Sie galten über lange Jahre und Jahrzehnte als defensive Aktien, als Anlagetitel für Witwen und Waisen und als Sicherheitsinvestment mit guten Renditen in unsicheren Zeiten. Aber das ist, wie das Chart klar zeigt, schon seit einigen Jahren vorbei. Und die von der Bundesregierung postulierte Energiewende gab ihnen den Rest bzw. ließ die Kurse, die sich bis zum Gipfel Ende 2007 so schon noch oben bewegt hatten, auf eine kräftige Talfahrt gehen. Bewusst wurde für die grafische Darstellung ein so langer Zeitraum gewählt, um einerseits den Aufstieg dieser Papiere zu zeigen und dann auch die kräftige Fahrt in den Keller.
Die Grafik zeigt andererseits auch, dass sich der DAX, in diesem Falle aus Gründen der Vergleichbarkeit der Kurs-DAX (also ohne Reinvestition der Ausschüttungen, weil bei den Aktien auch die zum Teil hohen Dividenden vom Kurs abgeschlagen werden) in diesen 14 Jahren kaum von der Stelle kam und zuletzt gerade wieder beim Stand von 100% angelangt ist. Das Geschäft für den DAX-Aktionär lag also „nur“ in den zwischenzeitlich ausgeschütteten Dividenden.
Bei den Dividenden werden eher Senkungen erwartet
Aber was ist jetzt von den beiden Energieversorgern als Anlagetitel zu halten. Der Blick auf den Kursverlauf bzw. den kräftigen Kursrückgang reizt Anleger naturgemäß zu einem antizyklischen Kauf; doch ist bisher fraglich, ob die Zeit dafür schon reif ist. Schließlich stehen diese Unternehmen mit der proklamierten Energiewende vor einem völligen Umkrempeln ihrer Geschäftsbasis. Optimisten argumentieren, dass mit einem umfassenden Umbau der Geschäftsstrukturen wieder die Basis gelegt worden ist und Hoffnungen gehegt werden könnte für ein in Zukunft wieder erfolgversprechendes Wachstum. Wie gesagt, hoffen!
Das ist jedoch für die Finanzanalysten dieser Branche noch keineswegs sicher und erkennbar. Erst einmal, und das ist erkennbar, dürften die über Jahre so schön hohen Dividenden dieser Werte möglicherweise gesenkt werden. Bei E.ON dürfte die Dividende für 2013 von 1,10 auf 0,70 Euro sinken, bei RWE hoffen die Spezialisten noch auf einen Satz von wieder 2,00 Euro. Ein Blick auf die Bewertung fördert keine Bewertungskennziffern zutage, die generell von einem Engagement abraten: Auf Basis der Zahlen für 2013 weisen einschlägige Analysen für RWE ein KGV von 7,5, für 2014 von 8,3 auf, das Kurs/cash flow-Verhältnis wird mit 3,1 und 3,7 errechnet. Bei E.ON werden die KGV-Größen mit 11,0 und 10,2 etwas höher errechnet, das KCV-Verhältnis mit 4,3 und 3,5.
Kaufempfehlungen sind Mangelware
Doch scheinen die Finanzanalysten noch nicht davon überzeugt, dass die Unternehmen die Wende in ihrer Ertragsentwicklung wirklich geschafft haben, zu viele Unsicherheiten sind ihnen noch nicht kalkulierbar. Das spiegeln die jüngsten Werturteile der Finanzanalysten für beide Werte wieder. Bei RWE lauten drei der acht letzten Werturteile auf neutral mit Kurszielen von 30 (Independent Research) und 32(BNP Paribas) und 29 Euro (Commerzbank). Fünf Häuser votieren für Verkaufen mit Kurszielen zwischen 22,50 (UBS) und 28 Euro (JP Morgan).
Eine Anlageüberlegung nur für heiße Jungs
Bei E.ON ist die Bilanz der Analysteneinschätzungen ähnlich, eine Kaufempfehlung ist zuletzt ebenfalls nicht zu finden. „Sell“ mit Kurszielen zwischen 11 Euro (Independent Research) und 12,60 Euro ( UBS) stehen einige Neutral-Urteile zur Seite mit Kurszielen zwischen 13 Euro (SocGen und NordLB) und 14 Euro ( Commerzbank, HSBC und BNP Paribas).
Dem Anleger helfen also diese vorsichtigen Analysten-Einschätzungen nicht wirklich weiter bzw. sie mahnen ihn zur Vorsicht. Kann er, soll er schon wieder auf diese Energieversorger-Aktien setzen? Vielleicht tut er gut daran, erst einmal wenigstens die augenblicklich Konsolidierung abzuwarten. Ferner sollte klar sein, dass es sich bei einem Engagement in diesen beiden Werte völlig anders als früher nun um ausgesprochen spekulative Anlagen geht. Also wenn überhaupt, dann nur für heiße Jungs und nur mit pocket money.
Blau ist DAX
Grün ist E.ON
Schwarz ist RWE
Kommentare
Also erstmal: Fragen Sie doch mal Warren Buffet, wie oft er nach Analystenschätzungen gekauft hat! Zweitens: Fragen Sie doch mal Ihren Kollegen Oguz Calli zum Thema Analysteneinschätzungen. Selbiger wird Ihnen vermutlich sagen, dass der Meinung von Analysten im Sinne der Behavioral Finance nichts weiter als die "Externalisierung von Verantwortung" ist. Ich denke nicht selber nach, sondern überlasse es andern und wunder mich dann, warum ich stets dem Markt hinterherlaufe und keine ordentlichen Renditen erziele.
Dann: Die Energieversorger sind ausgesprochen spekulative Anlagen? Ehrlich gesagt habe ich noch nie spekulative Anlagen mit einem solch hohen Cashflow gesehen (das haben Sie merkwürdigerweise selbst angesprochen).
Übrigens: Auch andere Länder werden eines Tages, etwa weil fossile Brennstoffe viel zu teuer werden, gezwungen sein, eine ähnliche Politik zu fahren. Und wer hat dann schon genau das Know-How und kann es anderen weitergeben (-veräußern)? (Sehr langfristige SIcht).
Zudem wird in engen Kreisen gemunkelt, dass etwa Unternehmen auch noch in einigen Jahren Strom benötigen. Die Atomerzeugung von E.ON ist außerdem auch nur ein Teil (aus dem Kopf meine ich 23 %).
Nun denn, mag man die Energieriesen halten was man will. Aber dass auf dieser Seite noch Artikel reingestellt werden dürfen, in denen geraten wird, Geldanlagen auf Analystenmeinungen zu bauen, finde ich im Sinne der Abonnenten nicht in Ordnung!
1. ich rate zum vorsichtigen ersten Käufen in RWE und E.ON, obwohl die Analysten nach fast alle negativer Meinung sind!
2. Behavorial finance - man mag zu Analystenmeinungen stehen wie man will, doch sind sie ein Marktfaktor. Die großen Häuser (s. UBS, JP Morgan, HSBC, Commerzbank etc) versorgen zuerst ihre Kunden mit ihren Analysen, bevor diese an uns gehen. Und viele Kunden richten sich danach. Der Einfluß und die Wirkung dieser Analysen müssen folglich einkalkuliert werden. Im Augenblich könnte man daraus schließen, dass es mit Käufen von RWE und E.ON - wenn man dazu eine Meinung hat wie ich - noch nicht eilt, eben weil noch eine so große Clientel auf "Sell" getrimmt wird. Doch sollten die Anleger sich damit beschäftigen und evtl. mit ersten vorsichtigen Käufen beginnen.
3. Spekulative Werte mit hohem Cash Flow: Ja, denn dieser hohe Cash Flow ist absehbar endlich, eben weil die Geschäftsgrundlage wegbricht bzw. schon weggebrochen ist, nur läuft der Cash Flow absehbar nur noch eine endliche Weile.
4. Ihre sehr negative Meinung zu Analysten und deren Meinungen teile ich nicht. Mir helfen gut aufbereitete Analysen, auch wenn ich hier und da zu anderen Schlußfolgerungen komme als die Analysten.
5. Geldanlagen auf Analystenmeinungen aufbauen: Genau das Gegenteil wird empfohlen. Die Analysten sagen "Sell", wir sagen erste vorsichtige Käufe tätigen. ok?
Beste Grüße
Bruno Hidding
Ich muss in einem Artikel auf Cashkurs nicht unbedingt die agggregierte Meinung dieser Menschen lesen. Das endet damit, dass Trends mit Sicherheit hinterhergelaufen wird.
Viel interessanter wäre an dieser Stelle beispielsweise eine genauere Cashflow-Betrachtung dieser Unternehmen gewesen. Wir sprechen hier von Versorgern, die jedes Jahr enorme Einnahmen auf relativ konstanter Basis haben und sich sehr schwer tun werden, pleite zu gehen.
Und bis die Kurse wieder steigen, kassiert man eben die tolle Dividende ab (die dank dieser Cashflows auch verdient wird). Es gibt noch einige Gründe mehr für Versorger, aber ich bin hier nicht angestellt.
Long GDF, E.ON, RWE, Verbund