Geschäftsmodell und Absatzmärkte

ABB ist ein weltweit tätiger Industriekonzern, der seine Tätigkeitsbereiche (ab April 2019) in folgende vier Geschäftsfelder aufteilt:

   

Der Bereich Electrification bietet Lösungen beispielsweise für Serverzentralen, Gebäudekomplexe oder Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge an.

Der BereichIndustrial Automation kann am Besten unter dem Schlagwort Industrie 4.0 zusammengefasst werden. Messsysteme sowie Prozessoptimierungen werden innerhalb dieses Segments an Industriekunden verkauft.

Der Bereich Robotics & Discrete Automation bietet wie der Name schon sagt Roboter, Automatisierungen und softwarebasierte Lösungen an.

Und schließlich werden unter dem Bereich Motion Generatoren und Motoren angeboten.

Der aktuell noch bestehende Bereich Power Grids, unter dem die Stromnetzsparte zusammengefasst wird, soll innerhalb der ersten Jahreshälfte 2020 zu einem 80-prozentigen Anteil an Hitachi verkauft werden. Der Erlös aus dieser Transaktion von ca. 5,5 Milliarden Euro soll laut Konzernaussagen zu großen Teilen direkt an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Damit beugt sich der Vorstand dem Druck von Cevian, einem einflussreichen Großaktionär, der schon seit Jahren auf die Abspaltung der relativ margenschwachen Stromnetzsparte pocht. Vielleicht liefert dieser Schritt neue Impulse für die Aktie.

Der Konzern brüstet sich damit, in den jeweiligen Bereichen die Nummer Eins bzw. Zwei auf dem Markt zu sein. Viele Value-Investoren suchen gerade nach eben solchen Marktführern, schließlich drückt sich diese vorteilhafte Position oftmals in einer verbesserten Profitabilität im Vergleich zur Konkurrenz aus. Für mich persönlich ist der Umstand spannend, dass man mit ABB auf gleich mehrere Zukunftstrends wie Industrie 4.0, E-Mobilität und Robotik setzen kann. Eine schöne Übersicht über die diversen Geschäftsfelder findet sich unter diesem Link: https://new.abb.com/docs/default-source/investor-center-docs/investor-events/abb-innovation-technology-day-2017_ceo-presentation.pdf

   

Die Aktie kann in Europa sowie in den USA gehandelt werden. Möchte man auf der Währungsseite etwas diversifizieren, böte sich auch ein Kauf über die Schweizer Börse oder über die Börse Stockholm an.

Quelle: guidants.com

Die Aktie bewegt sich in einem breiten Trendkanal und befindet sich gerade an dessen Unterkante. Bleibt die Aktie in diesem Bereich, bietet sich für charttechnisch orientierte Anleger eine attraktive Einstiegsgelegenheit für eine erste Einstiegsposition.

Quelle: guidants.com

Im Langzeitvergleich lieferte sich die ABB-Aktie mit dem Rivalen Siemens ein stetes Kopf-An-Kopf-Rennen. Aktionäre vom Rivalen General Electric sind im Vergleich nicht gerade beneidenswert.

Wie gewohnt fokussieren wir uns in unserer Analyse auf die klassischen Bewertungskennzahlen, die folgend beleuchtet werden.

    

Bewertung

Bei ABB handelt es sich zweifelsohne um einen Value-Wert. Hohe Wachstumsraten vermisst man hier zwar aufgrund der bereits erreichten Größe, allerdings wird dieser Umstand meist mit stattlichen Dividendenzahlungen ausgeglichen. So möchte auch ABB weiterhin die Dividende konstant halten, die mit aktuell 3,98 Prozent ordentlich ausfällt - gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase eine Wohltat für die Geldbörse.

Für Value-Werte typisch ist auch meist ein erhöhtes KGV. Richtig günstig war ABB beispielsweise in den letzten fünf Jahren nie, jedoch schon um einiges teurer als aktuell. Insofern kann man im historischen Kontext momentan von einer Unterbewertung sprechen.

Kapitalstruktur

Alles in allem scheint ABB aktuell finanziell grundsätzlich solide dazustehen. Die Eigenkapitalquote von knapp 32 Prozent liegt im üblichen Bereich für derart kapitalintensive Branchen wie die Industrie. Ein Wermutstropfen findet sich wiederum im hohen Goodwill, wo stets beobachtet werden muss, wie sich die übernommenen Unternehmen im Konzernverbund entwickeln.

Dieser entstand durch zahlreiche Akquisitionen in den letzten Jahren. Unter anderem konnte sich ABB im Jahr 2017 die General-Electric-Tochter GE Industrial Solutions für 2,6 Milliarden US-Dollar einverleiben. Der Konzern verspricht sich davon die weitere Erschließung des US-Markts und langfristige Synergien. Falls es ABB schafft, die schwächelnde ehemalige GE-Tochter aufzupäppeln, könnte man hier einen Glücksgriff gemacht haben. Der Kaufpreis zumindest scheint nicht allzu hoch. Schließlich hat man sich einen Umsatz von 2,7 Milliarden eingekauft.

Anbei der Link zu den Investitionen und Verkäufen der letzten Jahre, wiederum ersichtlich auf der sehr übersichtlich aufgebauten Investor-Relations-Seite von ABB: https://new.abb.com/investorrelations/strategy/acquisitions-and-disposals

Profitabilität

Auf den Verkauf der relativ margenschwachen Stromnetzsparte wurde bereits hingewiesen. Dies sollte sich positiv auf die Nettomarge auswirken, die mit 6,24 Prozent zwar nicht üppig, aber immerhin höher als im Branchenvergleich ausfällt.

Quelle: Unternehmenspräsentation

Der Cashflow ist zwar stark, jedoch in den letzten Jahren stagnierend bis rückläufig – ein Grund für die schwache Aktienperformance.

Der ROCE (Rendite für das von Aktionären und Kapitalgebern zur Verfügung gestellte Kapital) beläuft sich bei ABB auf gute 12,54 Prozent. Der Rivale Siemens liegt bei dieser Kennzahl bei ähnlichen 12,74 Prozent.

Positiv fällt die Eigenkapitalrendite auf. Hier kann ABB auch im 5-Jahres-Schnitt die Konkurrenz mit knapp 16 Prozent, verglichen mit knapp acht Prozent, deutlich in den Schatten stellen.

Geht man noch weiter in die Tiefe, fällt bei ABB das sogenannte working capital management positiv auf. So versteht es das Unternehmen gut, die eigenen Produkte von der Produktion bis zum Inkasso der Rechnungen zügig zu Geld zu machen, abzulesen am sogenannten Cash conversion cycle. So klingelt bei ABB vereinfacht gesagt durchschnittlich bereits nach 103 Tagen die Kasse, bei Siemens nach 115 Tagen und bei General Electric erst nach 127 Tagen. Kleine Details, die aber gerade bei großen Industriekonzernen in einer vollständigen Fundamentalanalyse Beachtung finden sollten.

Wachstum

Wie erwähnt, darf man von einem Marktführer keine hohen Wachstumsraten erwarten. Auf der anderen Seite wären aber trotzdem für die doch wachstumsstarken Bereiche, in denen ABB aktiv ist, zumindest positive Tendenzen wünschenswert. Der Konzern ist zwar sehr gut positioniert, in Sachen Wachstum muss das Management aber noch liefern.

Quelle: Unternehmenspräsentation

Quelle: Unternehmenspräsentation

Konkurrenz

An den geringen Margen erkennt man den hohen Konkurrenzdruck. Die Tatsache, dass ABB in gleich mehreren Geschäftsfeldern erfolgreich ist, hat aber einen gewissen Charme. Kein anderer Branchenrivale ist derart erfolgreich diversifiziert wie ABB, was die Bewertung auf der Kehrseite natürlich - im Gegensatz zu kleineren und spezialisierten Unternehmen - ungleich umfangreicher macht.

Risiko

Dass ein Industriekonzern extrem anfällig auf eine abflauende Wirtschaft reagiert, sollte kein großes Geheimnis sein. Der Verlauf des Aktienkurses im Jahr 2018 spiegelt gerade diese Ängste sehr gut wider. Kommt der vielfach erwartete Abschwung, kommt es auch knüppeldick für die Aktionäre.

Porter’s Five Forces

Die beschriebenen Rezessionssorgen spiegeln sich in der Verhandlungsmacht der Abnehmer wider. Die Branchenrivalität drückt sich unter anderem in den geringen Margen aus, was im Umkehrschluss das Risiko neuer Konkurrenten gering hält. Neue Konkurrenten tauchen stets auf, wenn hohe Margen locken. Das Risiko der Substitution kann als gering erachtet werden. ABB ist ein innovativer Player, der in gleich mehreren zukunftsträchtigen Bereichen aktiv ist. Die Lieferanten werden mit einem mittleren Risiko aufgrund volatiler Rohstoffpreise klassifiziert.

   

In der Analyse ergibt sich folgendes Bild

ABB ist ein in vielen Bereichen führender Industriekonzern mit starkem Fokus auf zukunftsträchtigen Trends wie Robotik, Elektrifizierung und Automatisierung. Somit kann man mit einer Aktie auf gleich mehrere spannende Entwicklungen setzen. Die Bewertung kann – sofern kein Ungemach von der Konjunkturseite droht – als günstig bezeichnet werden. Kann der Konzern wieder auf die Wachstumsspur zurückfinden, sind auch weitaus höhere Kurse für die Aktie gerechtfertigt. So oder so sollte man aber einen spannenden Konzern wie ABB mindestens auf der Watchlist haben.

Herzlichst

Ihr
Christof von Wenzl

Quellen: reuters.com, morningstar.com, marketscreener.com, new.abb.com, guidants.com, wikipedia.de

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten 4 auf morningstar.com verfügbaren Quartale berechnet.

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Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für die Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

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