In seinem Halbjahresbericht über die Verfassung der Weltkonjunktur sieht der IWF Abwärtsrisiken und verringert daher seine Wachstumsprognose. Für 2012 sieht er ein durchschnittliches Weltwirtschaftswachstum von 3,3 anstatt 3,4 Prozent, bevor es dann im nächsten Jahr mit 3,6 anstatt 3,9 Prozent wieder leicht bergauf geht.

 

Die Weltwirtschaft zeigt sich insbesondere von der euroländischen Dauerkrise mit ihren realwirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Unsicherheiten beeindruckt. Zudem sorgt die politische Hängepartie in Spanien über den bislang ausgebliebenen, jedoch unumgänglichen Antrag für Finanzhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm für politische Irritationen. Eine erneute Abstufung der spanischen Kreditwürdigkeit auf nun nur noch eine Stufe über Ramsch-Niveau durch die Rating-Agentur S&P ist die konsequente Reaktion. Und auch die unglaubwürdige Gesundbetung des griechischen Patienten sorgt nicht für Ruhe in der Eurozone. Denn durch die Auszahlung der nächsten Hilfstranche - das Ultimatum von Herrn Juncker zur Umsetzung der Reformen in Griechenland binnen Wochenfrist dient lediglich als Alibi zur Erhaltung der Euro-politischen Glaubwürdigkeit - wird die griechische Schuldentragfähigkeit definitiv nicht wieder hergestellt. Daher ist ein zweiter griechischer Schuldenschnitt spätestens nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr zu erwarten.

 

Vor diesem Hintergrund zeigen die Bürger Eurolands wenig Vertrauen in die Zukunft. Nicht nur Spanien und Portugal haben seit Mitte 2011 mit einer anhaltenden Kapitalflucht zu kämpfen, so dass die Bankeinlagen im Vorjahresvergleich zuletzt um 13 bzw. 7 Prozent geschrumpft sind. Auch immer mehr Franzosen suchen ihre wirtschaftlichen Vorteile im Ausland und ziehen ihre Bankeinlagen ab. Eine Kapitalflucht aus der Euro-Südzone in den Norden, hätte eine Zweiklassen-Eurozone zur Folge, die permanente Transferleistungen endgültig festschreiben würden.

 

Konjunkturell dürfen in Amerika die vom sogenannten „fiscal cliff“ ausgehenden Konjunkturrisiken nicht ignoriert werden. Denn durch die abrupten automatischen Haushaltseinsparungen von 665 Mrd. US-Dollar - auf die sich Demokraten und Republikaner zum 1. Januar 2013 geeinigt hatten - dürften seriösen Schätzungen zufolge die US-Wirtschaft im I. Halbjahr 2013 auf Jahresbasis gerechnet um 1,3 Prozent einbrechen lassen und auch die Weltwirtschaft negativ treffen. Es ist überlebenswichtig, dass sich das politische Amerika nach der Präsidentschaftswahl schnell auf eine Lösung zur Umschiffung der fiskalischen Klippe einigt. Es ist aber zu erwarten, dass Amerika diese Rezessionsgefahr in den Griff bekommt.

 

Licht am Ende des Konjunktur-Tunnels

Anscheinend werden die realwirtschaftlichen Gefahren nicht mehr so heiß gegessen. Denn die Konjunkturskepsis in der Weltwirtschaft hat nachgelassen. So hat der kombinierte Einkaufsmanagerindex für das weltweite Verarbeitende- und Dienstleistungsgewerbe - er basiert auf der Befragung von Unternehmen aus 30 Ländern, die zusammen 86 Prozent der Weltwirtschaftsleistung ausmachen - nach oben gedreht und liegt mit einem Wert von 52,5 klar über der Expansion anzeigenden Schwelle von 50. Dies deutet auf eine Stabilisierung der Weltwirtschaft bereits im Schlussquartal 2012 hin. Ein Einbruch der Weltkonjunktur wie im Krisenjahr 2009 ist nicht in Sicht.

 

Für die angeschlagenen, euroländischen Volkswirtschaften immerhin entspannend machen sich ihre - der Wirtschaftsschwäche geschuldet - nachlassenden Importe bemerkbar, die sich Schätzungen der euroländischen Statistikbehörde Eurostat zufolge in Spanien, Italien und Portugal im nächsten Jahr insgesamt wieder in Außenhandelsüberschüssen bemerkbar machen. Jetzt ist es entscheidend, über eine verbesserte preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Produkte - sinkende Lohnstückkosten - auch die Auslandsnachfrage, den Export wiederzubeleben. Frankreich ist hier das neue Sorgenkind. Nicht weniger, sondern mehr Reformaktivitäten sind erforderlich, um das Land aus der seit 2005 anhaltenden Defizitposition im Außenhandel zu befreien.

 

Die Bruttoanlageinvestitionen in Euroland - prozentual gemessen am Bruttoinlandsprodukt - haben sich seit ihrem deutlichen Abfall im Krisenjahr 2009 auf geringem Niveau stabilisiert. Sie fallen zwar nicht mehr, sind aber absolut betrachtet noch lange nicht auf dem normalen, beruhigenden Niveau der 90er-Jahre angekommen. Auch hier sind Strukturreformen, nicht Sozialromantik das A und O, um die Investitionsscheu abzubauen. Die bislang stattgefundenen Reformaktivitäten in Italien, Spanien und Frankreich sind unbefriedigend.

 

EZB & Co. werden das Kind schon schaukeln

Die internationalen Notenbanken haben ihr Sicherheitsnetz unter die Weltwirtschaft engmaschig gespannt. Es ist zu vermuten, dass sich über ihre freizügige Liquiditätspolitik die Risikoaversion abbaut und damit ein Handicap für Unternehmensinvestitionen entfällt. Mit der Geldpolitik soll nicht zuletzt die staatliche Konjunkturstabilisierung operativ vereinfacht werden. So werden die Zinsen notenbankseitig gedrückt und für den Absatz neuer Staatspapiere tragen EZB & Co. auch noch Sorge. Hier werden das Euro-Rettungsversprechen der EZB sowie die erneuten Aufkaufrunden von hypothekenbesicherten Anleihen durch die Fed ihre Wirkung nicht verfehlen.

 

Und auch in China bleibt die Notenbank in punkto Konjunkturstützung aktiv und bei der Inflationsprävention passiv. So hat die People’s Bank of China erneut beteuert, ihre Politik präventiver und zielgerichteter zu gestalten. Im Klartext bedeutet dies billigeres und mehr Geld.

 

Mit Hilfe der Geldpolitik wird über staatliche Ausgaben und eben nicht Einsparungen zukünftiges Wachstum finanziert. Nach der Wachstumsdelle in diesem Jahr ist 2013 in Amerika, den BRIC-Staaten sowie Euroland mit konjunkturellem Tauwetter zu rechen.

 

Dem entsprechend stabil zeigen sich die operativen Gewinnentwicklungen an den globalen Aktienmärkten auf Basis der MSCI Aktienindices. Trotz der Gewinnrevisionen im Vorfeld der aktuellen Berichtsaison setzen US-Aktien ihren positiven Gewinntrend fort. In den Schwellenländern sowie in Deutschland zeigt sich zumindest eine stabile Entwicklung der Unternehmensgewinne. Nur Euroland zeigt eine verhaltenere Tendenz.

 

In diesem Zusammenhang gab der Aluminiumproduzent Alcoa im Rahmen der angelaufenen Berichtsaison für das III. Quartal trotz der aktuellen Konjunkturflaute einen positiven Ausblick. Als Zulieferer für viele Schlüsselindustrien gilt Alcoa als Gradmesser für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung. So geht Alcoa mittelfristig wieder von einem anziehenden Aluminiumpreis und einer sich auch stabilisierenden chinesischen Wirtschaft aus.

 

Und was passiert diese Woche?

Auf Unternehmensebene geht die Berichtsaison in die nächste Runde. Die vier Großbanken Citigroup, Goldman Sachs, Bank of America und Morgan Stanley bekommen die Unsicherheit an den Finanzmärkten weiter zu spüren. Dagegen werden für die IT-Schwergewichte Google und IBM solide Zahlen vorausgesagt. Zudem stehen laut Analysteneinschätzungen positive Quartalszahlen der global aufgestellten Konsumgüterriesen Coca-Cola und McDonald’s auf dem Plan. Spannend wird sein, welche Ausblicke die Technologie- und Konsumkonzerne geben werden, denn auch diese Unternehmen sind bedeutende Gradmesser der konjunkturellen Zukunft.

 

Auf Markoebene wird auf dem anstehenden EU-Gipfel der spanische Rettungsantrag in die Wege geleitet und die Versorgung des griechischen Patienten mit der nächsten Hilfstranche sicher gestellt. Die „Romanische Währungsunion“ als Schuldengemeinschaft wird damit weiter vorangetrieben.

 

In Amerika unterstreichen die Daten vom US-Immobiliensektor erneut ihre stabilisierende Wirkung für die US-Wirtschaft. Die US-Baubeginne und -genehmigungen legen weiter zu und auch der Wohnungsmarktindex wird sich weiter erholt haben. Zudem zeugt der Einkaufsmanagerindex der Philadelphia Fed von einer allmählich aufgehellten Stimmung im bedeutenden Verarbeitenden Gewerbe der Region um Philadelphia. Bei den ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland ist interessant, inwiefern die teilnehmenden Analysten ihre Aufwärtsstimmung für die deutsche Wirtschaft aufrechterhalten haben.

 

Aus charttechnischer Sicht dürfte es zu einer signifikanten Korrektur kommen, wenn im DAX die Unterstützung bei 7194 Zählern unterschritten wird. Darunter liegen weitere Auffanglinien im Bereich um 7100 und an der psychologisch wichtigen Marke bei 7000 Punkten. Die nächste Unterstützung liegt dann an der unteren Begrenzung des Aufwärtstrendkanals bei 6934 Punkten.

 

Auf der Oberseite liegt der erste Widerstand im Bereich um die 7400 Punkte. Bei einer Stabilisierung darüber tritt das Kursziel am September-Hoch bei 7478 Zählern in den Vordergrund, bevor der DAX die nächsten Hürden zwischen 7523 und 7553 sowie 7600 Punkten in Angriff nimmt.

 

Grundsätzlich ist eine Konsolidierung zwar möglich. Ihr Ausmaß sollte aber begrenzt bleiben, weil Geldpolitik, konjunkturelle Stabilisierung und noch mangelnde Aktienquoten in vielen institutionellen Depots dem widersprechen. Bis zum Jahresende sind beim DAX bis zu 8000 Punkte möglich.

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