Geschäftsmodell und Absatzmärkte
Man möchte meinen, dass sich mit Schrauben & Co. kaum Geld verdienen lässt. Schließlich lassen sich diese Produkte mit den nötigen Maschinen problemlos von jedem x-beliebigen Unternehmen herstellen. Die logische Konsequenz wären Preiskämpfe und eine margenschwache Branche, gekennzeichnet von schuldenfinanzierten Übernahmen und regelmäßigen Insolvenzen.
Bei Fastenal musste man sich überlegen, wie man dieses Risiko umgeht und sich von seiner Konkurrenz absetzen kann. Das Erfolgsrezept: Hohe Qualitätsansprüche gepaart mit einer erstklassigen, schnellen und in Eigenregie geführten Logistik.
So verfügt man über ein Netz von über 3.000 Verteilzentren, mit denen man stets nah am Kunden sein kann. Damit erreichen Bestellungen die Kunden in der Regel bereits am nächsten Tag. Auch kann man durch seine vielen Produktions- und Verteilerstandorte problemlos in großen Stückzahlen liefern.
80 Prozent der Umsätze generiert man in den USA, wobei man aber in Europa und Asien immer besser Fuß fasst – was aber auch an der geringen Basis liegt.
Daniel Florness führt das Unternehmen seit 2016 als CEO, ist aber bereits seit Jahrzehnten bei Fastenal beschäftigt. Der Mann kennt sprichwörtlich jede Schraube im Konzern, was große Vorteile mit sich bringt, vor allem eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen. Dies ist auch für Aktionäre von unschätzbaren Wert.
Von 1996 bis 2016 bekleidete Florness übrigens die Rolle des CFO (Finanzvorstand). Insbesondere in einer Branche, in welcher Produkte austauschbar sind und der Preis eine wichtige Entscheidungskomponente für die Kunden darstellt, ist ein straffes Kostenmanagement das A&O. Da kann es nicht schaden, auf einen zahlenorientierten Unternehmenslenker setzen zu dürfen.
Die hohe Kontinuität zieht sich übrigens quer durch das Management, bei dem man vor allem auf Eigengewächse setzt. Das Thema Identifikation hatten wir ja bereits. Das krasse Gegenbeispiel wäre ein Unternehmen, welches sich für teuer Geld externe Manager einkauft, dafür aber Angestellte bekommt, die sich nicht mit ihrem Arbeitgeber identifizeren können und den Betrieb hauptsächlich als Geldautomaten betrachten. Und wenn etwas schief geht, sucht man sich eben einen neuen Arbeitgeber, bei dem man das Spiel von vorne beginnen kann.
Quelle: terminal.stock3.com
Rund um die 200-Wochen-Linie kam die jüngste Korrektur zum Stehen. Inzwischen sieht es immer stärker nach Bodenbildung aus. Langfristig sind das Einstiegskurse, wenngleich die 45-Dollar-Marke jetzt nicht mehr unterschritten werden sollte. In diesem Fall droht ein Abverkauf Richtung 40 und später 30 bis 27 Dollar.
Quelle: terminal.stock3.com
Insbesondere Börsenneulinge erliegen dem Irrglauben, nur mit Tech-Themen und heißen Innovationen den großen Reibach machen zu können. Fastenal beweist, dass man auch mit schnöden Schrauben und Muttern problemlos mehrere Tausend Prozent Rendite erzielen kann.
Bewertung
Fastenal bietet eine Fülle an wünschenswerten fundamentalen Kriterien, seien es ‚weiche‘ Faktoren, wie das gute Geschäftsmodell und ein gutes Management, sowie ‚harte‘ Faktoren, wie das starke Zahlenbild.
Quelle: sentieo.com (Interaktiver Chart http://snt.io/ejGeLPfmJ)
Aktuell firmiert der Titel rund 12 Prozent unterhalb des langfristigen Schnitts
Die Krux an der ganzen Sache ist nur, dass die Aktie deshalb stets mit deutlichen Bewertungsaufschlägen taxiert wird. Rückgänge wie den jüngsten sollte man deshalb nicht tatenlos vorüberziehen lassen.
Das ‚Beste‘, was interessierten Anlegern passieren könnte, wäre eine harte Rezession, wodurch man diesen Titel wahrscheinlich noch einmal wesentlich günstiger zu fassen bekommen würde. Während der Finanzkrise halbierte sich der Kurs beispielsweise und bot eine hervorragende langfristige Einstiegsgelegenheit.
Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die attraktive Ausschüttungspolitik. Bereits jetzt firmiert der Titel bei einer Dividendenrendite von 2,6 Prozent. Anleger, welche 2009 bei einem Kurs von 6,50 USD zugegriffen hätten, könnten sich heute sogar über eine individuelle Dividendenrendite von 17 (!) Prozent freuen. Das sollte klar machen, dass insbesondere Krisenzeiten sich für den Aufbau von langfristig ausgerichteten Dividendendepots ganz vorzüglich eignen.
Bilanz und Verschuldung
Neben üppigen Dividendenausschüttungen leistet sich das Unternehmen Aktienrückkäufe und muss fortlaufend ins laufende Geschäft investieren. Fabriken, LKW-Flotten, Logistikzentren – das kostet Unmengen an Cash. Trotzdem schafft es Fastenal, seine Verschuldung stets im Rahmen zu behalten und stellt damit ein lehrbuchgleiches Beispiel eines bilanziell stabilen Konzerns dar.
Profitabilität
Fastenal setzt vielfach auf eigens hergestellte Produkte sowie eine eigene Logistik. Das kostet im ersten Moment natürlich Geld, schafft aber Unabhängigkeit und dämpft auch die Kosten. So kommt es, dass man deutlich höhere Bruttomargen erzielt, als die Konkurrenz.
Auch die Investments in Automatisierung machen sich bezahlt und helfen beim Erhalt der stabilen Margen. Den Kunden wird zudem die Möglichkeit geboten, innerhalb deren Betriebe eigene Fastenal-Lager bzw. automatisierte Ausgabe-Maschinen zu installieren. Die Betriebskosten dafür übernimmt Fastenal. Für den Kunden steigert dies die Flexiblität, auf der anderen Seite lässt man sich den Dienst aber auch gut bezahlen.
Die Eigenkapitalrendite ist eine wichtige Kennzahl in der Fundamentalanalyse. Vereinfacht gesagt gibt diese an, welche Rendite ein Unternehmen aus dem von Eigenkapitalgebern zur Verfügung gestellten Kapital herausholt. Werte von über 30 Prozent, wie sie Fastenal erzeugt, stellen hier nicht die Regel, sondern eine Ausnahmerendite dar! Und dies, ohne die Eigenkapitalrendite mittels ausufernder Fremdkapitalaufnahme nach oben zu manipulieren.
Wachstum
Das Geschäft ist eng mit der konjunkturellen Entwicklung verbunden, insbesondere jener der USA. Eine Insel der Glückseligen stellt die Aktie also folgerichtig nicht dar.
Bemerkenswert ist aber die Tatsache, dass in den letzten knapp 20 Jahren kein einziges Geschäftsjahr ein Verlust ausgewiesen werden musste. Eine typische Eigenschaft eines waschechten Qualitätsunternehmens.
Und da sich abzeichnet, dass Unternehmen alles daransetzen, ihre Lieferketten zu verschlanken und sich wieder lokale Anbieter zu suchen, sollten Unternehmen wie Fastenal besonders profitieren.
Konkurrenz
Zu den Konkurrenten gehören WW Grainger (WKN: 857498) sowie MSC Industrial Direct (WKN: 898493). Viele positive Qualitäten, die Fastenal besitzt, sehen wir auch bei diesen Werten, darunter ein profitables Geschäft, auch in Krisenzeiten sowie eine attraktive Ausschüttungspolitik. Die Konkurrenten weisen eine günstigere Bewertung auf, wachsen dafür aber auch langsamer.
Risiken
Die hohe Bewertung mag sich zwar begründen lassen. Trotzdem bietet diese insbesondere in Zeiten steigender Zinsen das Potenzial für Performance-Probleme. Beispielsweise siechte der Kurs von 2012 bis 2019 für geschlagene sieben Jahre dahin. Grund dafür war damals wohl ebenfalls eine zu hohe Bewertung. So hoch wie damals ist die Aktie heute zwar nicht mehr bewertet, solche Dürreperioden kommen am Aktienmarkt aber immer wieder vor und als Aktionär muss man diese aushalten können.
Die konjunkturelle Anfälligkeit wurde bereits thematisiert.
Porter’s Five Forces
Innerhalb der Branche kann man sich sehr gut behaupten und die höheren Zuwachsraten im Vergleich zur Konkurrenz sind ein Hinweis darauf, dass man fortlaufend Marktanteile gewinnt. Auf den Kopf gefallen ist man bei der Konkurrenz aber auch nicht. Das zeigt allein die Tatsache, dass auch diese über diverse Konjunkturzyklen hinweg profitabel wirtschaften.
Neue Konkurrenz durch Amazon, von welcher scheinbar kein Markt sicher ist, ist ein Thema. Amazon fokussiert sich aber vor allem auf kleinere Unternehmen und fungiert hier als reiner Zulieferer. Währenddessen geht Fastenal einen Schritt weiter und unterstützt seine meist großen Kunden auch bei Lieferkettenthemen und bietet Vor-Ort-Lager, welche direkt beim Kunden geführt werden.
Keine neue Software, kein neuer und bahnbrechender Algorithmus kann dem Geschäft mit Schrauben, Gewindestangen & Co. etwas anhaben. Fastenal verfügt über ein herrlich langweiliges Geschäftsmodell, bei welchen man sich auch um Substitutionsrisiken keine Gedanken machen muss.
Da man bei Produktion und Logistik im großen Stil selbst Hand anlegt, ist man nur unwesentlich auf Zulieferer angewiesen. Auch steigende Energie- und Rohstoffkosten scheint man den Zahlen der letzten Quartale zufolge problemlos an seine Kunden weiterreichen zu können. Das Lieferantenrisiko fällt also nicht ins Gewicht.
Die konjunkturelle Abhängigkeit muss jedoch bedacht werden und findet sich im Punkt Abnehmer wieder.
Mit Fastenal setzt man auf eine Qualitätsaktie und kann darüber hinaus auch auf einen Re-Industrialisierung der Vereinigten Staaten setzen. Da sich Europa gerade erfolgreich selbst de-industrialisiert, ist das alles andere als abwegig.
Herzlichst
Ihr
Christof von Wenzl
Quellen: sentieo.com, morningstar.com, www.fastenal, terminal.stock3.com, wikipedia.de
Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.
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Kommentare
Bezüglich zweier Unternehmen würde mich Ihre Meinung, aber auch eine komplette Analyse, interessieren:
1. Monster Beverage
2. Fielmann
Vielleicht haben Sie diese Unternehmen ja auch auf dem Zettel? ;)
laut Onvista und Marketscreener hat Fastenal einen Streubesitz von ca. 70%. Zunächst dachte ich wunderbar, da hält wohl das langjährige Management große Anteile, aber lt. Marketscreener ist die Verteilung wie folgt:
The Vanguard Group, Inc. 11.6%
SSgA Funds Management, Inc. 4.89%
Walter Scott & Partners Ltd. 3.81%
Lone Pine Capital LLC 3.21%
Sehen Sie hier ein Problem bzw. wie ordnen Sie die Eigentümerstruktur ein?
Ich für meinen Teil war doch sehr verwundert das Vanguard an Fastenal so großen Anteil hat.
Vielen Dank!
@TomN1988 - Bei der Eigentümerstruktur sehe ich keine Besonderheiten/Probleme. Aufgrund der Popularität von Vanguard-ETFs fließt in deren Produkte viel Geld, was sich natürlich auch auf die Beteiligungen an den Unternehmen auswirkt. Und mit einer Marktkapitalisierung von 27 Mrd handelt es sich bei Fastenal für US-Verhältnisse eher um ein kleineres Unternehmen.
Zu den Aktien - Monster wär mir zu hoch bewertet. Ich würd auch mal eher abwarten, wie die Fusionsgespräche ausgehen. Da bin ich nicht auf dem Laufenden.
Fielmann ist bisher enttäuschend. Die Aktie hat sich seit meiner Analyse überhaupt nicht gut entwickelt. Die Inflation kann man oder will man nicht an seine Kunden weitergeben, darunter leidet auch die Profitabilität, was zu steigenden KGVs führt, was zu weiter sinkenden Kursen führt. In den Jahren vor Pandemie und Inflation hat man rund 2 Euro Gewinn pro Aktie erzielt. Wenn man daran wieder anknüpfen kann, wär der Titel aktuell natürlich ein Kauf. Analysten rechnen aber zumindest für 2023 nur mit 1,39 Euro und 2024 mit 1,61 Euro. Treffen diese Einschätzungen zu, herrscht meiner Einschätzung nach nur bedingtes Aufwärtspotenzial. Übergeordnet ist Fielmann aber natürlich eine starke Marke und auch die Dividendenpolitik gefällt. Bei europäischen Konsumwerten bin ich aktuell halt eher vorsichtig.