Es gibt bemerkenswerte Verdrehungen in der großen Vertriebsmaschine, die gerne mit dem Finanzmarkt verwechselt wird. Zunächst einmal sollte man diese beiden Dinge trennen, den Vertrieb und die Realität. Es gibt den realen Finanzmarkt, dessen Zweck lediglich in der Bereitstellung der Möglichkeit von Transaktionen liegt und den es ebensowenig wie den lieben Gott interessiert ob jemand mehr oder weniger Geld in der Tasche hat.

Diese neutrale Instanz, die gerne für alles finanzielle Elend verantwortlich gemacht wird, dass so mancher Anleger in den letzten Jahren zu spüren bekam, ist nur ein Sündenbock. Interessanterweise kommt der andere Teil, den man hinterfragen sollte, meist ungeschoren davon.

Die Rede ist von der gewaltigen Vertriebsmaschine, deren Mitglieder sich gerne mit dem Begriff „Berater“ schmücken nicht selten aber mit der Bezeichung „Verkäufer“ aber treffender beschrieben werden. Natürlich gibt es auch fachlich gute und aufrichtige echte Berater, eine großer Teil ist aber vor allem mit der Erfüllung interner Etragsziele beschäftigt, was aus Gründen der persönlichen Finanzen nachvollziehbar sein mag, aber nicht immer zum Ziele des Kunden führt.

Angesichts der immer noch teils absurden Gebührenstrukturen vieler Produkte ist der Grund für das Verfehlen der Ertragsziele oftmals eben in diesen Kosten zu finden. Als zweites oft noch schwächeres Glied in der Kette steht sich Kunde oft selbst im Weg.

Vor allem geradezu lächerliche kurze Betrachtungsfristen der eigenen Vermögensanlage führen zu den üblichen Debakeln. Oben kaufen, unten verkaufen und das Prozedere dann über verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Immobilien oder Gold wiederholen. Kein Plan, keine Idee und viel Hoffnung sind an den Finanzmärkten ein tödlicher Cocktail. Man sollte sich besser davon verabschieden, dass man an den Börsen dieser Welt durch die Einrichtung eines Lastschriftauftrags für den „Fondssparplan“ locker und ohne Nachzudenken jährlich eine auskömmliche Rendite erzielt.

Es gibt Zeiträume da klappt das, wie im gigantischen Bullenmarkt zwischen 1982 und 2000, und es gibt Phasen, da gewinnt man keinen Pfennig. Warum sollte das auch anders sein. Das berühmte free lunch gibt es weder für Day Trader noch für Dauersparer.

Acht Prozent pro Jahr fürs Nichtstun ist aber wohl zu verlockend, als das man von diesem Traum Abstand nehmen möchte. Wenn dann noch der Staat das Ganze gutheißt, dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Man sollte sich fragen, was wohl mit einer 1985 eingeführten Riester-Rente in Tokio passiert wäre.

Tritt ein solches Szenario ein und der Staat ist vorher noch ganz besonders sozial auf die absurde Idee einer Staatsgarantie für die „kapitalmarktbasierte“ Rente auszusprechen, dann kann man gleich die Druckerpressen warmlaufen lassen. Aber an das Rattern dieser Dinger haben wir uns schon so gewöhnt, dass es viele für normal halten.

Warum hat man früher eigentlich für den Wohlstand arbeiten müssen? Man war wohl einfach zu dumm. Für den globalen Wohlstand scheint die Druckerschwärze dann zwar doch nicht auszureichen, aber ein paar Inkonsistenzen in der Geschichte gibt es ja auch in jedem Netflix-Filmchen, warum sollte die Realität da eine Ausnahme machen.

Es geht um Gebühren, Gebühren, Gebühren. Es sollen stellenweise sogar noch Ausgabeaufschläge existieren. Das Problem an Gebühren ist, sie werden (noch nicht) derart sauber ausgewiesen, dass die Leistung der Fondsmanager sauber gewürdigt werden kann. Auch in diesem Segment gibt es gute und schlechte Leistungen, aber gegen die aktuell noch vorherrschenden Kosten kann kaum ein Manager ankämpfen.

Die Alternative, mehr Risiko einzugehen, um die im Vergleich zu den erzielbaren Renditen hohen Gebühren wieder hereinzuholen ist ein gefährlicher Pfad. Mehr Risiko bietet zwar die Chance auf mehr Ertrag, aber zunächst einmal ist mehr Risiko nur mehr Risiko. So kann der Kunde größeren Risiken ausgesetzt sein, als er das eigentlich gerne hätte. Mit debilen Kategorisierungen von „1“ für risikoarm bis „5“ für risikobewusst kommt man nicht weiter.

Angesichts der Absurdität derartiger Maßnahmen kann man nur den Bildungsstand der Regulierer hinterfragen. Allein der Ansatz, eine Assetklasse generell als „sicher“ und eine andere als „riskant“ zu klassifizieren zeigt eine Ignoranz von beachtlichem Ausmaß. Fällt der DAX über Nacht auf 2000 und steigt der Bund über Nacht auf 180 dann ist die Einstufung beider Assets nicht anders, als wenn der DAX bei 11.000 und der Bund bei 120 steht? Bizarr.

Es gibt keine schlechte Assetklassen, es gibt nur schlechte Preise. Das Risiko einer Anlage muss sich am Preis bemessen, eine Erkenntnis, die jeder Trader versteht, aber offenbar in anderen Etagen kein Gehör findet. Mittlerweile greift diese Einstellung Preise zu ignorieren auch auf den Immobilienmarkt in Deutschland über. Die selben Experten, die vor Jahren behaupteten, die Zinsen könnten nicht weiter fallen sagen jetzt sie könnten nicht steigen und die Häuserpreise in A- bis Z-Lagen könnten nur steigen. Liegen diese Experten bei den Zinsen falsch, dann darf man auf die Metamorphose von Teil zwei der Prognose gespannt sein.

Wir tippen darauf, dass man sich bei einem Preisrückgang von 30% das Ganze mit dem Spruch schönredet, man wohne schließlich in dem Haus. Richtig, aber in einem Haus zu wohnen macht auch nicht weniger Freude, wenn man statt 600.000 Euro nur 400.000 Euro auf den Tisch gelegt hat. Aber das ist natürlich Geschmackssache.

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