Unsere westlichen Volkswirtschaften sind vom Wachstum abhängig wie der Fisch vom Wasser. Gerät ein Land in den Abschwung, muss der Staat sofort dagegen halten, um aus einer Rezession keine Depression zu machen, die auf der Straße zu brennenden Autos und fliegenden Pflastersteinen führt.

 

Dem wirtschaftlichen Trübsinn also ein Ende. So hat es die westliche Welt auch damals nach der Lehman-Pleite gemacht, nein, machen müssen. Die Zuwächse an Neuschulden waren nie größer als 2009. Aber nur durch dieses beherzte Ausgeben von Geld - das die Staaten nicht hatten - konnte das Euro-Vaterland vor dem Kollaps bewahrt werden. Es war ein klassischer Pyrrhus-Sieg: Denn so einfach wird uns eine kraftvolle Euro-Rettung über Schulden nicht mehr gelingen, da Spanien oder Italien an ihre Leistungsgrenze in punkto Staatsschuldenbedienung gestoßen sind und Länder wie Griechenland, Portugal und Irland diese längst überschritten haben und Aufbauspritzen brauchen.

 

Wie springt der Reformmotor an? Si, Si, Si, No.

 

Daher müssen der Konjunktur in den Euro-Ländern frühzeitig Stützräder angeschraubt werden, damit es erst gar nicht so weit wie 2009 kommt. Einfacher gesagt als getan. Denn wie umschifft man Rezessionsklippen, wenn Länder wie Frankreich und Italien Strukturreformen schlunzen lassen, damit Unternehmensinvestitionen als der eigentliche Treiber einer Volkswirtschaft ausbleiben, insofern keine Arbeitsplätze geschaffen werden und schließlich die Konsumnachfrage aus dem letzten Loch pfeift? Seit Einführung des Euros sind in Frankreich bereits 700 Tausend Jobs in der Industrie verloren gegangen. Eigentlich - so leid es mir tut - ist Frankreich das wirtschaftliche enfant terrible der Eurozone.

 

Na, wenn schon, wenn also alle wirtschaftlichen Stricke reißen, dann machen wir es eben so wie immer, nach alter Väter Sitte, mit Schulden: „Ist die konjunkturelle Not am größten, ist der Staat am nächsten“. Immerhin ist Euroland in Not, ist es doch im III. Quartal erneut in die Rezession geschlittert. Also auf sie - die Wirtschaftskrise - mit Gebrüll, ich meine neue Schulden. Aber Halt, hier gibt es ja neuerdings einen Zirkelbezug. Mehr Schulden kann der Staat mit seinen finanziell weichen Knien ja gar nicht mehr tragen. Aus genau diesem Grund will man doch Sparen.

 

Aber Sparen? Was für ein schreckliches Wort, das da den Gehörgang der gewählten Politiker erreicht. Denn wer spart, verliert doch, auch beim Wirtschaftswachstum: Jeder Euro, den der Fiskus spart, stutzt das Wirtschaftswachstum um einen bis eineinhalben Euro. Die Formel ist sehr einfach: Keine Staatsverschuldung = kein Wachstum = weniger Perspektive = Rabatz in den Straßen.

 

Im Extremfall ist jede Gesellschaft nur drei Mahlzeiten von der Anarchie entfernt

 

Apropos Wachstum, Perspektive, Arbeitsplätze, Einkommen, das sind die Dinge, auf die es den Menschen offensichtlich sehr ankommt. Und wenn man das nicht mehr geboten bekommt? Der Tag des Zorns, der vor einigen Tagen Millionen auf die Straßen in Rom, Madrid, Lissabon und Athen erscheinen ließ, spricht hier nicht nur Bände, es ist die Brockhaus Enzyklopädie.

 

Sparen - so sehr man sich das als Deutscher auch wünschen mag - frisst in der Euro-Südzone Perspektiven auf. Dann kann man auch den Fröschen die Tümpel trocken legen.

 

Der Schuldendeckel wird von der EZB bezahlt

 

Es ist hart und schmerzlich, aber auch leider sicher: Neue Schulden braucht das Euroland. Richtig, sie sind von den Staaten nicht mehr zu tragen. Aber einer trage des anderen Last. Und der eine ist die EZB. Sie wird den Deckel für neue Schulden gemäß „Money for nothing“ von den Dire Straits zahlen müssen. Es bleibt der fromme Wunsch, dass man mit von der EZB finanziertem, schuldentrunkenem Wachstum als Gegenleistung auch hart an Reformen im Club Med arbeitet. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

Also, ist die konjunkturelle Not am größten, ist der Staat am nächsten, weil die EZB direkt neben ihm steht.

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