Trotz Störmanövern von der Handelsfront bleibt die Geldpolitik die Gewähr für stabile Aktienmärkte.

Die Sorgen der Fed vor der inversen Zinsstrukturkurve

Trotz laut Fed „starker“ US-Konjunktur - im zweiten Quartal mit 4,1 Prozent das stärkste Wachstum seit Ende 2014 - hat sie ihren Leitzins erwartungsgemäß bei 2 Prozent belassen.

Die Fed ist sich bewusst, dass ihre bislang sieben Zinserhöhungen allmählich konjunkturschädliche Wirkung entfalten. Dabei kann sie ebenfalls die Risiken eines Handelsstreits nicht ignorieren. Darauf geht sie allerdings im aktuellen Monetary Policy Statement nicht ein, um der Forderung von US-Präsident Trump nach niedrigeren Zinsen keine geldpolitische Akzeptanz zu verleihen. Immerhin geht es um ihre Unabhängigkeit.

Die Aufmerksamkeit der Fed gilt zunehmend der US-Zinsstrukturkurve, dem Verhältnis von lang- zu kurzfristigen Renditen am US-Anleihemarkt. Die Renditedifferenz von 10- abzüglich 2-jährigen Staatsanleihen ist von 2,65 Ende 2013 auf zuletzt knapp 0,3 Prozentpunkte gefallen. Eine sich über deutliche Leitzinserhöhungen weiter verflachende oder sogar inverse Zinsstrukturkurve wollen zahlreiche Fed-Vertreter verhindern, denn sie birgt die Gefahr eines Wirtschaftsabschwungs. Wenn sich die Margen bei kurzfristiger Geldaufnahme und langfristiger -vergabe verengen, halten sich Banken grundsätzlich mit Kreditengagements zurück.

Tatsächlich hat die Investitions- und Geschäftsplanung der US-Industrie ihren Zenit bereits überschritten. Hier kommt die Erwartung einer zukünftigen Wachstumsverlangsamung zum Ausdruck.

Angesichts einer kreditunfreundlichen Zinsstrukturkurve neigt ebenso der amerikanische Immobilienmarkt zur Schwäche. Baugenehmigungen und -beginne haben ihren Zyklusgipfel verlassen.

Trotz ihrer Allmacht ist die US-Notenbank ziemlich ohnmächtig

Nicht zuletzt hat die Fed die apokalyptische Verschuldung Amerikas im Blick. Und Besserung ist nicht in Sicht: Das Planungsbüro des US-Kongresses geht davon aus, dass die Haushaltsdefizite in den nächsten zehn Jahren bei durchschnittlich fünf Prozent der Wirtschaftsleistung liegen werden. Während also Präsident Trump sein Amt mit 20 Billionen Staatsschulden übernommen hat, würde er es 2024 bei Wiederwahl mit ca. 30 Billionen abgeben.

Daneben hat auch die private Verschuldung neue Höchststände erreicht. Vor diesem Hintergrund kann eine zu harte Geldpolitik der Fed zu einer Schuldenkrise führen. Eine Wiederholung von 2008 mit allen real- und finanzwirtschaftlichen Folgen will niemand.

Die Fed dürfte beim Sitzungstermin im September neben einer ohnehin erwarteten Leitzinserhöhung auf dann 2,25 Prozent ihre Wortwahl vermutlich von „akkommodierend“ auf „neutral“ abändern. Damit signalisiert sie eine zukünftig abnehmende Geschwindigkeit von Zinserhöhungen. Zur Illustration dieser „neuen“ Zinspolitik wird es ab 2019 nach jeder Notenbanksitzung eine Pressekonferenz geben. Insgesamt sind damit Sorgen über eine zukünftig verschärfte Zinserhöhungspolitik unangebracht.

Potenzielle Inflationsanstiege werden auch zukünftig nicht adäquat ausgeglichen. Gegenwärtig ist der reale US-Notenbankzins - nach Abzug der Inflation - sogar niedriger als zu Beginn des aktuellen Zinserhöhungszyklus. Selbst die restriktive Liquiditätspolitik der Fed findet wenig Niederschlag. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen ist heute real deutlich geringer als zu Beginn des „Tapering“ der Fed. Dies ist erstaunlich, da es beim Tapering darum ging, den Finanzmärkten nur weniger neue Liquidität zuzuführen, während mittlerweile Finanzmittel netto - wenn auch überschaubar - abgezogen werden.

Üppig, üppiger, japanische Geldpolitik

Trotz einer beispiellos üppigen Zins- und Liquiditätspolitik hat Japans Notenbank noch keinen Ausweg aus der Deflation gefunden. Im Gegenteil, im Zuge gesenkter offizieller Inflationsprojektionen (2018 1,1 statt 1,3; 2019 1,5 statt 1,8; 2020 1,6 statt 1,8 Prozent) stellt sie die Weichen für eine noch lange ultralockere Geldpolitik.

Zwar toleriert die japanische Notenbank zukünftig Abweichungen der bei null verankerten Rendite 10-jähriger japanischer Staatsanleihen bis 0,2 statt wie bisher 0,1 Prozentpunkte nach oben. Doch suggeriert dies keine auch nur im Ansatz restriktivere Geldpolitik. Mit einer insofern etwas steileren Zinsstrukturkurve will die Notenbank die Ertragslage japanischer Banken über Fristentransformation - zinsgünstige kurzfristige Geldaufnahme und höherrentierliche längerfristige Anlage - stärken. Der Margenverbesserung dient ebenso das gesenkte Volumen von Einlagen der Banken bei der Zentralbank, auf das der negative Einlagenzins erhoben wird.

Die dramatische japanische Staatsverschuldung verträgt nie mehr eine klar restriktive Geldpolitik. Ansonsten ist die Finanzstabilität Japans beendet.

Bei merklichen Renditeanstiegen will die Bank of Japan aber sofort handeln. Ohnehin bleibt ihre Liquiditätspolitik ultraoffensiv. An ihrem Richtwert von jährlichen Anleihekäufen im Volumen von rund 80 Bill. Yen hält sie unbeirrt fest. Mit über 40 Prozent aller japanischen Staatstitel in ihrem Besitz bleibt sie ein planwirtschaftlicher Zinsmanipulator. Der geldpolitischen Üppigkeit verleiht sie mit dem expliziten Bekenntnis Nachdruck, den Leitzins „für längere Zeit“ auf negativem Niveau von minus 0,1 Prozent zu belassen.

Die Bank of Japan steht zunehmend in der Kritik, den Tokioter Aktienmarkt zu verzerren. Tatsächlich, besaß sie Ende 2016 bereits einen Anteil an japanischen Aktien-ETFs in Höhe von 65 und Ende 2017 74 Prozent, liegt ihr Besitz aktuell bei fast 80 Prozent. Daher wird sie ihre Käufe zukünftig stärker auf den marktbreiten Aktienindex Topix (4,2 statt zuvor 2,7 Bill. Yen) und weniger stark auf den enger gefassten Nikkei-Aktienindex (1,5 statt zuvor 3 Bill. Yen) ausrichten.

Insgesamt bleibt die Notenbank jedoch der entscheidende Ankerinvestor für den heimischen Aktienmarkt. Wegen ansonsten massiver Markteintrübungen mit anschließenden Stimmungsverschlechterungen in der Realwirtschaft kann Japan sein Aktienengagement nicht mehr zurückziehen.

Marktstimmung und Charttechnik - Weder Fisch noch Fleisch

Die Angst vor einer Verschärfung im Handelskonflikt zwischen den USA und China bleibt ein Reizthema. Trumps neuerlicher Versuch, China mit der Androhung höherer als bislang geplanter Strafzölle von nun 25 Prozent auf Waren im Volumen von 200 Mrd. US-Dollar zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen, beantwortet Peking seinerseits mit der Ankündigung „unausweichlicher“ Gegenmaßnahmen.

Vor diesem Hintergrund kommen zwar positive Signale vom weltgrößten Baumaschinenhersteller Caterpillar, einem zuverlässigen Gradmesser der Weltkonjunktur. Und im Rahmen der Berichtsaison für das II. Quartal 2018 präsentierte das Unternehmen sogar einen verbesserten Jahresausblick. Doch ist der Abwärtstrend der Umsätze noch nicht gebrochen.

Immerhin signalisieren die derzeit geführten informellen Handelsgespräche zwischen China und Amerika Verhandlungsbereitschaft. Vor der Kongresswahl am 6. November bestehen jedoch kaum Chancen auf eine Lösung. Auf das Thema „Außenhandel“ will Trump im Wahlkampf nicht verzichten, nachdem er sich hier mit der EU zumindest „versöhnt“ hat. Nach der Wahl werden sich aber die Wogen glätten. Selbst die Trump-Administration wird auf günstige Vorprodukte aus China ebenso wenig verzichten wollen wie auf die kaufkräftigen auch landwirtschaftlichen Absatzmärkte im Reich der Mitte.

Grundsätzlich zeichnet sich der Aktienmarkt durch Steherqualitäten aus. Die Anleger rechnen damit, dass jede Krise, die die Weltkonjunktur und das Finanzsystem theoretisch nachhaltig schädigen könnte, von der Geldpolitik praktisch besänftigt wird.

Auf der Stimmungsebene ist die Skepsis hinsichtlich der zukünftigen Aktienmarktentwicklung tatsächlich zurückgegangen. Von Euphorie, die eine Überhitzung an den Aktienmärkten anzeigen würde, sind wir jedoch weit entfernt. Denn während sich in Deutschland private und institutionelle Anleger in den vergangenen Tagen extrem stark gegen fallende Kurse abgesichert haben, notiert die Investitionsquote der US-Profis noch immer auf einem vergleichsweise moderaten Niveau.

Über den Sommer ist mit einem Seitwärtstrend an den Aktienmärkten zu rechnen, bevor im Herbst die (Handels-)Karten auftrumpfen werden.

Charttechnisch liegen beim DAX auf dem Weg nach oben die ersten Widerstände bei 12.702 und 12.951 Punkten. Werden diese erfolgreich überschritten, ist eine weitere Barriere bei 13.033 anzutreffen, bevor der Index Fahrt auf die Marke bei 13.301 nimmt. Kommt es zu Kursverlusten, ist mit Rücksetzern bis zu den Unterstützungen bei 12.450 und 12.399 zu rechnen. Werden diese unterschritten, liegen weitere Haltelinien bei 12.125 und 12.104 sowie knapp darunter bei 12.067 Punkten.

Der Wochenausblick für die KW 32 - Hat die US-Inflation ihren Zenit überschritten?

In China kommen konjunkturelle Bremseffekte der von den USA verhängten Strafzölle in schwächeren Im- und Exportzahlen für Juli zum Ausdruck. Auch in Japan dürfte die Wirtschaft im II. Quartal laut BIP-Zahlen eine Durststrecke durchlaufen haben.

In den USA deuten nahezu unveränderte Preisdaten für Juli auf einen allmählich abebbenden Inflationsdruck hin.

In der Eurozone deuten die vom Finanzdatenanbieter Sentix ermittelten Konjunkturerwartungen für die nächsten sechs Monate auf eine schwächere Wirtschaftsentwicklung hin. In Deutschland unterstreicht der Dreiklang aus Industrieaufträgen, -produktion und Exporten im Juni die momentane Konjunkturdelle.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

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