zum Stamm derer Kandidaten, die im hier abgebildeten und bald investierbaren Depot einen Mehrwert generieren sollen. Generell muss man dabei jedoch beachten, dass ein Investment in solche Kandidaten ein hohes Risiko mit sich bringt. Neben den attraktiven Chancen rasanter Kursanstiege kann auch ein deutlicher Verfall nach unten eintreten bis hin zum Totalverlust.

Eramet SA aus Frankreich ist ein ähnliches Unternehmen. Die bereits vor über 130 Jahren gegründete Gesellschaft ist durch Zukäufe im Bergbau aber auch in der Metallurgie tätig. Legierungen sind dabei ein wichtiges und sicherlich auch zukunftsträchtiges Geschäft. Dabei handelt es sich um Metallgemische bei denen mindestens zwei Stoffe miteinander verbunden werden um neue nutzbare Eigenschaften (Hitzebeständigkeit, Härte usw.) zu generieren. Das Geschäft der Franzosen gliedert sich in drei Bereiche: Nickel, Mangan und Legierungen vornehmlich auf Nickelbasis. Mangan kennen wir u.a. aus dem täglichen Gebrauch von Batterien. Mangan ist grundsätzlich ein silberweises hartes Metall ähnlich dem Eisen. Allerdings findet dieses Metall als Mangan-Oxid vor allem auch führenden Einsatz in Batterien (Alkali-Mangan-Batterien).

Der Chart zeigt, wie sich das Unternehmen seit Anfang 2015 entwickelt hat. Während man in den Vorjahren noch einigermaßen mit dem Index (hier EuroStoxx50) mithalten konnte, so gab es daraufhin einen steilen Absturz. Damit ist das Unternehmen parallel zu vielen weiteren Bergbauunternehmen gehörig unter die Räder gekommen. Beachtenswert ist hingegen, dass wir uns aktuell nicht mehr in der Talsohle befinden. Wenngleich das 52-Wochen-Hoch bei über 50€ lag, so konnte sich der Kurs vom Tief bei 15,35€ bis heute mehr als verdoppeln. Aus charttechnischer Sicht gibt es derzeit wenige Anlaufstellen. Bei 34,80€ und 35,50€ scheint sich ein oberer Widerstand zu bilden. Dieser müsste nachhaltig übertroffen werden.

Wie gewohnt wollen wir die größte Aufmerksamkeit auf die fundamentale Betrachtung des Unternehmens legen. Dies geht zum einen sowohl quantitativ als auch qualitativ. Ersteres soll den Anfang machen.

  • Bewertung: Der große Vorteil solch verprügelter Hunde liegt darin, dass diese deutlich unter ihrem fairen Wert gehandelt werden. Die große Frage ist dann jedoch nur, wo der faire Wert steht. Ein KGV lässt sich dafür nicht heranziehen. Da es hier jedoch grundsätzlich darum geht, was dem Unternehmen aktuell noch bleibt (und nicht, was es in Zukunft ggf. verdient oder wie hoch die Cashflows sind) ist das traditionelle Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) ein guter Anhaltspunkt. Mit 0,60x liegt dies unter dem Branchendurchschnitt und auch unter der wichtigen Marke von 1x. Das bedeutet, dass das Unternehmen derzeit mit einem Abschlag von 40% (Discount) zum inneren Wert gehandelt wird. Mit anderen Worten wäre die Aktie bei fairer Bewertung ca. 52,50€ wert.
  • Kapitalstruktur: Wenn das Geschäft leidet, wirkt sich dies bei den Gewinnen aber vor allem auch bei der bilanziellen Struktur aus. Die EK-Quote ist in den vergangenen Jahren von über 80% sukzessive auf 48%, dann 38% und nun 25% gefallen. Dafür sind vor allem Verluste verantwortlich, die das Eigenkapital natürlich schrumpfen lassen (Verluste tauchen dann in der Bilanz im EK auf und verringern dies). Man sollte daher genau beobachten, wie diese Entwicklung weitergeht. Aktuell ist das Unternehmen auch mit einem Cashbestand von fast 700 Mio. € noch gut liquide. Dies zeigt sich auch im deutlich positiven Working Capital (Umlaufvermögen – kurzfristige Verbindlichkeiten).
  • Dividende: Die Franzosen schütten keine Gewinne aus, weil diese schlichtweg nicht existieren. Dies könnte bei vorrübergehenden Gesellschaften anders aussehen, wo beispielsweise jüngst die Ölindustrie aus der Substanz gezahlt hat. Das hier also keine Dividende gezahlt werden ist der einzige richtige Schritt um das Unternehmen nicht noch weiter zu schwächen und sich voll und ganz auf die Restrukturierung zu konzentrieren.
  • Wachstum und Margen: Initial ist positiv, dass Eramet lange nicht so viel Verlust einfährt wie die Branche und auch nicht so stark an Umsätzen verliert. Das ist positiv, weil es erahnen lässt, dass Eramet eine außerordentlich gute Stellung im Markt hat. Bekanntermaßen kommt es immer erst bei deutlich kleineren Playern zu Schwierigkeiten. Eine Marktkonsolidierung, die dann nur die großen Überleben, bereinigt den Markt. In 2015 scheinen wir das Tal der Verluste durchschritten zu haben. In diesem Jahr soll es bereits wieder deutlich bergauf gehen. Ein Blick auf die Halbjahreszahlen scheint hier leicht positiv. Die Umsätze sind mit 1,373 Mrd. € zwar weiter gesunken, jedoch weniger stark als man erwartet hatte. Ebenso das EBITDA mit 56 Mio. €. Operativ arbeitet das Unternehmen also rentable. Einzig die Verschuldung ist nochmals hochgeschossen.

Der subjektive Betrachtungswinkel

  • Rohstoffpreise: Zwar ist das Unternehmen, wie wir eingangs gesehen haben, breit aufgestellt, allerdings ist auch aus Anlegersicht eine gewisse Korrelation zu den Entwicklungen an den Rohstoffmärkten (vor allem Nickel und Mangan) gegeben. Der folgende Chart verdeutlicht diese negative Entwicklung, die sich natürlich auch auf die Absatzpreise der Pariser ausgewirkt hat. Nun jedoch scheint sich eine kleine Gegenbewegung nach oben zu bilden. Prinzipiell soll es jedoch auch gar nicht darum gehen, die Rohstoffpreise zu prognostizieren, sondern viel mehr,  ob Eramet sich in der neuen Realität in der Lage befindet, auch bei niedrigeren Preisen effektiv arbeiten zu können.

Für die zuletzt getroffene Aussage ist vor allem ein Blick auf die Einkommensentwicklung der drei Segmente essentiell.

Die Verluste beim Nickel konnten reduziert werden. Beim Mangan erreicht man nur knapp eine schwarze Null und zeigt somit einen noch weiterhin negativen Trend. Die Legierungen sind weiterhin im schwarzen Bereich. Es lässt sich dabei konstatieren, dass die schwierige Lage längst nicht überstanden ist. Die Preisentwicklungen schlagen dabei mit einem negativen Faktor von 215 Mio. € zu Buche. Man konnte allerdings Währungsgewinne einfahren und was besonders wichtig ist Kostensenkungen durchführen und die Produktivität steigern. Dadurch sind bereits über 100 Mio. € an gesamten Ersparnissen erzielt worden.

• Story: Eine Aktie braucht immer auch eine Story dahinter. Die große Frage hier ist, wo man die Zukunft des Unternehmens sieht. Große Metallunternehmen in Europa werden aktuell dazu gedrängt ihre Produktionen zu drosseln. Das tut natürlich nochmals weh, kann von großen Playern wie Eramet jedoch besser überstanden werden als von kleineren Unternehmen, die deutlich knapper kalkulieren (müssen). Darüber hinaus bieten die Franzosen mit der Legierung ein weiteres spannendes Standbein. Mangan, welches auch in Batterien zum Einsatz kommt, dürfte ebenso auch in Zukunft eine Berechtigung haben, wie auch Stahl z.B. für die Baubranche. Die große Frage ist, wie man nun in Zukunft wieder angreifen möchte. Dafür gibt es mehrere Pläne:

o   Weitere Kostenreduzierung um 360 Mio. €bis 2017

o   Verkauf von Unternehmensanteilen in 16/17

o   Teilweise Aussetzung aktueller großer Projekte

o   Begeben einer Wandelanleihe zur Stärkung der finanziellen Situation

-  Große Aktionäre wie Duval Familie (37% der Anteile) und der französische Staat (27% der Anteile (z.T. indirekt)) stehen parat

Im Fazit:

Die Story hier wirkt einfach, verlangt jedoch nach tiefer Recherche. Mit dem französischen Staat und der Duval Familie hat man zwei äußerst starke Kerninvestoren, die der Aktie auch in schlechten Zeiten zur Seite stehen. Kostenreduzierungen wurden bereits schmerzhaft angestoßen sind jedoch weiter notwendig. Wenn sich dann die Rohstoffpreise nicht weiter vergünstigen oder sogar anziehen, kann dies zu einem spannenden Trigger werden. Schließlich hat man die Kosten bereits auf die neuen Absatzpreise angepasst bzw. ist dabei. Es wird auch hier noch ein langer Weg werden bis das Unternehmen wieder Geld verdient. Ein hohes Risiko ist also gegeben. Nichtsdestotrotz könnte diese Distressed-Aktie spannende Opportunitäten mitbringen. Viele negative Nachrichten sind bereits eingepreist.

Ihr Andreas Meyer

 

Quellen: www.greenriver-capital.com, GreenRiverDistressed Long/Short Depot, www.bloomberg.com, www.reuters.com, www.morningstar.com, www.eramet.com


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