Es war vor zehn Monaten. Im März 2016 gab ich in meinem Beitrag Nervosität in Kiew, Berlin und Washington – Herrschaftspläne vorerst gescheitert, was kommt als Nächstes? den Hinweis auf hochrentierliche Rubel-Anleihen der Russischen Föderation.

Auslöser für meine Überlegungen war die im Artikel beschriebene Verschiebung der geopolitischen Machtachsen zugunsten Russlands und Chinas.

Die allseits bekannte, fragwürdige Geldpolitik der Europäischen Zentralbank unter Draghi mit Negativzinsen, TARGET2-Salden und einige Fakten mehr, brachten mich zu der Frage, ob der Rubel denn unbedingt schlechter sein müsse, als der EURO.

Mainstream lag mal wieder daneben

Schlagzeilen in den Propagandamedien wie “Kalter Krieg auf den Kapitalmärkten - Desaster für Putin: Russland findet für Staatsanleihe keine Interessenten“(Focus money) machten mich richtig neugierig.

Deshalb stellte ich in einem weiteren Beitrag zum Thema zwei konkrete Staatsanleihen der Russischen Föderation vor.

Die am 15.03.2018 fällige Anleihe mit der Wertpapierkennummer A1GP0E  mit einem Nominalzins von 7,5 Prozent und

Die am 15.05.2019 fällige Anleihe mit Wertpapierkennummer A1ZAWA mit einem Nominalzins von 6,7 Prozent.

Nachdem die Anleihen schlecht geredet wurden und Banken zum Teil davon sogar abgeraten haben, waren die Kurse gefallen und die Papiere rentierten sich bei einem Kauf im März 2016 mit rund 9 Prozent.

Keine Chance ohne Risiko

Zinstechnisch also ein wahres Schnäppchen. Aber! Keine Gewinnchance ohne Risiko!

Risiko 1: Die Russische Föderation. Was hört man da nicht alles Schlechtes. Ob die die Zinsen bezahlen werden und ob bei Fälligkeit meine Investitionssumme zurückbezahlt wird? Ja und die Sanktionen. Die zwingen die Russen doch in die Knie, oder?

Risiko 2: Der Rubel. Was ist schon der Rubel? Der wird sicher weiter fallen gegen die tollen Westwährungen, vor allen Dingen gegen unseren Super-Draghi-Euro, oder etwa nicht?

Fragezeichen über Fragezeichen? So ist das eben mit der Spekulation. Diese Fragen hatte ich mir auch gestellt.

Abwägung

Mit dem Ergebnis, dass Frage 1 mit Frage 2 beantwortet wird: Wenn die Anleihen schon in der eigenen Währung, dem Rubel ausgegeben werden, dann ist das Zahlungsausfallrisiko gering. Der russische Staat braucht die Rubel nur zu drucken.

Frage 2 war schon schwieriger zu beantworten. Die Entwicklung des Rubels gegenüber dem Euro. Wenn die anfangen, den Rubel zu drucken, wie Draghi den Euro, dann wird es kritisch!

Und Russland ist ein Rohstoffland. Dementsprechend haben die Öl- und Gaspreise Wirkung auf die Währung. Um die Währungsentwicklung einschätzen zu können, muss der Investor die Öl- und Gaspreise beobachten.

Ergebnis

Schauen wir uns jetzt die Entwicklung der beiden Papiere seit Beginn des letzten Jahres an:

A1GP0E

A1ZAWA

Entwicklung des russischen Rubels gegen den Euro:

Der russische Rubel ist gegenüber unserem Euro um rund 28 (!) Prozent gestiegen.

Bisher gezahlte und anstehende Stückzinsen im Mittel bei beiden Papieren (bei Kauf im März): rd. 9 Prozent.

Dazu nun ein kleines Rechenbeispiel bezogen auf die Anleihe A1ZAWA:

Investitionssumme im März: 50.000,-- €

Nominalzins: 6,7 Prozent bezahlt auf 55.000,-- €, da Anleihenkurs bei 91 Prozent

Tatsächlich auf die Anlagesumme bezahlter Zins: 7,4 Prozent (3.083 Euro für 10 Monate)

Kursgewinn: 3.150 Euro

Währungsgewinn: 14.000 Euro

Aktueller Gesamtgewinn bei einer Investitionssumme von 50.000 Euro: 20.233 Euro. 40,5 Prozent in 10 Monaten.

Und das mit den Russen, mit denen doch laut offizieller Lesart kein Blumentopf zu gewinnen ist!

Der Appetit kommt oft zu spät

Diese Zahlen werden dem einen oder anderen Appetit gemacht haben. Wie so oft, wenn Papiere schon gut gelaufen sind.

Deshalb bleibt abschließend die Frage, ob man jetzt noch einsteigen kann.

Das Zahlungsausfallrisiko ist nach wie vor gering.

Das Währungsrisiko ist heute deutlich höher als im März.

Nachdem West Texas Intermediate (WTI) Öl einen Tagesschlusskurs  von unter 52,32 US-Dollar markiert hat, wären, so die Charttechniker erst mal die Bären an der Reihe. Ein Unterschreiten von 48,90 US-Dollar könnte den Preis bis auf 40 US-Dollar nach unten treiben.

Das würde beim Rubel einige Schmerzen auslösen. Er rollt zwar, aber im Moment ist noch nicht klar, in welche Richtung.

Auf jeden Fall beobachten

Zu einem sofortigen Einstieg kann somit nicht mehr geraten werden. Auf die Beobachtungsliste gehören die Papiere auf jeden Fall.

Lassen Sie sich nicht von den Mainstreammedien manipulieren. Denken Sie selbst nach!

Ich beobachte die Märkte und einzelne Papier einschließlich Immobilien seit Jahrzehnten. Das Gegenteil zu tun hat sich oft bewährt.

Als ich einem Freund im März vorschlug, es mir gleich zu tun und Rubelanleihen zu kaufen, konnte er sich vor Lachen kaum mehr einkriegen. In seinen Augen war ich komplett durchgeknallt.

Ich schicke ihm gelegentlich diesen Beitrag…

Risikohinweis
Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

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