Wieder einmal beherrschte die US-Notenbank die Kapitalmärkte und sorgte weniger mit ihren Entscheidungen, sondern mit einigen Ausführungen für Überraschungen an den Finanzmärkten weltweit. Der Satz der US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen, der den stärksten Nachhall haben dürfte, ist die Sorge, eine Zinserhöhung könne die USA in eine Rezession stürzen. Aber als sei dies allein nicht bemerkenswert genug, sorgten ihre weiteren Ausführungen zur Konjunktur für Überraschungen. Schließlich habe die US-Notenbank erstmals eingeräumt, die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen in den USA nicht nachvollziehen zu können. Zusammenfassend klang dies schon fast etwas hilflos und befeuerte die zwischenzeitliche Sorge, den internationalen Notenbanken könnten in einer wirklichen wirtschaftlichen Krise die Instrumente fehlen, um die Wirtschaft dann zu stützen. An den Kapitalmärkten spielte dies keine Rolle. Teilweise stiegen die Kurse deutlich. Wenn das Geld günstig bleibt, scheinen die fundamentalen Rahmenbedingungen niemanden zu interessieren.

Diese Erfahrung musste auch die japanische Notenbank machen, die ihre Strategie in Maßen angepasst hat, dadurch aber den Außenwert der japanischen Währung nicht wirklich schwächen konnte. Dennoch sind zwei Aspekte des nun in Japan verfolgten Ansatzes bemerkenswert: Auf der einen Seite wird man sich darauf konzentrieren, die Rendite für 10 Jahre laufende japanische Staatsanleihen bei 0 % zu halten. Damit strebt man zwar eine moderate Veränderung der Zinskurve an, faktisch werden die Renditen aber eher weiter sinken. Schließlich beginnen schon jetzt japanische Kreditinstitute ihre Anlageduration für eigenes Kapital zu verlängern. Man wird damit auf viele Jahre ein weiter extrem niedriges Zinsniveau in Japan haben. Zum anderen soll diese Maßnahme zusammen mit anderen Schritten zu einer Steigerung der Inflation auf 2 % auf Jahressicht beitragen. Erst wenn dieses Ziel nachhaltig erreicht sein, werde man geldpolitisch umsteuern. Der entscheidende Satz ging in diesem Zusammenhang etwas unter: Zu diesem Zweck werde man auch ein Überschießen der geldpolitischen Ziele zulassen. Konkret ist es eigentlich das Eingeständnis einer Notenbank, immer mehr in dem Wissen zu tun, dass man die Folgen nicht kontrollieren kann. Erst wenn alle Daten auf eine größere Wirkung als beabsichtigt deuten, wird man in eine andere Richtung steuern.

Nun ist Japan sicherlich ein extremer Fall, weil die Deflation die Volkswirtschaft schon lange beeinträchtigt, durch die Überalterung der Bevölkerung ohne wirkliche Zuwanderungsimpulse keine Binnenimpulse gesetzt werden und die Verschuldung inzwischen exponentiell wächst, aber auch die Ausführungen der US-Notenbank deuten auf eine gewisse Hilflosigkeit. Nun scheint man dort aber noch über Instrumente für den Krisenfall zu verfügen. Anders als in Japan ist der Leitzins nicht im negativen Bereich; anders als in Japan, Großbritannien und der Eurozone besteht kein Anleihekaufprogramm. Nur fällig werdende US-Anleihen aus dem Besitz der US-Notenbank werden reinvestiert. Damit entzieht man dort den Märkten keine Liquidität, aber erhöht diese auch nicht. Da dies aber in drei nicht kleinen Währungsräumen anders gestaltet wird, ist dieses Mittel für die US-Notenbank bei weitem nicht mehr so effektiv, wie es direkt nach der Finanzkrise war. Durch die globalen Kapitalströme fließt immer noch viel Geld in die US-Märkte, das eigentlich von anderen Notenbanken für andere Zwecke bereitgestellt wurde. Augenscheinlich wird insbesondere Janet Yellen zunehmend deutlich, dass die US-Märkte und damit auch die Wirtschaft in den USA von diesen Bewegungen beeinflusst werden. Damit entstehen Marktübertreibungen, durch die beispielsweise die US-Metropolen die Folgen der Finanzkrise 2008 recht gut überstanden haben, alle anderen Regionen der USA aber unter den Folgen weiterhin leiden. Beschleunigt wird diese Entwicklung durch das billige Geld, das Investoren eher zu Anlagen in New York, Miami oder San Francisco als in Little Falls oder Eureka in Kansas bewegt. Es verschärft den Trend zu der Konzentration auf immer weniger, aber dafür stark wachsende Regionen.

Donald Trump und sein Motto "Make America great again"

Wer diesem Trend nicht folgen kann oder will, ist ein potenzieller Wähler des US-republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, da dieser mit Kohle und Stahl die USA wieder „großmachen“ will. Sein Fokus auf traditionelle Industriestrukturen ist ausgeprägt und möglicherweise einer der Aspekte, die ihn im morgen anstehenden, ersten Fernsehduell mit seiner demokratischen Herausforderin Hillary Clinton vor Probleme stellen könnten. Aus internationaler Sicht wäre ein US-Präsident Donald Trump fatal. Man kann sich dann nur damit trösten, dass man von Ronald Reagan auch nicht viel erwartet hatte, er aber im Rückblick der beste republikanische Präsident der letzten Jahrzehnte war. Donald Trump wäre aber ein Präsident, der in den allgemeinen Zeitgeist passt. Die Ära der wirtschaftlichen Kooperation scheint sich dem Ende zuzuneigen.

Anders kann man die Forderungen der US-Regierung in Höhe von 14 Mrd. US-Dollar gegen die Deutsche Bank nicht verstehen, die die Aktie der Deutsche Bank auch in dem eigentlich recht freundlichen Umfeld der hinter uns liegenden Handelswoche weiter belastet hat. Nun wurde aber sozusagen die „Gegenmaßnahme“ bekannt, mit der Nordrhein-Westfalen gegen internationale, vor allem US-Kreditinstitute vorgeht. Aufgrund von – vereinfacht formuliert – „Dividendenschieberei“ sind Deutschland Steuern in Milliardenhöhe entgangen. Diese sollen nun von den beteiligten Kreditinstituten – völlig zu Recht – erstattet werden.

In dieser Phase müsste eigentlich Politik Orientierung liefern. Aber in den Industriestaaten und vor allem der Eurozone zieht man sich auf eine Haltung zurück, nach der die EZB die fehlende Reformbereitschaft kompensiert. Dabei zeigt gerade Japan, wie fatal sich fehlende Reformen auswirken. Die Ursachen der anhaltenden japanischen Krise liegen teilweise 35 Jahre zurück. Selbst wenn man dort nun eine extrem intelligente Wirtschafts- und Geldpolitik betreiben würde, wäre eine nachhaltige Veränderung der Situation vor dem Jahr 2035 unwahrscheinlich. So langfristig denkt kein Politiker, sondern folgt immer stärker aktuellen Trends.

Möglicherweise ist dies eine der Ursachen, weshalb sich nach dem positiven Signal einer Waffenruhe der Konflikt in Syrien wieder zuspitzt. Allerdings entwickelt sich die Situation immer mehr zu einem Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen unter der Führung der USA auf der einen und Russland auf der anderen Seite. Neben der menschlichen Katastrophe wird diese Situation immer gefährlicher, weil damit einer neuer kalter Krieg droht, der nicht nur das Versagen bei der historischen Chance der 1990iger Jahre bedeuten würde, sondern auch Europa politisch und wirtschaftlich in eine sehr schwierige Lage bringen würde. Ein protektionistisch ausgerichteter US-Präsident Donald Trump würde Europa wirtschaftlich schon fast bekämpfen müssen. In keinem Fall würde er sich politisch besonders für europäische Belange engagieren.

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