Die Deutsche Bundesbank und auch die Europäische Zentralbank als ihr Rechtsnachfolger hatten bzw. haben einen klaren Auftrag zu erfüllen: Die Bewahrung der Preisstabilität. Und erst bei ihrer Gewährleistung konnte bzw. kann man sich der konjunkturellen Stützung widmen. Für die Bundesbank waren dies nie nur inhaltsleere Worte. Sie hat diese Mission stets strikt befolgt, ja geradezu legendär gelebt. Und im Zweifelsfalle hat sie die Konjunktur sogar ganz links liegengelassen. Anno dazumal zwischen 1978 und 1981 stieg der Ölpreis dramatisch von 13 auf 35 US-Dollar pro Barrel, also um über 150 Prozent. In der Folge galoppierte auch die deutsche Inflationsrate von 2,3 bis auf 7,2 Prozent. Einem drohenden, noch dramatischeren Preisschock war die Bundesbank mit der Erhöhung des Diskontsatzes von 3 auf 7,5 Prozent entschieden entgegengetreten. Und dabei nahm sie stillschweigend in Kauf, dass die deutsche Wirtschaft 1982 in die Rezession abglitt. Stabilität ging ihr über alles.
     
Die geistig-moralische Wende der Geldpolitik
 
Und heute? Nun, von dieser Purität ist bei der EZB nur noch die Fassade übrig geblieben, deren Lack aber auch schon Blätterteigeigenschaften zeigt. Nicht, dass die EZB oder ihr jetziger Chef Mario Draghi grundsätzlich etwas gegen Stabilitätspolitik hätten. Sie waren stets bemüht, sie zu befolgen, um es in Zeugnissprache zu sagen. Aber erfolgreich praktizieren können sie sie einfach nicht mehr. Der EZB kann es in der real existierenden Euro-Misere geldpolitisch nur darum gehen, theoretisch vorhandene, heiße Risiken praktisch kalt zu machen. Konkret sollen die Renditen von Staatsanleihen in Italien, Spanien & Co. gesenkt und die brennenden Bilanzen der europäischen Banken gelöscht werden. Bundesbank-ähnliche Stabilität kann da nur schmückendes Beiwerk sein.
 
Offensichtlich wird diese geistig-moralische Wende der Geldpolitik an Notenbankzinsen, die inflationsbereinigt mittlerweile im Dauerzustand negativ sind. Bei der Bundesbank war dies nur einmal und nur sehr kurzfristig der Fall. Neben der Qualität des Geldes - ihrem Preis, also Zins - ist aber auch die Quantität des Geldes - ihre Menge - bei der Inflationseinschätzung zu berücksichtigen. Seit Dezember hat Super-Mario die Banken mit Liquidität von nahezu einer Billion Euro - mit der Lappalie von Milliarden gibt man sich schon gar nicht mehr ab - geflutet. Allein mit den vorhandenen Liquiditätsreserven der Banken bei der EZB - 400 Mrd. Euro gegenüber nahezu Null in Normalzeiten - ließe sich die gesamte Wirtschaftsleistung der Eurozone mühelos noch einmal finanzieren.
 
Inflation ist der Preis für die Euro-Rettung
 
Wenn dies mal keine tickende Inflationsbombe ist. Niederschlag findet diese Liquidität nicht zuletzt im Rohstoffsektor. Die aktuell steigenden Ölpreise ziehen bereits einen Preissteigerungseffekt auch bei Lebensmitteln - denn auch sie müssen transportiert werden - nach sich. Im Grunde haben wir es sogar mit einem geldpolitischen Perpetuum Mobile Inflatione zu tun. Sollten nämlich die gestiegenen Preise den Konsumenten ihre Einkaufslaune verderben und anschließend sogar die Gesamtwirtschaft bremsen, wird die Geldpolitik noch weiter auf Happy Liquidity setzen.
 
Vorerst wird die EZB - abseits von stabilitätsrührenden Sonntagsreden ex cathedra - keine Anstalten machen, auf die qualitative oder quantitative Spaßbremse zu treten. Im Gegenteil, sie setzt die geldpolitische Völlerei trotz vorhandenen Inflationsvöllegefühls nicht nur nicht aus, sondern weitet sie noch aus. Sie will auf Nummer sicher gehen und konjunkturelle und finanzwirtschaftliche Hungergefühle frühzeitig stillen. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Inflationsbombe tickt nicht zuletzt wegen der Geldpolitik der EZB selbst.
 
Entschuldung des Staates = Entreicherung der Gläubiger
 
Ist es geldpolitische Blasphemie, wenn man sich fragt, ob Inflation nicht auch ein willkommenes süßes Instrument zur Aufhübschung der hässlichen Fratze einer überbordenden Staatsverschuldung ist? Notwendige Bedingung hierfür ist jedoch, dass die Renditen von Staatsanleihen nicht adäquat zur Inflation mitsteigen. Ansonsten würde der reale Verschuldungsabbau durch vom Staat zu zahlende, höhere Renditen konterkariert. De facto muss die Preissteigerung über den Zinsen liegen. Das ist schon gemäß offizieller Inflationsmessung der Fall. Allerdings verniedlichen die offiziellen Zahlen den Preissteigerungseffekt deutlich, da weiße und schwarze Ware über Gebühr im Warenkorb vertreten ist und die kaufhäufigen und teuren Güter wie Lebensmittel zu wenig. Diejenigen, die nicht nur von Luft und Liebe leben, müssen zur regelmäßigen Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse Essen, Trinken, Heizen oder Tanken tatsächlich tiefer in die Tasche greifen als offiziell dargestellt.
 
Die Entschuldung über die Inflation geht zu Lasten der Anleihegläubiger, die allmählich real entreichert werden. Und als Dankeschön zahlen wir auch noch Zinsabschlagsteuer. Im Gegensatz zum Anleger ist dies für den Staat ein lukratives Geschäftsmodell. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
 
Mikrokosmos dem Makrokosmos anpassen
 
Kein Vermögen hat Entschuldung via Inflation verdient. Bis Oberkante Unterlippe in Bundeswertpapieren investiert zu sein, ist keine sinnvolle Anlagestrategie. Es geht schließlich um Altersversorgung, nicht -entsorgung. Man nehme stattdessen die sachkapitalistischen Drei - Substanzaktien, Rohstoffe und Edelmetalle - und erhalte einen inflationsbekämpfenden Anlagemix.
 
Wir müssen den geldpolitischen Makrokosmos als für uns gegeben, unveränderbar hinnehmen. Aber in unserem Mikrokosmos, in unserer Anlagestrategie, können wir darauf zielgerichtet - mit Sachkapital - reagieren. Die Gedanken und das Handeln sind frei.

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