Vor einigen Jahren noch war das Unternehmen laut Forbes wertvoller und auch umsatzstärker als bekannte Beauty-Marken wie Chanel, LVMH oder Beiersdorf. Heute hingegen ist Avon ein Unternehmen, bei dem viele Anleger die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Schuld daran ist vor allem das alternative Vertriebssystem. Avon gehört zu den sogenannten B2C-Unternehmen, die „Direct Selling“ betreiben. Das bedeutet, dass man über die sogenannten Avon-Ladies Produkte im Format von hierzulande bekannnten Tupper-Party’s an die Endkundschaft vertreibt. Große konkurrierende Häuser wie L’Oreal hingegen haben Vertriebskanäle, die über Großhändler in die Kaufhäuser dieser Welt gehen. Dieser essentielle Faktor unterscheidet Avon von den gängigen Anbietern.

Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderung verlagert sich das Einkaufsverhalten mehr und mehr auf Online-Kanäle. L’Oreal und Co. haben rechtzeitigt umgeschwenkt, Avon hingegen hat zu lange an seinen Vertriebsstrukturen festgehalten. Die Konsequenz war ein starker Rückgang der Profitabilität, eine erhöhte Verschuldung durch hohe Fixkosten und in der Konsequenz rückläufige Umsatzerlöse. Kurz vor knapp musste das Unternehmen durch einen Finanzinvestor gerettet werden.

Es war das US-Haus Cerberus, dass den einen US-Dollar für vermeintliche 60 Cent eingekauft hat. Daraufhin spaltete man das Kerngeschäft USA vom Auslandsgeschäft in Asien und Südamerika ab. Das an der Börse verbliebene Geschäft ist das aus meiner Sicht weiterhin attraktive Business in Südamerika und Asien. Warum jedoch ist dies Geschäft weiterhin attraktiv?

Vereinfacht gesagt ist der Fortschritt in Ländern wie zum Beispiel Brasilien auch an dieser Stelle hinter dem Stand hier in Europa oder eben in den USA. Das Einkaufsverhalten ist vergleichbar mit dem Konsum bei uns vor einigen Jahren. Das Direct-Selling ist dort laut „Direct-Selling-Association“ (DSA) weiterhin im Wachstum, sodass Avon diesen Markt mit Fug und Recht noch einige Zeit abmelken sollte und man Zeit hat das Geschäftsmodell zu modifizieren. Schließlich bringt AVON weiterhin eine große und bekannte Marke mit sich, die nur in der Aufstellung des Geschäftsmodells verändert werden muss.

Neuerdings greift man auch wieder in Deutschland an und versucht die neuen Vertriebskanäle zu bespielen. So sieht man beispielsweise immer mehr Werbung bei Facebook oder Instagram mit bekannten Gesichtern (zuletzt u.a. GZSZ-Schauspielerinnen). Dies zeigt den klaren und deutlichen Strategiewandel.

Hinzu kommt eine weitere wichtige Tatsache. Im Jahr 2012 hat die Vorstandsvorsitzende Sheri McCoy das Steuer übernommen. Wie auch der obere Chart mit den Umsatzentwicklungen zeigt, konnte Sie das Unheil nicht abwenden und hat die Trendwende ganz klar verschlafen. Cerberus hat bei einem Einstieg zwar Druck ausgeübt, konnte sie jedoch nicht verdrängen. Nachdem nun ein weiterer aktivistischer Investor eingestiegen ist (Barington Capital) und ein überraschender Quartalsverlust eintrudelte, konnte McCoy sich nicht mehr halten. Anfang des kommenden Jahres wird diese nun ihren Hut nehmen und den Weg frei machen. Gerade bei solch komplizierten und vor allem umfangreichen Restrukturierungen, die das komplette Unternehmen betreffen, ist ein Managementwechsel oftmals notwendig.

Die Aktie zeigt die zwischenzeitlich erhofften und auch tatsächlich angestrebten Verbesserungen in der Restrukturierung von Anfang 2016 bis Ende des Jahres. In diesem Jahr häuften sich die Enttäuschungen, sodass die untere Grenze bei 2,30 US$ nochmals getestet werden könnte.

Die Aktie bleibt weiterhin volatil und ist nichts für den absolut sicherheitsorientierten Aktienanleger. Zudem muss man die Entwicklung der Umstrukturierung regelmäßig kontrollieren. Dies führe ich u.a. durch Google-Alerts, Investor-Relations-Mailings, Anfragen an das Unternehmen oder die Teilnahme an Konferenzen & Telefonkonferenzen durch. Konferenzen sind sicherlich etwas über den zeitlichen Aufwendungen, die Privatinvestoren in Kauf nehmen sollten. Google-Alerts und vor allem IR-Mailings sollten hingegen bei allen etwas risikoreicheren Investments zum Standard gehören.

Ihr Andreas Meyer

Quellen: Avon Products, Guidants, Bloomberg, Wall Street Journal, Morningstar

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