Die direkten und indirekten Folgen des Krieges in der Ukraine und der damit einhergehenden Sanktionen lassen sich nur bruchstückweise absehen. Es beginnt mit der Explosion der Energiepreise, die für sich alleine bereits dramatische Auswirkungen auf nahezu alle Wirtschaftszweige, Unternehmen und Verbraucher hat. Dazu kommen weitere direkte Lieferengpässe in Bereichen wie Lebensmittel (ukrainischer/russischer Weizen und Soja), Nickel oder Stahl.

Aber auch eher exotische Produkte können ganze Kettenreaktionen auslösen. So steht aufgrund der militärischen Lage 30 % der Weltproduktion des Edelgases „Neon“ in den ukrainischen Städten Odessa und Mariupol derzeit still. Neon wird für die Fertigung von Lasern benötigt, diese wiederum für die Herstellung von Flachbildschirmen, Halbleitern und Computerchips. Der Ausfall der Neon-Produktion wird die ohnehin angespannten just-in-time-Lieferketten im High-Tech-Segment weiter unter Druck bringen.

Wenn es kommt, dann meist dicke. So hat ausgerechnet in dieser Situation China erneut die 17-Mio-Metropole Shenzhen – das Herz der chinesischen Tech-Produktion- wegen Corona-Ausbrüchen in wesentlichen Teilen stillgelegt. All diese – hier nur exemplarischen – Entwicklungen verketten sich und treffen mit ihren Auswirkungen auf die nach zwei Jahren Covid-Krise ohnehin höchst fragile Weltwirtschaft.

Für die kommenden Monate ist das wahrscheinlichste Szenario die Stagflation. Weiter steigende Preise bei einbrechender Weltwirtschaft und Unternehmensgewinnen. Die schlechteste aller Konjunkturlagen sowohl für die Bürger als auch die Börse. Diese Stagflation verschärft überdies auch die Probleme am chinesischen Immobilienmarkt („Die größte Blase der Weltwirtschaftsgeschichte“). Steigende Rohstoffpreise und fehlendes Material bremsen jede Bautätigkeit genauso wie sinkende Einkommen aufgrund schlechter allgemeiner Wirtschaftslage.

Am chinesischen Tech-Aktienmarkt erleben wir bereits den größten Crash seit Jahrzehnten. Die Aktien des chinesischen Technologieindex HSTECH sind seit ihrem Höchststand 2021 um 70 % eingebrochen. Im Vergleich dazu hält sich der amerikanische Technologieindex Nasdaq 100 mit minus 20 % seit Jahresanfang noch vergleichsweise gut, was aber nur Wenigen –bislang recht stabilen - hochgewichteten Aktien wie Apple und Microsoft zu verdanken ist. Zahlreiche bekannte „Namen“ haben auch hier bereits um die 70 % verloren.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber aufgrund der oben angerissenen wirtschaftlichen und politischen Ausgangslage – verbunden mit der erklärten Absicht der Notenbanken, die Situation diesmal zu verschärfen statt zu retten – müssen wir auch an den westlichen Aktienmärkten für die kommenden Monate auf das Schlimmste vorbereitet sein.

Genau das sind wir bereits seit geraumer Zeit, wie Sie wissen. Wir werden weiterhin die Absicherung des Depots auf dem hohen Niveau belassen. Wir konnten mit dieser Vorgehensweise bereits die Einbrüche 2016, 2018 und 2020 schadlos überstehen und auch in diesem Jahr haben wir die bisherige Crashphase ohne Schrammen überstanden und stehen fast unverändert zum Jahresbeginn. Das soll bis auf Weiteres so bleiben, um die Anlegergelder bestmöglich und ohne größere Schäden durch diese extreme Weltlage zu bringen.

Was wir derzeit – noch immer in seinen Anfängen – erleben, ist jener große Börsensturm, den wir von Beginn an erwartet haben. Durch diesen gilt es möglichst unbeschadet durchzukommen. Erst nach diesem Großereignis kommt für uns die Zeit um die Absicherung sukzessive zu lösen und die bisher doch oft schmerzlich vermissten Gewinne einzufahren. So war es von Beginn an geplant und so werden wir es auch weiterhin umsetzen.

Auch die Zinsmärkte preisen die Stagflation zunehmend ein.

Die US-Leitzinsen werden wohl bereits bei der nächsten FED-Sitzung am 16.03.22 angehoben. Der Markt geht aktuell von 25 Basispunkten aus. Die Zinskurve wurde in den letzten Tagen immer flacher. Die sonst deutlich niedrigeren Zinsen kurz laufender Anleihen nähern sich dabei immer mehr den sonst höheren Zinsen langlaufender Anleihen an. Der Abstand zwischen den zweijährigen und zehnjährigen US-Staatsanleihen beträgt nur noch 24 Basispunkte.

Nach der Zinsanhebung wäre die Kurve sogar invers (Es ist teurer sich kurzfristig Geld zu leihen als langfristig). Inverse Zinskurven haben in der Vergangenheit mit hoher Zuverlässigkeit Rezessionen angekündigt. Rezession bei gleichzeitiger Inflation ist die schon erwähnte und gefürchtete Stagflation.

Die europäischen Märkte werden durch die erheblichen Unsicherheiten bislang mehr in Mitleidenschaft gezogen als die US-Märkte. Es kommt hinzu, dass die Aktienrückkäufe der US-Unternehmen für eine gewisse Stabilität in Relation zu den europäischen Märkten sorgen. Laut Goldman Sachs haben US-Unternehmen für 2022 ein historisches Rückkaufprogramm für eigene Aktien beschlossen. Bis zu einer Billion (Trillion) USD Aktien der eigenen Unternehmen sind in der Planung der einzelnen Gesellschaften. Zum aktuellen Zeitpunkt schätzt Goldman, dass bereits 238 Mrd. USD getätigt worden sind. Das ist eigentlich reine Kurskosmetik ohne Bezug zum Unternehmenserfolg (rechte Tasche, linke Tasche), diese ist in diesen Tagen von vielen Investoren aber gerne genommen. Gleichzeitig steigen die netto Verkäufe von global angelegenen Fonds, was vor allem bei europäischen Aktien für Verkaufsdruck sorgt. Die Schlussfolgerung ist also eine relative Outperformance von US-Aktien gegenüber Aktien aus dem Euroraum.

Das kommt uns zugute, da wir genau in diesen bilanz- zukunftsstarken Unternehmen investiert sind. Wir haben stets aus gutem Grund – wie man heute gut nachvollziehen kann – auf jegliche russischen oder chinesischen Aktien verzichtet und auch unser Europa-Anteil liegt bei nur 13 %. Wir somit sind für die laufenden Turbulenzen stabil aufgestellt.

Der S&P 500 ist im Berichtszeitraum 21.2. bis 14.3. um 4,04 % gefallen. Seit Jahresbeginn summiert sich ein Minus von zwölf Prozent. Stabilisierend wirkten hier natürlich Energieunternehmen und Rüstungsaktien.

Der technologielastige Nasdaq 100 sackte seit 21.2. um 6,87 % ab, was ein Jahresminus von 20 % ergibt.

Unser Vergleichsindex MSCI World Value Net (EUR) verlor aufgrund der Euroschwäche nur ganz leicht von 147,03 auf 146,78.

Der Dirk Müller Premium Aktien Fonds konnte um 0,48 % auf 90,74 Euro zulegen und liegt nahezu unverändert zum Jahresbeginn.

Anbei einige ausgewählte Kommentare zu den Quartalszahlen unserer Einzelaktien.

Applied Materials

Halbleiter sind das Salz in der Suppe und Applied Materials entwickelt, produziert und vertreibt Equipment zur Herstellung von Halbleiterscheiben. Der Gesamtumsatz im ersten Quartal 2022 (endete 30.01.2022) lag bei 6,27 Mrd. USD oder rund 21 % über dem Vergleichswert aus Q1 2021. Der Bruttogewinn wurde mit fast drei Mrd. USD beziffert. Dies entsprach einer Marge von 47,2 %, nach noch 45,5 % im Vergleichszeitraum. Der operative Gewinn betrug 1,98 Mrd. USD was einer Marge von 31,5 % entsprach. Netto wurden rund 1,8 Mrd. USD bei einer Marge von 28,6 % verdient. Der Free Cashflow lag bei 2,5 Mrd. USD, also rund doppelt so hoch wie noch im ersten Quartal 2021. Das Management ist zuversichtlich, denn Applied Materials profitiert mit seinen Produkten nicht nur von der kurzfristig steigenden Halbleiternachfrage.

Straumann Holding

Das Schweizer Dentalimplantate- und Dentalästhetik-Unternehmen Straumann hat seine Zahlen zum abgelaufenen zweiten Halbjahr 2021 bzw. zum Gesamtjahr 2021 vorgelegt.

Mit einem Umsatz von 2,022 Mrd. CHF lag dieser 41,8 % über dem Vorjahr (1,426 Mrd. CHF). Der Bruttogewinn wurde mit 1,54 Mrd. CHF, die Marge mit 76,2 % beziffert. Das EBIT betrug 543 Mio. CHF nach noch 157 CHF im Geschäftsjahr 2020. Die Marge verbesserte sich deutlich von elf Prozent auf 26,8 %. Im Nettoergebnis verbuchte man einen Gewinn von 399 Mio. CHF nach 92 Mio. CHF. Der Free Cashflow lag bei 441 Mio. nach noch mageren 295 Mio. CHF im Jahr 2020.

Mit diesen Ergebnissen hat Straumann die Erwartungen der Analysten in etwa erreicht. Sie hatten im Vorfeld aufgrund des Abflauens der Pandemie bereits mit einem stärkeren Wachstum gerechnet.

Die Lage bleibt weiter angespannt und wir werden mit extremen Kursbewegungen der Börsen in den kommenden Monaten rechnen müssen. Schwere Abverkäufe sind ebenso zu erwarten wie steile Gegenreaktionen. Wir werden unser möglichste tun diese Phase stabil auszutarieren, um nach durchstandenem Sturm von den enormen Chancen danach profitieren zu können. Was man jetzt nicht verliert, muss man später nicht aufholen. Nicht wenige Fonds haben bereits jetzt die erst kürzlich gefeierten Kursgewinne der letzten beiden Jahre vollständig abgegeben.

Ich wünsche uns allen von Herzen eine baldige Wende zu einer friedlicheren Entwicklung an den Börsen, zuvorderst aber natürlich an der politisch-militärischen Situation im Herzen Europas, denn welche Bedeutung hat alles Geld angesichts des Leids so vieler Menschen.

herzlichst

Ihr

Dirk Müller & Fonds Team

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"