Finanzminister Schäuble hält die Immobilienpreisentwicklung in Deutschland mittlerweile für "gefährlich". Erstaunlich, denn immerhin werfen Immobilien noch eine (positive) Rendite ab. Trotz irreführender Presseüberschriften können Studien auch nicht wirklich eine "Preisblase" auf dem Immobiliensektor erkennen. Die "Finanzmarktstabilitätsrisiken" durch die relativ hohe Immobilienbewertung nimmt Schäuble laut dpa-Meldung vom Donnerstag dennoch "sehr ernst".

Sehr lustig dürfte Schäuble dagegen die Bewertungen der Anlagen finden, die er selber verkauft:  Deutsche Staats-Anleihen. Denn wegen der günstigen Zinsen und hoher Nachfrage institutioneller Investoren kann er den Bundeshaushalt über diese Anleihen sehr günstig finanzieren. Das Geld fließt, dem Staat geht es gut, und seine Bürger haben außerdem jemanden, der umsichtig über die Finanzmarktstabilität, die Preisentwicklungen auf den Immobilienmärkten und damit über das Vermögen der Deutschen wacht. Wunderbar.

Sogar noch besser: Der Staat kann sich nicht nur günstig finanzieren, sondern günstiger als günstig. Denn der Staat zahlt für Anleihen geringer Laufzeit weniger Zins als die Inflation, bekommt also real durch die Schulden noch Wert geschenkt. Der Staat finanziert sich also nicht nur über Steuern und Neuverschuldung, sondern auch noch über freiwillige Abgaben der Anleihebesitzer. Das ist wirklich sehr lustig, muss Herr Schäuble finden.

Sehr ernst dagegen sieht es für die Anleihen-käufer aus. Diese hat man bis vor einigen Jahren über Werbespots gewinnen wollen, in denen eine sprechende Schildkröte auftritt. Investoren, die nicht alles in Anleihen investieren, wurden darin der bloß kurzfristigen, nicht nachhaltigen Spielerei verdächtigt. ("Sind sie etwa ein Zocker?") Mittlerweile hat man den Vertrieb an Privatleute eingestellt. Das läuft heute alles einfacher. Über Pensionsfonds und andere institutionelle Anleger. Die nehmen alles ab. Teilweise weil sie gar nicht anders können. Schließlich sind sie rechtlich an diese Art von Anlagen gebunden.

Und über diese Fonds sind auch die Bürger von den Risiken der Staatsanleihen betroffen, die nicht direkt darin investieren. Über Sparpläne, "Vorsorge"-Produkte usw…

Welche Risiken sind das?

A) Erstens das Kursrisiko: Sollten die realen Renditen aufgrund der anderen Risiken wieder steigen, was auf lange Sicht sehr wahrscheinlich ist, fiele der Kurs der Anleihen und es entstünde sofort ein Vermögensverlust.

B) Zweitens das Inflationsrisiko: Sollte es aufgrund der expansiven Geldpolitik und der knappen Staatskassen in fast ganz Europa zu einer stärkeren Inflation kommen, entwerten die auf Zahlungsversprechen lautenden Anleihen entsprechend.

C) Drittens das Ausfallrisiko: Deutsche Anleihen gelten als sicher. So wie griechische Staatsanleihen noch vor einigen Jahren als sicher galten. In Wirklichkeit besteht eine nicht kleine Wahrscheinlichkeit der Insolvenz des deutschen Staates  1) aufgrund der bereits hohen offiziellen Verschuldung 2) aufgrund der  demographischen Entwicklung, der zufolge geburtenstarke Jahrgänge derzeit am Verdienstmaximum, bald aber in Rente sind und von unten nicht genug Menschen nachkommen, um diese Lücke zu schließen  und 3) aufgrund der übernommenen Bürgschaften im Rahmen der europäischen "Rettungspolitik".

Hierzu eine kleine Anekdote:  Am 6. Juni 2014 meldete die Regierung laut dpa: In diesem Jahr soll der Bundeshaushalt strukturell ausgeglichen sein. Super. Immerhin jetzt, da die geburtenstarken Jahrgänge in dem Alter sind, wo sie am meisten Steuern zahlen, und da wir laut Ifo-Konjunktur-Uhr in einer andauernden Boom-Phase sind, immerhin jetzt, soll der Haushalt einmal ausgeglichen sein. Wenigstens das. Aber Moment mal… "strukturell"… bedeutet das irgendwas? Ja, die "Sonderbelastungen" sind da noch nicht einberechnet, also die Griechenland-Rettungen und so weiter. Ach ja, und selbst ohne diese fehlen eigentlich noch 6,5 Milliarden, aber die kommen schon irgendwie rein, durch weiteres Wachstum oder so… wichtig ist: gemeldet wurde ein ausgeglichener Haushalt. Das hört sich einfach gut an.

Auf die schwäbische Hausfrau übertragen: Sie errechnet, das am Jahresende trotz Rekordeinkommen 650 Euro in der Haushaltskasse fehlen werden, obwohl die bereits gebuchte Weltreise (mit erster Station in Griechenland) noch nicht einmal mit eingerechnet ist. Macht ja nix, sie hat ja erst 300 TSD Euro Schulden bei der Bank und meldet deshalb stolz: ausgeglichener Haushalt. "Ausgeglichen?" rufen da ihre Familienmitglieder "Wir könnten dann doch eigentlich mehr ausgeben und die Schulden erhöhen, oder?" Hat doch bisher auch immer geklappt. Seit 1969!

In der Finanzwirtschaft kennen wir das Prinzip, für höhere Risiken fairerweise eine höhere Rendite zu erhalten. Dementsprechend müsste die Rendite für deutsche Staats-Anleihen derzeit relativ hoch sein. Zumindest ein paar Prozent nach Inflationsabzug. Doch die Rendite ist fantastischerweise Null. Zeitweise und bei Anleihen kürzerer Laufzeit sogar unter Null.

Wie der Chart zeigt war es für Anleihe-Besitzer zwar bisher eine gute Zeit. Die fallenden, früher auch noch relativ hohen Renditen sorgten für ansehnliche Kursgewinne. Der Bund Future steht auf Rekord-Niveau. In Zukunft allerdings wird es keine weiteren Kurssteigerungen mehr und auch keine positive Rendite mehr geben, es sei denn, eine stärkere Deflation käme - trotz expansiver Geldpolitik.

Wie in jeder große Blase ist auch in der gegenwärtigen Anleihenblase den Anlegern die Lage nicht bewusst. Sie verwetten ihre finanzielle Zukunft über Vorsorgeversprechen, fondsbasierte Rentenspaarpläne, kapitalgebundenen Versicherungen, oder ähnliche "Garantie"-produkte, die offen oder verdeckt wesentlich in Staatsanleihen investieren. Diese Lage ist wirklich sehr ernst.

Fazit: Staatsanleihen sind ein renditeloses Risiko und deshalb auf lange Sicht derzeit die schlechteste Anlageform die es überhaupt gibt. 

 

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