Die Aktie des Modekonzerns Hugo Boss AG (ISIN: DE000A1PHFF7) gehörte in den letzten Monaten nicht zu den Lieblingen der Aktienanleger. Die gesamte Textilindustrie ist aufgrund schlechter Zahlen deutlich unter die Räder gekommen. Verantwortlich dafür soll unter anderem der milde Winter sein, durch den man die Winterkollektionen nicht in erhoffter Form an die Frau oder den Mann bringen konnte.

Einige Unternehmen wie Gerry Weber haben daraus Konsequenzen gezogen und wollen zahlreiche Filialen in Deutschland schließen. Die Branche ist also in Bewegung und Anleger werden in Hektik versetzt. Solche Zeiten können für langfristige Investoren hingegen interessante Einstiegsmöglichkeiten bieten. Das bereits 1924 gegründete Unternehmen mit attraktiver internationaler Aufstellung scheint dabei interessanteste Aspekte mitzubringen.

Während der Konzern weiter gewachsen ist, wurde die Aktie zunehmend günstiger. Derzeit ist man mit 54,83 EUR nur unwesentlich vom 52-Wochen-Tief entfernt. Die Höchstkurse der vergangenen 365 Tage hingegen liegen mehr als doppelt so weit entfernt. Wie eingangs erwähnt, wird ersichtlich, mit welch panischen Reaktionen Anleger auf negative Nachrichten reagiert haben. Mehrfach wurde die Aktie wie zuletzt Ende Februar abgestraft.

Das Momentum hingegen hat sich seitdem wieder in den positiven Bereich bewegt. Dies könnte kurz- bis mittelfristig für stabilere Kurse sprechen, nachdem das Momentum seit Mitte Oktober 2015 durchgehend im negativen Bereich notierte. RSI und Stochastik zeigen aktuell keinerlei nennenswerte Merkmale.

Wie gewohnt wollen wir die größte Aufmerksamkeit auf die fundamentale Betrachtung des Unternehmens legen. Dies geht zum einen sowohl quantitativ als auch qualitativ. Ersteres soll den Anfang machen.

·       Bewertung: Mit einem KGV von gerade einmal 11,65x ist die Hugo Boss Aktie derzeit äußerst günstig zu haben. Schuld daran ist der bereits angesprochene Kursverlust in den letzten Monaten. Wenngleich das Kurs-Buchwert-Verhältnis mit 3,89x auf den ersten Blick deutlich zu hoch erscheint, so ist jedoch auch dieses auf einem historisch niedrigen Niveau. Der 5-Jahres-Durchschnitt des KBV liegt bei stolzen 8,5x.

·       Kapitalstruktur: Mit einer EK-Quote von über 50% ist ein erstes Argument für Stabilität gefunden. Hinzu kommt die verschwindend geringe Verschuldung. In der Vergangenheit kam man häufig ohne große Kreditlinien aus. Aktuell ist zwar auch Hugo Boss ein wenig fremdfinanziert, fährt diesen Anteil jedoch herunter. Der Financial Leverage (Nettoverschuldung / EBITDA) beispielsweise ist mit 1,88x so gering wie noch nie in den letzten zehn Jahren.

·       Dividende: Der Kursrückgang hat auch die Dividendenrendite stark klettern lassen. Knapp über 78% des Gewinns werden derzeit an die Aktionäre ausgeschüttet. Bei einer stattlichen Dividendenrendite von 6,71% gehört der Modekonzern sicherlich in den Radius jeden Dividendenjägers.

·       Profitabilität & Wachstum: Hugo Boss wächst von Jahr zu Jahr. Lediglich im Krisenjahr 2009 gab es einen Rückgang der Erträge. Seitdem konnten die Umsätze weiterhin kontinuierlich gesteigert werden. Aufpassen muss man jedoch beim Gewinn. In 2016 soll dieser sogar rückläufig sein. Erst in 2017 und 2018 wird man zurück auf den Wachstumspfad kommen. Darunter leidet die Marge merklich. Aufgrund dessen, dass Hugo Boss jedoch auch hier sehr gut dasteht, ist dies zu verschmerzen. Die bekannten Probleme dürften dahin weitestgehend eingepreist sein.

Der subjektive Betrachtungswinkel

  • Geschäftsmodell: Die Haupttätigkeiten von Hugo Boss liegen auf der Hand. Design, Produktion und Vertrieb von Textilien an Endkunden oder große Modeketten. Dabei besitzt man eine starke Marke, die am weltweiten Modehimmel fest etabliert ist. Besonders interessant erscheint der Fakt, dass man am Wachstum in unterschiedlichsten Regionen partizipieren will. In 2015 konnte man am stärksten in Nord- und Südamerika wie auch in Asien wachsen. Die Ertragsdiversifikation stellt sich wie folgt dar:

          o   Europa: 43,4%

          o   Deutschland: 16,5%

          o   USA: 18,9%

          o   Asien: 14%

          o   Mittel- und Südamerika: 5%

  • Cashflows: In 2015 war der operative Cashflow mit 424 Mio. EUR so hoch wie noch nie seit 2005 (beobachteter Zeitraum). Der freie Cashflow ist mit 229 Mio. EUR zwar nicht auf Rekordniveau aber immer noch in einem ordentlichen Bereich. Diese zur Verfügung stehenden liquiden Mittel zeigen, dass das Unternehmen es weiterhin exzellent versteht, aus Ertrag auch bare Münze zu kreieren. Hinzu kommt dadurch die Möglichkeit weiterhin flexibel agieren zu können und Chancen jederzeit unabhängig von Fremdfinanzierung zu ergreifen.
  • Cash Conversion Cycle: Diese Kennzahl trifft eine Aussage über die Effektivität des Unternehmens. Zu Deutsch handelt es sich dabei um den Geldumschlag. Je geringer dieser ausfällt, desto effektiver arbeitet das Unternehmen. Berechnet wird dieser durch die durchschnittliche Lagerdauer der Artikel + durchschnittlicher Inkassoprozess – durchschnittliche Lieferantenzahlungsziele. Ziel muss es also sein, die Waren nach Fertigstellung so schnell wie möglich an den Kunden zu kriegen und die Zahlungsziele mit Lieferanten so kurz wie möglich auszuhandeln. Bei Hugo Boss ergibt sich folgendes Bild:

Man konnte sich in den letzten Jahren also auf einem geringeren Niveau stabilisieren als noch vor der Krise, ist de Facto also effektiver geworden. Solch eine Korrekturphase hat also auch positive Seiten. Nichtsdestotrotz ist in den letzten drei Jahren ein Anstieg zu erkennen. Mit einem aktuellen Wert von 135 steht man hingegen ordentlich dar. Zum Vergleich: Gerry Weber kommt auf einen Wert von 146, Ralph Lauren schneidet mit 139 ebenso höher oder anders gesagt uneffektiver ab und auch LVMH steht mit 199 deutlich schlechter dar.

Im Fazit:

Hugo Boss scheint auf dem aktuellen Preisniveau ein heißer Kandidat zu sein. Ein wachsendes Unternehmen, welches zwar mit leicht rückläufigen Gewinnen zu kämpfen hat, wurde zu stark abgestraft. Mittlerweile sind die positiven Argumente überwiegend. Angefangen bei der Kapitalstruktur, über das Wachstum bis hin zur starken Dividende lassen sich zahlreiche Faktoren finden. Die Leute werden sich auch in Zukunft an schicker Kleidung erfreuen und an diesem Grundthema will eine starke Marke Hugo Boss weltweit partizipieren.

 

Ihr Andreas Meyer

Quellen: www.am-capital.de,www.bloomberg.com, www.reuters.com, www.morningstar.com, www.hugoboss.com

 


 

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