Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Brauereien kämpfen nun schon seit einigen Jahren mit stagnierenden Umsatzzahlen. Nicht nur die Nahrungsmittelbranche tut sich schwer damit, eine emanzipierte Konsumentenschaft, die nach mehr Regionalität und Produkten ohne dutzenden von Inhaltsstoffen verlangt, zu befriedigen. Die steigende Popularität von alkoholischen Mixgetränken sowie die wachsende Beliebtheit von handwerklich gebrauten Bieren kleiner Brauereien sorgt auch bei Molson Coors für lange Gesichter auf der Aktionärsseite.

Molson Coors, die den Großteil ihrer Biere in den USA und Kanada verkaufen, verfügen über eine Vielzahl an bekannten Marken, so auch die namensgebenden Biermarken Molson und Coors sowie Miller oder Foster‘s. Das Geschäftsmodell ist einfach und schnell erklärt. Man braut Bier, füllt dieses ab und verkauft es. So viel zur Story des Unternehmens.

Ein Schatten seiner selbst - Vor einigen Jahren kostete die Aktie noch über 100 Dollar

 

Quelle: guidants.com

 

Die Bären sollten sich so langsam genug ausgetobt haben. Der Abwärtsschwung verlangsamt sich zumindest und inzwischen befindet sich die Aktie wieder in der Nähe des 2009er Tiefs bei 30 Dollar. Sollte die Aktie weiter abgeben, ist spätestens dort mit einer Gegenreaktion zu rechnen. Mutige Anleger könnten nun sukzessive mit kleinen Tranchen einsteigen. Etwas konservativer agierende Investoren warten einen Bodenbildungsprozess ab.

Quelle: guidants.com

 

Molson Coors erweist sich im Chartvergleich mit den direkten Konkurrenten Anheuser-Busch und Diageo als klarer Verlierer, wobei Anheuser-Busch seit 2015 ebenfalls negativ auffällt. Die stagnierenden Umsätze für Brauereien in den letzten Jahren haben auch bei den Aktienkursen deutliche Spuren hinterlassen.

Fundamental gibt es gewiss einige Minuspunkte in der Wertung. Ob die Aktie aber zu Recht so stark abgestraft wurde, sehen wir uns nun an.

Das negative KGV ergibt sich aus Einmaleffekten. Der freie Cashflow von Q2 2019 bis Q1 2020 betrug 1,35 Milliarden Dollar

 

Bewertung

Derzeit bringt es der Konzern auf eine Börsenbewertung von nicht einmal acht Milliarden Dollar. Dies ist gewiss bemerkenswert, da allein der Kaufpreis für das Miller-Portfolio den Konzern zwölf Milliarden gekostet hat. Sicherlich kann man dem Unternehmen die schwache Umsatzentwicklung in den letzten Jahren ankreiden, allerdings verdient Molson Coors nach wie vor gutes Geld. Allein im Jahr 2019 hat man 1,35 Milliarden Dollar an freiem Cashflow generieren können.

Unter Bezugnahme eines Discounted Cashflow Modells, das sich bei Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen sehr gut nutzen lässt, wird eine Unterbewertung ersichtlich. Verwendet man den 2019er Cashflow für die Berechnung und veranschlagt für die kommenden fünf Jahre ein Wachstum von zwei Prozent und für weitere fünf Jahre ein 0-Prozent-Wachstum, ergäbe sich ein fairer Aktienkurs von 53 Dollar. Das muss jetzt noch lange nicht heißen, dass man seinen letzten Cent auf die Aktie setzen soll. Teuer bewertet scheint der Konzern jedenfalls nicht.

Bilanz und Verschuldung

In meinem persönlichen Scoring-Modell erhält der Konzern bei der Bilanz lediglich drei von 19 möglichen Punkten. Die exorbitante Goodwill-Position, die sich aus der Übernahme der Miller-Markenportfolios von SABMiller erklärt, beeinträchtigt die bilanzielle Qualität. 2016 erwarb Molson Coors dieses Portfolio für zwölf Milliarden Dollar, das vorher in einem Joint Venture mit SABMiller geführt wurde. Auch der hohe Schuldenstand muss berücksichtigt werden.

Rating-Agenturen blicken mit Argusaugen auf die finanzielle Situation und geben Molson Coors ein lediglich mittelmäßiges Rating. Aufgrund der aktuell angespannten Situation – viele Bars und Restaurants in den USA laufen schließlich auf Sparflamme – wurde auch der Ausblick auf negativ gesetzt. Durch eine weitere Rating-Abstufung könnte sich der Konzern mittelfristig schwertun, an frisches Kapital zu kommen.

Glücklicherweise war der Vorstand umsichtig genug, um die Dividendenauszahlungen für das Jahr 2020 einzufrieren, was Aktionäre kurzfristig natürlich schmerzt, ökonomisch aber nötig ist. Zudem konnten man in den Jahren 2017 bis 2019 die Schulden um 2,7 Milliarden Dollar senken, was die Konzernbilanz weiter entlastet.

Mit einem angekündigten Sparprogramm möchte man außerdem in den kommenden Jahren bis zu 150 Millionen Dollar jährlich einsparen. Und falls sich der Bierabsatz im zweiten Halbjahr wieder normalisiert, könnte das Unternehmen tatsächlich die Kurve kriegen.

Profitabilität

Hier zeigt das Unternehmen seine Stärke. So liegt die operative Marge 30 Prozent über dem Branchenschnitt. Pro 100 Dollar Umsatz konnten 2019 über 13 Dollar an freiem Cashflow erwirtschaftet werden. Bier zu produzieren, ist vom technischen Standpunkt keine Kunst. Auch entfallen Kosten für Forschung und Entwicklung. Wären nicht hohe Werbebudgets vonnöten, um seine Markenbekanntheit zu erhalten, könnte noch wesentlich mehr erwirtschaftet werden.

Wachstum

Die Wachstumsraten in der eingefügten Tabelle sehen zwar gut aus, allerdings wurden diese durch den Einmaleffekt der Übernahme des Miller-Portfolios von SABMiller beeinflusst. Der Konzern ist noch immer mit der Integration der übernommenen Biermarken beschäftigt, was Personal bindet und Kosten produziert. Vollmundig hat man 2019 aber verkündet, wieder in die Offensive zu gehen und neue Impulse zu setzen. Bleibt zu hoffen, ob dieser Schritt gelingt.

Konkurrenz

Die Hauptkonkurrenten Anheuser-Busch InBev sowie Diageo wurden auf cashkurs.com bereits analysiert. Wer davon überzeugt ist, dass auch weiterhin Bier konsumiert wird und in Sachen Shutdown das Schlimmste hinter uns liegt, findet in der Branche sehr spannende Einstiegsmöglichkeiten vor. Diageo punktet mit seinem diversifizierten Markenportfolio, das nicht nur Bier, sondern auch verschiedene Spirituosen beinhaltet. Allerdings sind die Briten auch nicht so günstig bewertet wie Molson Coors oder Anheuser, die eher in der Ecke „Turnaround-Story“ zu verorten sind.

Trotz des deutlichen Abverkaufs darf man nicht vergessen, dass Molson Coors noch immer zu den weltweiten Top-Brauereikonzernen gehört.

Risiken

Die Pandemie und die Reaktionen darauf seitens der Staaten sorgen weiter für eine ungewisse Zukunft für Unternehmen aus der Brauereibranche, was Investitionsentscheidungen für Anleger massiv erschwert.

Zudem muss Molson Coors wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren. Ein niedriges einstelliges Wachstum würde bereits ausreichen, um die Aktie wieder in höhere Kursregionen zu hieven.

Zuletzt bereitet die angespannte Rating-Situation Kopfschmerzen, die nur durch ein rigides Kostenmanagement und einbehaltene Dividendenzahlungen gelockert werden kann.

Porter’s Five Forces

Wenn Sie mich als Craftbeer-Liebhaber fragen, macht es kaum einen Unterschied, ob man Bier von diesem oder jenem großen Brauereikonzern trinkt. Das Produkt ist an und für sich gleich, die hohe Branchenrivalität ist die Folge. Den Unterschied macht nur die Marke, die durch massive Werbekampagnen gefestigt werden muss. Die Angst vor weiteren Shutdowns manifestiert sich im Risikopunkt Abnehmer. Die aufstrebende Craftbeer-Szene wird über die Punkte Neue Konkurrenz sowie Substitution abgetragen. Zumindest ist kein großes Risiko von der Lieferantenseite zu erwarten. Durch die hohen Abnahmemengen an Getreide und Hopfen hat der Konzern gegenüber Lieferanten den Vorteil auf seiner Seite.

  

Molson Coors ist durchaus eine Spekulation wert. Die Cashflows sind nach wie vor hoch – vorausgesetzt, es kehrt wieder Normalität in der gebeutelten Gastronomie ein. Die Bewertung erscheint sehr niedrig und auch in Sachen Schuldenabbau zeigt der Trend in die richtige Richtung. Als Depotbeimischung ist der Titel durchaus interessant, wenngleich eine charttechnische Bodenbildung wünschenswert wäre.

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

Quellen: morningstar.com, marketscreener.com, www.molsoncoors.com, guidants.com, wikipedia.de

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten 4 auf morningstar.com verfügbaren Quartale berechnet.

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Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.



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