Es ist Reisezeit. Meinen Sommerurlaub habe ich in der Dominikanischen Republik verbracht. In diesem Land stellen Deutsche Urlauber ausnahmsweise mal nicht die Mehrheit, nein hier sind die Touristen aus Spanien eindeutig in der Überzahl. Für meine neugierige Analystenseele eröffnete sich daher eine gute Gelegenheit, mich aus erster Hand im Gespräch mit dem normalen Spanier, und eben nicht aus der Wirtschaftspresse, über deren Finanzkrise sowie ihre Auswirkungen zu informieren.

Wie alle Urlauber will sich natürlich auch der spanische Tourist im Urlaub kaum über Probleme unterhalten. Also musste ich taktisch vorgehen. Zu Beginn meiner Gespräche habe ich daher den Spaniern zunächst zum Gewinn der Fußballweltmeisterschaft gratuliert - natürlich hatte ich mir für die deutsche Elf den Titel gewünscht - und das hohe Lied über die unbestritten attraktive Spielweise der Furia Roja angestimmt. Damit konnte ich offensichtlich punkten, denn der Gesprächsanfang war ähnlich vielversprechend wie die Spanische Eröffnung im Schachspiel. Als ich dann mit gebotenem Respekt und vorsichtig auf die spanische Finanzkrise zu sprechen kam, war ich positiv überrascht, wie offen und fast stilvoll Spanier über ihre Probleme auf dem Arbeitsmarkt, über Immobilienkrise und „Insolvencia“ sprechen konnten. Hatte ich erwartet, dass mir über diese zweifellos negativen Geschehnisse mit einer gewissen Ernüchterung erzählt würde, so wurde ich eines Besseren belehrt. Sehr oft hörte ich: La vida continúa (Das Leben geht weiter). Ich fühlte mich fast an den rheinischen Fatalismus mit seinem Motto „Et kütt wie et kütt“ erinnert.

 

Die spanische Lösung: Volver a la Mamá

Vor allem eine Leitmaxime wird mir für immer im Gedächtnis bleiben, nämlich Volver a la Mamá, also: Zurück zu Mama. Ich bekam mit, wie sehr die spanische Familie zusammenhält. Wurde man also arbeitslos oder konnte man die Immobilie, die man teuer erworben hatte, nicht mehr halten, so berichtete man mir, kehrt man in den Schoß der Mutter bzw. der Familie zurück. In Spanien ist das überhaupt nicht ehrenrührig. Grundsätzlich wird in den spanischen Familien sogar das Kinderzimmer auch dann noch bereit gehalten, wenn der Sprössling schon lange ausgezogen ist. Eine intakte Heimatfront ist also immer gegeben. Auf technischer Seite hilfreich ist dabei sicherlich, dass der in Beschäftigung stehende Familienvater nach spanischem Arbeitsrecht quasi unkündbar ist und damit fast den Status eines deutschen Beamten inne hat. Das bietet eine sichere Zuflucht für die gesamte Familie in schwierigem Fahrwasser und ermöglicht dann auch die Weiterfinanzierung der Wohnung des notleidenden Sprösslings. Apropos sichere Zuflucht: Ad hoc kam mir bei den Gesprächen mit den Spaniern in den Sinn, dass ja ebenso die EZB die Funktion inne hat, bei Krisen Auffangbecken und sichere Zuflucht für kriselnde Staaten und ihre notleidende Anleihen zu sein. Zur Not wird Spanien in Watte gepackt. Ihr passender Leitsatz könnte daher lauten: Volver a la Mamá Banco Central Europeo. Jetzt nach dem Urlaub kommt mir nichts mehr spanisch vor.

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