Laut Bundesbank expandierte die Weltwirtschaft, wie bereits im Schlussquartal 2018, zum Jahresauftakt nur mit moderatem Tempo. Im Euroraum stieg das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wieder stärker an. In den USA nahm die Wirtschaftsleistung ebenfalls zu. In beiden Wirtschaftsräumen dürften zur Beschleunigung jedoch günstige Sonderfaktoren beigetragen haben.

In Japan scheint sich die Konjunktur abgeschwächt zu haben. In China legte die gesamtwirtschaftliche Ausbringung - den offiziellen Angaben zufolge - ähnlich stark zu wie im Vorquartal.

IWF sieht abkühlende Weltkonjunktur als kurzfristiges Problem

Die anhaltend moderate Weltkonjunktur spiegelt sich in der aktuellen Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) im World Economic Outlook vom April wider. Der IWF setzte darin seine Projektion für das globale Wirtschaftswachstum (auf Basis kaufkraftparitätischer Gewichte) im laufenden Jahr erneut herab – auf nun 3,3 %.

Der IWF betrachtet die jüngste Abkühlung der Weltkonjunktur jedoch als ein kurzlebiges Phänomen und geht von einer allmählichen Festigung in der zweiten Jahreshälfte 2019 aus. Die globale Wachstumsprognose für das Jahr 2020 beließ er daher bei 3,6 %.

Bundesbank ist deutlich skeptischer

Die Bundesbank ist skeptisch hinsichtlich des positiven Ausblicks des IWF und bezeichnet den Ausblick für die Weltwirtschaft zum derzeitigen Zeitpunkt als äußerst unsicher. Dazu trügen insbesondere die ungelösten Handelskonflikte bei.

Nach den geldpolitischen Beschlüssen des Eurosystems und der Fed im März 2019 gingen die Marktteilnehmer auf den Finanzmärkten im Großen und Ganzen nicht mehr davon aus, dass es im Euroraum oder in den USA noch in diesem Jahr zu einer Leitzinsanhebung kommen würde. Dies dürfte auch auf zurückgenommene Wachstumsaussichten für das laufende Jahr zurückzuführen gewesen sein. Ein zunehmender Risikoappetit der Anleger und eine vorübergehend wachsende Zuversicht, dass die internationalen Handelskonflikte zumindest teilweise beigelegt werden könnten, gaben den Börsen Auftrieb.

Gegen Ende des Berichtszeitraums sorgte dann eine erneute Verschärfung des Handelsstreits zwischen den USA und China weltweit für Kursdämpfer, insbesondere am Aktienmarkt; diese blieben verglichen mit den vorherigen kräftigen Kursgewinnen aber begrenzt.

Euro schwächelt – Inflationsziel von 2 % wird weiter verfolgt

Insgesamt gesehen gab der Euro im gewogenen Durchschnitt gegenüber den Währungen von 19 wichtigen Handelspartnern verglichen mit Ende Dezember 2018 per saldo leicht nach. Der EZB-Rat geht nun davon aus, dass die Leitzinsen mindestens über das Ende des Jahres 2019 unverändert bleiben werden. Darüber hinaus sollen die Leitzinsen weiterhin in jedem Fall so lange auf ihrem aktuellen Niveau verbleiben wie erforderlich, um eine fortgesetzte nachhaltige Annäherung der Inflation an ein Niveau von unter, aber nahe zwei Prozent auf mittlere Sicht sicherzustellen.

Deutsche Wirtschaft startet zwar gut ins Jahr…

Die deutsche Wirtschaft startete gut in das Jahr 2019, nachdem die Wirtschaftsleistung im zweiten Halbjahr 2018 noch weitgehend stagniert hatte. Der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes zufolge expandierte das reale BIP gegenüber dem Vorquartal saison- und kalenderbereinigt um 0,4 %.

…aber wieder nur wegen Sondereffekten, Grundtendenz bleibt schwach

Allerdings spielten für die merkliche Zunahme vorübergehende Faktoren eine wichtige Rolle. So verliehen die nach der Jahreswende in Kraft getretenen expansiven Fiskalmaßnahmen dem privaten Verbrauch wohl zusätzlichen Schub. Weitere Impulse dürfte er von nachgeholten Pkw-Käufen erhalten haben. Nicht zuletzt ermöglichte die günstige Witterung eine lebhafte Bautätigkeit während der Wintermonate. Das Bau- und Gastgewerbe sowie der Einzelhandel sorgten, unterstützt von den Sondereffekten, klar für Auftrieb. Die Bauinvestitionen wurden ebenfalls deutlich ausgeweitet.

Die konjunkturelle Grundtendenz ohne diese Sondereinflüsse blieb allerdings wie schon seit Mitte des vergangenen Jahres insgesamt schwach. Dies dürfte auch für das laufende Vierteljahr gelten.

Industrie weiterhin im Sinkflug – Pkw-Absatz als Konjunkturmesser

Hingegen hielt der breit angelegte Abschwung der Industrie an. Die weltweiten Verkaufszahlen von Pkw sind im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit dem krisenbedingten Einbruch der Jahre 2008 und 2009 gesunken. Für das laufende Jahr zeichnet sich ein weiterer Rückgang ab.

Typischerweise wird der Pkw- Absatz von gesamtwirtschaftlichen Tendenzen beeinflusst, sodass er als verlässlicher (und zudem rasch verfügbarer) Gradmesser für die Konjunktur gelten kann. Derzeit dürften die globalen Pkw-Verkäufe allerdings ein zu ungünstiges Bild der weltweiten Konjunkturlage zeichnen, da sie vor allem spezifische, zum Teil vorübergehende Entwicklungen auf regionalen Märkten widerspiegeln. Besonders ins Gewicht fiel 2018 dabei der erstmalige Rückgang der jährlichen Verkaufszahlen in China.

Dieser hing wohl insbesondere mit dem Abbau von Steuervergünstigungen zusammen. Im Euroraum wiederum ging der zwischenzeitliche Einbruch der Pkw- Neuzulassungen maßgeblich auf temporäre Angebotsengpässe zurück. Ursächlich hierfür waren Verzögerungen bei der Zertifizierung von Modellen nach der Einführung eines neuen Emissionstestverfahrens (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure: WLTP), welches seit September 2018 in der EU gilt.

Die Drohung der Vereinigten Staaten, Pkw- Einfuhren zukünftig mit erheblich höheren Zollsätzen zu belasten, dürfte nicht nur die Importe, sondern auch die gesamten Absatzzahlen in den USA spürbar dämpfen.

    

    

Dynamisches Kreditgeschäft auf dem Privatsektor, Immo-Sektor als Gefahr

Trotz der Verringerung der konjunkturellen Dynamik im zweiten Halbjahr 2018 verlief das Kreditgeschäft der Banken im Berichtsquartal ausgesprochen dynamisch. Die größten Nettozuflüsse bei den Buchkrediten an den inländischen Privatsektor verzeichneten abermals die Ausleihungen an private Haushalte.

An dieser Stelle sei noch auf die Befürchtungen der Deutschen Pfandbriefbank hingewiesen. Diese sieht wachsende Gefahren auf dem internationalen Immobilienmarkt. Einen großen Einbruch fürchtet sie jedoch nicht.

Vorstandschef Andreas Arndt sagte: „Für das Jahr 2019 erwarten wir jedenfalls keine Marktkorrektur in großem Stil. Auch wenn aus unserer Sicht das Instabilitätspotenzial weiter zunimmt.

Wir stehen sozusagen mit einem Bein im Kühlschrank und mit dem anderen auf der Herdplatte. Eine Abkühlung der Konjunktur werde aufgefangen durch die Wirkung der anhaltend niedrigen Zinsen, die das Immobiliengeschäft – und die Preise auf dem Markt – stabil halte.

Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt weiter

Die Stimmung unter den Unternehmenslenkern lässt weiter nach. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im Mai von 99,2 auf 97,9 Punkte gesunken. Dies war auf eine deutlich schlechtere Einschätzung der aktuellen Lage zurückzuführen. Der Ausblick auf die kommenden Monate blieb hingegen unverändert. Der deutschen Konjunktur fehlt es weiterhin an Schwung.

Fazit: Mit einem Bein im Kühlschrank mit dem anderen auf der Herdplatte

Nach wie vor wird die Wirtschaft von Sondereffekten und besonders von der Bauwirtschaft getragen. Andreas Arndt bringt die Situation mit seinem Bild von Kühlschrank und Herdplatte auf den Punkt. Die Herdplatte wird beheizt von niedrigen Zinsen, die sogar Zombieunternehmen, also Unternehmen, die bei normalen Zinsen aufgrund mangelnder Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit im Zuge einer längst überfälligen Bereinigungsphase vom Markt verschwunden wären, noch auf überlebensfähiger Temperatur hält.

Steigen die Zinsen, droht die Gefahr, dass die dann sterbenden Unternehmen auch gesunde Geschäftspartner mit in die Tiefe reißen. Also wird man weiterhin versuchen mit der Nullzinspolitik soviel Zeit wie irgend möglich zu schinden.

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