Zum Jahresende gibt es von Analysten üblicherweise Prognosen. Heute mache ich es anders und trage meinen Wunschzettel für das neue Börsenjahr vor.

Zunächst wünsche ich mir, dass der durch viel Geld gesponserte Konjunkturaufschwung Steherqualitäten ausbildet und dem Arbeitsmarkt damit das Schlimmste erspart bleibt. Hier schließt sich aber auch sofort Wunsch zwei an. Die Konjunkturgesundbeter der US-Notenbank werden ihre Aufbauspritzen vermutlich zu lange und zu hoch dosieren, um nach  alter Fed-Vätersitte solange fluten bis der letzte Wirtschaftspessimist ertrunken ist. Als Kollateralschaden werden Finanzblasen und Inflation grundsätzlich nicht zu verhindern sein. Ich hoffe sehr, dass Euroland der Happy Bubble-Strategie der USA entgegen stinkt und die EZB mit einem klug gewählten Ausstiegszeitpunkt aus der Liquiditätsparty die größten Blasenprobleme zumindest bei uns verhindert. Dazu soll Euroland -  mein dritter Wunsch - sein Kampfgewicht in der Finanzwelt behalten. Die Euro-Großfamilie muss hier Stärke zeigen und ihren Beziehungsstress mit dem über die Strenge schlagenden Onkel Aristoteles aus Griechenland lösen und ihm mit einer zeitweise kräftigen Aufweichung der Stabilitätskriterien oder mit Taschengelderhöhungen seitens der Mutter EZB aus der Finanzklemme helfen. Dem armen und perspektivlosen Onkel selbst kann aktuell man nicht in die Tasche greifen. Und auch seine Nichten und Neffen haben bei den Großprotesten in Athen sicher nicht für weiße Weihnachten demonstriert. Geht es dem griechischen Familienstrang wieder besser, wird man aber diese Wohltaten mit einem langfristigen Schwur auf die eurofamiliäre Finanzdisziplin zu danken haben. Bei Hartz IV nennt man so etwas Fördern und Fordern. Grundsätzlich muss die knubbelige Euro-Verwandtschaft - wenn auch oft mit einer Faust in der Tasche - fest zusammen halten. Denn würde ein Familienmitglied verstoßen, hätten die Finanzmärkte als böse Nachbarn leichtes Spiel, den nächsten Familienstreit vielleicht mit Tante Esmeralda oder Onkel Patrick auszulösen. Die Groß- würde dann schnell zur Kern-Familie. Im Übrigen hätte das Familienoberhaupt Deutschland von einer Eurosklerose am wenigsten: Ist die Familie klamm, hat sie auch kein Geld für deutsche Maschinen, Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald oder bayerisches Weißbier. Zudem würde ein Rückfall in die saft- und kraftlose Patchwork-Familie das Finanzruder weiter allein dem stabilitätspolitisch zu lange antiautoritär erzogenen großen Bruder USA überlassen. Zum Schluss wünsche ich mir, dass wir uns als Anleger trotz aller Probleme nicht zu sehr im vermeintlich sicheren Geld- oder Staatsanleihemarkt engagieren. Die Liquiditätsschwemme wird nämlich v.a. die Sachkapitalmärkte blähen und früher oder später zu erhöhter Inflation führen müssen. Denn neben der ohnehin üppigen Staatsverschuldung wirken Preissteigerungen auf die heiß gelaufenen Rentenmärkte wie so manche Schwiegermutter auf Familienfesten: „Kommst Du auch oder wird es schön?“ Die frohe Botschaft lautet, breit die Sachkapitalwelle zu reiten. Es ist die Zeit von Immobilien, Aktien, Rohstoffen, aber auch Unternehmensanleihen. Ohne Zweifel wird das nächste Jahr nicht weniger herausfordernd als 2009 und es werden auch nicht alle meine Wünsche zu 100 % in Erfüllung gehen. Ich bin mir aber sicher, dass auch 2010 wieder viele apokalyptische Reiter vom Pferd fallen werden.

Glück auf!

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