Ende Oktober wurde bekannt, dass der langfristig orientierte Anleger Warren Buffett seine Anteile an dem britischen Einzelhändler Tesco plc verkleinert hat. Von vorher 5% der Anteile hält Buffett mittlerweile nur noch ca. 4% des Unternehmens, was derzeit einem Wert ca. 1.2 Mrd. Euro entspricht. Seit Bekanntwerden des Verkaufs konnte der Kurs sich kaum noch halten und stürzte in den letzten zwei Monaten um fast 15% ab!

Tesco plc. ist ein britischer Einzelhändler, welcher weltweit zu den drei größten seiner Branche zählt. Mit einer Marktkapitalisierung von 25.9 Mrd. GBP also wirklich einer der ganz großen am Markt. Ein Merkmal des Unternehmens ist u.a. die breite Produktpalette. So werden neben den Supermarkttypischen Artikeln auch CD’s, Elektronikartikel und Büchern auch Darlehen und Versicherungen angeboten. Etwas exotischer wird es dann, wenn man sich vor Augen führt, dass die eigentliche Einzelhandelskette auch ein eigenes Tankstellennetz betreibt.

Fortschrittlicher als in Deutschland ist das Unternehmen auch in Sachen Service. So besteht die Möglichkeit Produkte über Internet zu kaufen und ins Haus geliefert zu bekommen. Ähnliche Entwicklungen sehe ich zwar auch bei uns, jedoch sind uns die Briten (wie im übrigen auch die Franzosen) hier ein Stück voraus.

Nun aber wie immer vorab das Unternehmen im Zahlencheck:

  • Tesco betreibt insgesamt 6.000 Filialen in weltweit 12 Märkten
  • Die Dividendenrendite wird bei ca. 0,15 GBP gesehen, was derzeit sehr guten 4,55% entsprechen würde
  • Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von erwarteten 10,50 ist ebenso nicht zu hoch
  • Das KBV von 1,66 zeigt an, dass das Unternehmen zwar nicht unter Buchwert gehandelt wird aber trotzdem nicht allzu teuer erscheint
  • Der Cashflow pro Aktie ist mit 0,37 jedoch als sehr gering zu bezeichnen, da sich hieraus ein unattraktiv hohes KCV von 11,2 ergibt
  • Für 2013 werden Umsätze in Höhe von 64.8 Mrd. GBP angepeilt. Bis 106 wird mit einem p.a. Wachstum von 7,04% gerechnet
  • Die Eigenkapitalrentabilität beträgt ordentliche 14,76%
  • Eine Eigenkapitalquote von 33,2% kann man als stabil bezeichnen

Wie in jeder Branche gibt es auch bei den Einzelhändlern einige Besonderheiten. So muss man beim KBV beispielsweise immer genau betrachten, mit welchen Werten Anlagevermögen in der Bilanz bewertet wurden. Bei Metro war es beispielsweise der Fall, dass die dazugehörigen Immobilien viel mehr Wert waren, als in der Bilanz vermerkt, sodass sich am Ende auch ein viel höherer Buchwert der Firma ergeben hat. Ansonsten sind die Daten der Tesco sicher als nicht allzu schlecht zu beurteilen, da es sich um eine fundamental gesund aufgestellte Unternehmensgrupp mit nicht zu hoher Bewertung handelt.

Wichtig zur Betrachtung wie immer auch der Vergleich innerhalb der Peergroup:

Bei Betrachtung der Tesco wird also sehr schnell deutlich, dass das Unternehmen im Vergleich zu seinen Konkurrenten sehr gut aufgestellt ist. Lediglich Wal-Mart kann bessere Kennzahlen vorweisen was die fundamentale Aufstellung betrifft. Wenn es jedoch um die aktuelle Bewertung am Markt geht, steht Tesco in der Peergroup-Analyse an einsamer Spitze.

In den letzten Monaten sind die Kurse aller großen Einzelhändler deutlich eingebrochen. Bei Tesco liegt dies u.a. daran, dass schwache Quartalszahlen präsentiert und auch strategische Fehler gemacht worden sind. So wollte man u.a. in die USA, sowie nach Japan expandieren. Diese Vorhaben scheiterten jedoch und drückten sich somit mindernd auf die Bilanz.

Für die schwachen Quartalszahlen ist laut Vorstandschef Philip Clarke u.a. die schlechte wirtschaftliche Situation in Großbritannien schuldig. Sollte dies wirklich der Hauptgrund sein, sehe ich momentan noch kein Licht am Horizont, da sich die Lage in GB bisher kaum verbessert hat und etwaiges Wachstum nur auf Schulden basiert. Daher ist es für das Unternehmen von enormer Wichtigkeit in anderen Märkten zu Wachsen. Zwar hat auch das Projekt sich in China zu etablieren große Kosten mit sich gebracht, allerdings stößt man hier auf keine so hohe Markt-Eintrittsbarrieren wie dies beispielsweise bei Wal-Mart in den USA der Fall war. Im Heimatmarkt wird Tesco nun auch durch Aldi und Lidl bedrängt. Diese beiden Häuser, die eher auf billige Güter aus sind, gilt es also in Schach zu halten. Tesco versucht sich hier leider auf das Niveau der Wettbewerber einzulassen. Eine etwas andere Strategie mit mehr Qualität wäre daher vielleicht wünschenswert.

Bei dieser Statistik wird das beabsichtigte Wachstum in anderen Ländern und u.a. vielversprechenden Emerging Markets deutlich. (Like-to-Like bedeutet das Wachstum bereinigt um Neuakquisen oder Bereichsverkäufen – erhöht somit also die Aussagefähigkeit). Die Türkei halte ich hier für einen sehr vielversprechenden Markt. Allerdings plant Tesco auch hier keine weiteren Investitionen durch Hard Cash, sondern nutzt den Standort dort u.a. für buchhalterische Spielereien.

Unterm Strich halte ich Tesco bei einer ersten Betrachtung für einen aussichtsreichen Kandidaten unter den Einzelhändlern. Eine nicht zu hohe Bewertung mit netter Rendite und gesunden fundamentalen Daten sprechen für diese Company. Allerdings könnte es sein, dass Buffett seine Aktienanteile weiter abbaut, was den Kurs bei seinem hohen Exposure sicher noch mehr belasten könnte. Ebenso gibt es viele Buffett-Anhänger die als Trittbrettfahrer ähnliches erwarten lassen.

Die von CEO Clarke gelegten Prioritäten auf „strengthening the UK business, establishing multichannel leadership and ensuring capital discipline” können hingegen zweischneidig gesehen werden. Ein klarer Aufstiegskandidat wäre die Company daher erst, wenn sich wirklich herausstellt, dass die Strategie einer noch aggressiveren Internationalisierung greift. Auch wenn dies vielleicht nur Zufall war, hätte eine Etablierung als Marktführer in mehreren Märkten lieber vor einer Stärkung des britischen Heimatmarktes genannt werden sollen. Trotz dessen handelt es sich um ein langfristiges Investment mit nicht zu hohen Risiken. Um neben der Dividendenrendite jedoch auch Kursgewinne einzufahren, sollte genau beobachtet werden, wie das Unternehmen vor allem strategisch weiterhin gedenkt vorzugehen.

 

Ihr Andreas Meyer

 

Quellen: IR Tesco plc. / finanzen.net / onvista.de

 

Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet, den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"