Wer Aktien auswählt, entscheidet sich erst mal zwischen zwei Vorgehensweisen:

1. Er wählt qualitativ, also situationsbezogen nach variablen Kriterien aus. Oder

2. Er entscheidet situationsunabhängig aufgrund feststehender Kriterien.

Qualitative Auswahl

Die erste Möglichkeit ist das klassische Vorgehen, bei dem Kriterien immer wieder neu interpretiert und gewichtet werden, um der Komplexität Herr zu werden. Jedes Unternehmen, jede Situation und jede Marktlage ist anders. Deshalb wird bei dieser Methode kein absolut festes Schema angewandt. Stattdessen werden Kennzahlen in ihrem Kontext interpretiert.

Der Nachteil daran ist, dass die Erfolgsaussicht begrenzt ist. Der Investor kann gegenwärtig nicht überprüfen, ob seine künftige Interpretation richtig sein wird. Einzig seine bisherigen Erfolge in der Vergangenheit lassen darauf schließen, dass er "ein gutes Händchen" oder den "richtigen Riecher" hat.  Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit sich selbst zu belügen hier relativ hoch. Wer führt schon genau Buch über seine Aktienkäufe? Wer rechnet schon Transaktionskosten mit ein, um festzustellen, ob er den Markt auch wirklich übertroffen hat?

Selbst wenn ein Anleger den Markt lange Zeit trotz allem Aufwand übertroffen hat, heißt das nicht, dass das in Zukunft wieder geschieht. Kennzahlen müssen ja immer wieder neu interpretiert und neues Wissen angewandt werden.

Warum überhaupt eine systematische Auswahl?

Aufgrund dieses einen Nachteils wählen manche Fortgeschrittenen und Profis die systematische Aktienauswahl. Zum Beispiel werden immer nur Aktien mit einem niedrigen KGV gekauft oder andere Kriterien verwendet. Hier gibt es feste Regeln, so dass man für lange Zeiträume in der Vergangenheit testen kann, ob die Strategie funktioniert hätte. Dann ist auch die Aussicht auf künftigen Erfolg höher. Allerdings gibt es dabei Gefahren, die so groß sind, dass auch Profis mit systematischen Ansätzen oft nicht besser sind als die mit situationsbezogenem Vorgehen.

1. Gefahr: schlechte Daten

Wer ein eigenes Aktienauswahlsystem testen will, braucht viele Daten. Denn es reicht nicht, einen kurzen Zeitraum zu testen. Das kann ja auch Zufall sein! Auch braucht man aus demselben Grund viele Unternehmen. Das bedeutet auch viele Daten - und wenn es um so viele Daten geht, schleichen sich oft Fehler ein. Zum Beispiel, dass man Daten nimmt, die man früher, als man mit dem Test begann, eigentlich noch gar nicht gehabt hätte. Das ist ein sogenannter Rückschaufehler.

2. Gefahr: Optimierte Back-Tests

Wenn man eine Auswahl-Strategie entwickelt hat, die in einem Datensatz funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass sie das auch in der Praxis tun wird. Man gibt sich Mühe, eine Strategie zu entwickeln und schraubt solange an den Kriterien herum, bis sie gut aussieht - nur überlebt sie den Einsatz draußen dann nicht. Es ist gewissermaßen eine Laborratte. Hochgezüchtet, aber nur für Testzwecke.

3. Gefahr: Inkonsequente Anwendung

Wenn man nun doch eine Strategie hat, die beiden Gefahren durch gute Daten und doppelte Test trotzt, muss man sich noch daran halten! Das ist gar nicht so einfach, denn wir Menschen neigen zur Irrationalität. Wir lassen uns eher von Gefühlen leiten und von Meinungen anderer. So eine Aktienstrategie braucht gewissermaßen einen John Wayne Typ -  Einen der die Sache durchzieht.

Dann aber kann die Sache laufen. In meinem Unternehmen haben wir sehr gute Ergebnisse damit erzielt, genau diese Gefahren immer wieder zu umschiffen. Letztlich kam eine gute Strategie dabei heraus, die in einem Aktienfonds angewendet wird. Der Aufwand ist hoch, aber er lohnt sich.

Letztlich bleibt es jedem selbst überlassen, wie er seine Aktien auswählt. Die systematische Vorgehensweise bietet dabei Chancen, aber auch die angesprochenen Gefahren, die alles zunichtemachen können. Wer also systematisch auswählt, sollte wissen was er tut.

Risikohinweis
Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

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