Der milliardenschwere Aktienrückkauf der Allianz AG bringt das Oldie-Thema Aktienrückkauf und seine Wirkungen auf Kapitalkosten, Aktienbewertung, Wertschätzung der Aktie etc. wieder auf den Plan. Es ist genau 15 Jahre her, dass ich im Sommer 2002 eine Serie von sechs Artikeln über Sinn und Unsinn – je nachdem – von Aktienrückkäufen auf FAZ.net geschrieben habe, die dort auch jetzt noch eingesehen werden können. Deshalb heute aus gegebenem Allianz-Anlass nur einige Kerngedanken hierzu.

In Klartext formuliert gibt es sinnvolle und weniger sinnvolle Aktienrückkaufaktionen. Bei der Allianz tendiere ich eher zum zweiten. Sinn machten damals, ich zitiere mich, „Operationen, die primär der Herstellung einer optimalen bzw. angestrebten Eigenkapitalquote dienen, wie dies bei den damals – 2002!! – laufenden Aktionen von Deutsche Bank, BASF, und Schering der Fall war. Damals wurden teilweise Erlöse aus Beteiligungsverkäufen dazu eingesetzt, sowohl die Eigenkapitalquote bzw. das Kernkapital zu optimieren und die Aktienrückkäufe zu finanzieren. Wenn dann, zumal die Aktionen auf einen dauerhaften optimalen Finanzierungsmix angelegt sind, die Kurse positiv beeinflusst werden, weil auch die finanzanalytischen Daten sich verbessern (Gewinn je Aktie rauf, Kurs/Gewinn-Verhältnis dadurch runter), dann ist das eine schöne Begleiterscheinung, aber eben nicht das Hauptziel der ganzen Aktion. In diesem Sinn sollte der Anleger solche Rückkaufaktionen bewerten. Derartige Aktionen können Sinn machen, aber auch wenig sinnvoll sein.“ Heutzutage wäre sicher z.B. eine Deutsche Bank froh, die Mittel im Hause gehalten zu haben. Aber, das geschah halt vor 15 Jahren in einer völlig anderen Ausgangssituation.

Geld zurück an den Aktionär mangels Wachstum?

Oft ist bei Aktienrückkäufen von einer Optimierung der Finanzstruktur die Rede. Also war diese, logischerweise, offensichtlich vorher nicht optimal. Das ist aber doch einen fortwährende Management-Aufgabe, die Finanzstruktur stets optimal zu halten. Wie formulierte zu diesem Thema soeben Allianz Vorstand Oliver Bäte anlässlich der Bilanzvorlage lt. Börsen-Zeitung: „Wir haben genügend finanzielle Mittel, um externes Wachstum bei entsprechender Gelegenheit umzusetzen. Die Annahme, man könne nicht beides machen, lehnte er ab. Wir sind so stark aufgestellt, wir können das.

Aber, haben dann nicht doch Managementfehler vorgelegen, (nämlich zu viel Eigenkapital, das in den Vorjahren den Aktionären vorenthalten worden ist?), die mit der Aktion korrigiert oder vertuscht werden sollen. Überspitzt formuliert scheint in solchen Fällen das Unternehmen keine sinnvolle Verwendung – mangels Wachstumschancen – mehr zu sehen und gibt dem Aktionär einen Teil seines eingezahlten oder in den Vorjahren vorenthaltenen Geldes zurück, möglicherweise mit dem Hintergedanken, das dem Aktionär möglicherweise etwas besseres für sein Geld einfällt als dem Unternehmen. Und in solchen Fällen schwant dem Aktionär, dass in einer solchen Aktion eben kein Signal für ein zu erwartendes starkes Wachstum des Unternehmens in den nächsten Jahren zu sehen ist.

Ein solcher Gedanke könnte auch jetzt bei der Allianz aufkommen. Zugegebenermaßen ist die Eigenkapitalquote des Unternehmens ausreichend. Doch nun sollen durch eine Verschiebung im Finanzierungsmix die Kapitalkosten gesenkt werden. Denn schließlich ist Eigenkapital teurer als Fremdkapital. Allein die Dividendenrendite von Allianz-Aktien liegt bei früher kaum vorstellbaren 4,3 Prozent. Die Kassen sind gut gefüllt, der Aktienrückkauf muss also nicht durch die Aufnahme von Fremdkapital finanziert werden.

Geringere Eigenkapitalquote – geringeres KGV

Rückkaufaktionen, die vom Unternehmen mit Fremdkapital finanziert werden müssen, sind im Grunde negativ zu werten. Denn durch den Abbau des Eigenkapital und die gleichzeitige Aufnahme von Fremdkapital verschlechtert sich die Finanzierungssituation eines Unternehmens..., was vor allem – aber nicht nur – für den Bondholder, sondern auch für die Aktionäre negativ zu werten wäre; z.B. über eine Zurücknahme des Kurs/Gewinn-Verhältnisses, dass die Anleger für die Aktie dieses nun .. schlechter finanzierten Unternehmens zu zahlen bereit sind.“ Gemeint ist hier also nicht der Effekt, dass durch eine verringerte Aktienzahl bei gleichbleibendem Gewinn der Gewinn je Aktie steigt und dadurch das Gewinn-Multiple, das KGV, sinkt. Gemeint ist der Effekt, dass überlegende Anleger für ein stärker verschuldetes Unternehmen nicht mehr bereit sind, das vorherige Kurs/Gewinn-Verhältnis zu bezahlen. Die Finanzierungsqualität ist schlechter geworden, dementsprechend wird in der Bewertung durch die Investoren das gewährte KGV zurückgenommen.

Wer länger dabei ist erinnert sich noch an die Hoch-Zeit der Conglomerate-Idee. Werte schaffen, indem gut bewertete Unternehmen andere Unternehmen übernahmen, deren Gewinnqualität deutlich schlechter war und deren Aktien damit auch nur mit einem wesentlich niedrigeren KGV bewertet wurden. Doch nun zum gut bewerteten Konzern gehörend wurde schlicht das höhere KGV der übernehmenden guten Gesellschaft auf die gesamte Gruppe angewendet. So wurden Börsenwerte aus der Retorte erzeugt. Das erinnert an das Gleichnis vom Glas Wein, wo durch Zugabe von Wasser plötzlich zwei Glas entstanden, aber eben nicht mehr von der alten Qualität! Womit dann die Wertschätzung für das neue Getränk natürlich deutlich zurückging!

Überlegungen, die sicher mehr von Analysten als von Finanzvorständen angestellt werden.

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