Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Die Energiewende ist beschlossene Sache. Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen soll reduziert werden, während die Kapazitäten an erneuerbaren Energien und auch der Atomkraft massiv ausgeweitet werden sollen.

Da diese Wende aber nicht von heute auf morgen vollzogen werden kann, spielt Erdgas in den Planspielen von Regierungen eine gewichtige Rolle als Brückentechnologie. Die Verwendung von Erdgas als Energielieferant – unter anderem für die Wasserstoffproduktion - gilt gemeinhin als umweltschonender als Kohle oder Erdöl. Diese These wird aber kontrovers diskutiert.

Die heute betrachtete Gaztransport & Technigaz (GTT) profitiert von diesem Trend ganz massiv. Um Erdgas über weite Strecken transportieren zu können, sind entweder Rohrleitungen oder speziell ausgerüstete Tankschiffe vonnöten. Für den Transport muss das Gas verflüssigt werden, was durch die Herabkühlung auf 163 Grad Celsius erfolgt.

Die Franzosen profitieren dank ihrer Expertise bei LNG-Tanks von der steigenden Nachfrage nach LNG-Schiffen und Spezialtanks an Land. Über 70 Prozent aller LNG-Tanker werden mit den Tanks von GTT ausgestattet – ein massiver Marktanteil. Darüber hinaus eignen sich diese Tanks auch problemlos für den Transport anderer Flüssigkeiten wie beispielsweise Ethanol.

Über 90 Prozent aller LNG-Tanker laufen in südkoreanischen Werften vom Stapel. Hyundai Heavy Industries, Daewoo und Smasung Heavy Industries gehören zum Kundenkreis von GTT. Die Franzosen arbeiten zudem auch mit den großen Öl- und Gasmultis zusammen.

In diesem Video stellt sich der Konzern vor: https://youtu.be/NqC2tcbewfU

 

Quelle: guidants.com

Für eine erste Position gut – der jüngste Abverkauf unter extrem hohem Volumen spricht eher für tendenziell weiter fallende Kurse. Allerdings, für den behutsamen Einstieg mit einer ersten Tranche ist bereits das aktuelle Kursniveau interessant. So bietet die 200-Wochen-Linie (nicht im Bild) Halt und aus Fibonacci-Sicht befindet sich der Titel in einem potenziellen Turnaroundbereich.

 

Quelle: guidants.com

Der französische Leitindex CAC 40 wird von Versorger- und Bankaktien nach unten gezogen, während GTT massiv davonziehen konnte.

 

 

Bewertung

Vor wenigen Tagen veröffentlichte das Unternehmen die Zahlen für das Gesamtjahr 2020 und knickte in der Folge ein. Der Umsatz legte um 37,5 Prozent auf 396 Millionen Euro, Gewinn um 38,7 Prozent auf 199 Millionen Euro zu. Warum also der Abverkauf?

Grund hierfür war der Ausblick auf 2021. GTT rechnet für dieses Jahr mit einem Umsatz im Bereich zwischen 285 und 315 Millionen, und damit in einer Bandbreite zwischen einem Nullwachstum und neun Prozent Wachstum gegenüber 2019.

Wenn man etwas tiefer gräbt, wird der Grund für die erwartete ‚Umsatzschwäche‘ ersichtlich. GTT profitierte in 2020 übermäßig von 2018 und 2019 erteilten Aufträgen, die für temporär außergewöhnlich hohe Umsätze sorgten.

Analysten waren von der Prognose ganz und gar nicht angetan. Diese übersehen meiner Meinung nach aber die nach wie vor aussichtsreiche Entwicklungsmöglichkeiten über 2021 hinaus. Das Orderbuch ist gut gefüllt und auch die Erweiterung des Geschäftsmodells auf die Produktion von grünem Wasserstoff sorgt für eine spannende Ergänzung.

In diesem Zusammenhang lädt der Rücksetzer in der Aktie zum Einstieg ein. Auch bei einer konservativen Gewinnschätzung wirkt der Titel fair bewertet, mit einer Portion Überraschungspotenzial auf der Oberseite. Zudem lockt eine stattliche Dividendenrendite von über sechs Prozent.

Bilanz und Verschuldung

Der Konzern ist nettoschuldenfrei und baut trotz der üppigen Dividendenausschüttungen – GTT schüttet i.d.R. 80 Prozent des Gewinns an seine Aktionäre aus – seine Eigenkapitalausstattung kontinuierlich aus.

Beweis des Erfolgs - Die Eigenkapitalquote kann Jahr für Jahr gesteigert werden und sorgt für ein starkes bilanzielles Sicherheitspolster

Mit dem französischen Energiekonzern Engie hat GTT einen potenten Hauptaktionär. Allerdings befindet sich Engie im Umbau und liebäugelt inzwischen mit einem Verkauf der Beteiligung. Wenn es das Engie-Management geschickt anstellt, und einen hohen Verkaufspreis für seinen Anteil erzielen würde, könnte dadurch die Aktie zusätzlichen Auftrieb erhalten. Schließlich sollte die Technologie und die Marktmacht, über die GTT verfügt, eine stattliche Summe wert sein. Gerade asiatische Konzerne haben ein Auge auf die Franzosen geworfen.

Fraglich wäre hier nur, ob der französische Staat, der seinerseits bei Engie Hauptaktionär ist, einem Verkauf ins Ausland zustimmen würde. Hier hat es in anderen Fällen in der Vergangenheit bereits des Öfteren scharfen Gegenwind gegeben.

Quelle: Homepage Unternehmen

Profitabilität

Die 930 aktiven bzw. in Zulassung befindlichen Patente sorgen für einen breiten Burggraben bei GTT. Lt. Unternehmen sind 30 Prozent der gesamten Belegschaft in der Forschungsabteilung angestellt.

Damit lassen sich auch die extrem hohen Margen erklären, die der Konzern durch seine uneingeschränkte Marktführerschaft problemlos durchsetzen kann.

Seltenheitswert - Die über Jahre kontinuierliche Nettomarge von über 50 Prozent sorgt für klingende Kassen

Wachstum

Das außergewöhnlich gute Geschäftsjahr war ein Ausreißer. So oder so kann sich die Umsatzentwicklung aber sehen lassen. Zuwachsraten im mittleren einstelligen Bereich sollten auf alle Fälle drin sein. Das Geschäft mit LNG-Tankern boomt. Zudem sollte der Konzern auch vom zukünftig vermehrten Einsatz von Wasserstoff und LNG als Treibstoff für Schiffe profitieren können.

Und zuletzt bietet der Verkauf von an Land aufgestellten Tanks und Elektrolyseeinrichtungen zusätzliche Fantasie.

Konkurrenz

Der massive Burggraben lässt sich von Konkurrenten kaum aufbrechen. Zu kritisch die Fracht, zu unberechenbar wären Pannen auf hoher See, weshalb Reeder dem etablierten Marktführer treubleiben.

Risiken

Der koreanische Staat versuchte unlängst, die Monopolstellung der Franzosen aufzubrechen. So klagte die koreanische Handelskommission im November letzten Jahres GTT vor Gericht auf monopolistische und unfaire Geschäftspraktiken. Bisher ging GTT vor Gericht als Gewinner hervor. Dadurch wird aber klar, dass von politischer Seite jederzeit mit Ungemach zu rechnen ist.

Ein weiteres Risiko besteht in einer möglichen Havarie eines mit Tanks von GTT ausgestatteten LNG-Tankers. Auch falls die Franzosen keine Schuld treffen würde, würde eine Katastrophe wie diese den Aktienkurs in die Tiefe reißen.

Porter’s Five Forces

Dank der Marktführerschaft und den zahlreichen Patenten hat man einen uneinnehmbaren Burggraben gegenüber Konkurrenten (neue + bereits vorhandene) ausgehoben und kann steigende Rohstoffpreise problemlos auf seine Kunden (Lieferanten+Abnehmer) abwälzen.

Die massive Nachfrage nach LNG-Tankern sollte zudem über Jahre für volle Auftragsbücher bei GTT sorgen (Substitution).

 

Die Burggrabenaktie GTT würde eigentlich hervorragend ins Portfolio von Warren Buffett passen, der sich ohnehin stark im Öl- und Gassektor eingekauft hat. Der Konzern beherrscht den Markt, verfügt über hohe Expertise, ein hervorragendes Renommee und eine Vielzahl an Patenten. Die Bewertung ist fair, der Chart sieht aber kurzfristig angeschlagen aus. Mutige Anleger legen sich bereits eine erste Position ins Depot.

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

Quellen: sentieo.com, morningstar.com, www.gtt.fr, guidants.com, wikipedia.de

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

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