Die dreifache Katastrophe in Japan hat zu einer unvorstellbaren menschlichen Tragödie geführt. Bis dato lässt sich nur erahnen, welches Ausmaß an Schäden zu erwarten ist. Dabei stehen die Probleme im Atomkraftwerk Fukushima im Vordergrund.

 

Klare Aussagen zum Markt erschwert

Die zentralen Fragen sind, wie gravierend die Auswirkungen der Natur- und der atomaren Katastrophe auf die japanische und auch auf die Weltwirtschaft sind. Für wie lange könnten ganze Landstriche und Industrieregionen, gerade auch um Tokio, nicht mehr nutzbar sein? Und wann kann eine Erholung erwartet werden?

Mit aller Demut muss man feststellen, dass klare Einschätzungen schwer möglich sind. Was man heute sagt, kann morgen schon Makulatur sein.

Einerseits wird es davon abhängen, wie lange der Stromausfall und die davon schwer getroffene Zuliefererindustrie die Produktion in Japan und auch weltweit behindern und wie sich das auf die Exportwirtschaft Japans auswirkt. Vor allem die japanische, aber auch die internationale Automobil- und IT-Industrie sind betroffen.

Andererseits sind die Auswirkungen auf die Finanzmärkte zu berücksichtigen. In welchem Ausmaß wird man Auslandsguthaben nach Hause holen, also repatriieren, und damit die internationale Liquiditätsausstattung zurückfahren, die auch zukünftig dringend zur weiteren Erholung von Banken und Konjunktur erforderlich ist? Die Konsequenz der Repatriierung ist nicht zuletzt auch ein starker Yen, der die Exportwirtschaft Japans zusätzlich hemmt.

Schließlich steht die Bonität Japans auf dem Spiel. Die Kosten für den Wiederaufbau stellen eine extreme finanzielle Belastung für den ohnehin schon dramatisch verschuldeten japanischen Staat dar. Klar gesprochen: Schon jetzt ist die Verschuldung Japans kaum mehr beherrschbar.

Um die Katastrophe auch nur ansatzweise einzuschätzen, ist auf die Umstände des Erdbebens von Kobe zu verweisen. Dazu mehr im zweiten Teil.

 

Liquiditätshausse jetzt erst recht

Die japanische Notenbank hat umgehend nach der Katastrophe mit massiven Wertpapieraufkäufen am Renten- und auch am Aktienmarkt begonnen, um einer Verkaufspanik und steigenden Zinsen entgegenzuwirken. In dieses Horn pusten auch die EZB und selbstverständlich die US-Notenbank. Beide können jetzt, zum ungünstigsten Zeitpunkt der Schuldenkrise, keine Verschärfung ihrer Zinsbedingungen gebrauchen.

Bei aller Unsicherheit ist zumindest die ungehinderte Fortsetzung eines üppigen Liquiditätsumfelds sicher.

 

Nicht zu vergessen: Die Krise im Nahen Osten

Unterdessen halten die Unruhen im Nahen Osten und der arabischen Welt an. In Bahrain hat die Regierung die heftigen Proteste nicht mehr im Griff. In Libyen wird die Einhaltung der UN-Resolution mittlerweile mit militärischen Maßnahmen der Nato umgesetzt. Gemeinsam mit der Zuspitzung der Unruhen in Saudi-Arabien sind dies latente Risiken für die Ölversorgung und damit auch für die Weltwirtschaft.

 

Die Transferunion ist beschlossene Sache

Durch die Ereignisse in Japan weitestgehend unbemerkt, hat Euroland auf dem EU-Sondergipfel die letzten Steine auf dem Weg zur Transferunion beseitigt. Das Kreditvergabevolumen des Euro-Rettungsschirms wurde um 190 auf 440 Mrd. Euro ausgeweitet. Daneben wurden die Konditionen für die Kredite an Griechenland auf planwirtschaftliche Weise gelockert. Außerdem kann der Rettungsschirm nun auch Staatsanleihen der euroländischen Peripherie kaufen, allerdings nur bei Emission, also am Primärmarkt. Damit ist die EZB nicht der Notwendigkeit entbunden, der Peripherie am offenen, sekundären Rentenmarkt unter die Arme zu greifen, um Verwerfungen wie scharfen Renditesteigerungen vorzubeugen. Und zumindest indirekt wird die EZB damit auch daran gehindert, einen strikt inflationsbekämpfenden Kurs über Zinserhöhungen vorzunehmen. Gegenüber den Unbilden der Finanzmärkte wird Euroland damit sicherlich zunehmend in Watte gepackt. Dies geschieht aber auf Kosten der Stabilität.

 

Die aktuelle Börsenwoche

In dieser Woche gilt die hauptsächliche Aufmerksamkeit der Anleger den Entwicklungen in Japan und den Unruhen in der arabischen Welt. Relevante Marktdaten, wie die ifo-Daten oder die Verbraucherzahlen aus den USA werden vermutlich eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielen.

Nach derartig massiven exogenen Schocks muss sich der Aktienmarkt neu orientieren. Eine atomare Krise ist ein neuer Aspekt in der Marktfindung, wobei die gegenwärtig Märkte nicht von einem worst case-Szenario auszugehen scheinen. Auch die positiv fundamentalen Effekte eines abzusehenden Wiederaufbaus sollten nicht außer Acht gelassen werden. Und außerdem stellt die großzügige Geldpolitik ein anhaltendes Sicherheitselement für die Aktienmärkte dar.

Es ist also nicht plötzlich alles anders: An der positiven Langfristprognose von ca. 8 000 Punkten beim DAX bis Jahresende wird festgehalten.

Vorerst bleibt der Liveticker aber ein bedeutender Markttreiber. Die gestiegene Schwankungsbreite an den Aktienmärkten, die sich zuletzt wieder etwas abschwächte, unterstreicht dies.

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