Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1822 (06:29 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1753 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 106,06. In der Folge notiert EUR-JPY bei 125,40. EUR-CHF oszilliert bei 1,0772.

Divergente Signale für Märkte

Die Wirtschaftsdatenfront liefert grundsätzlich Akzente, die Risikofreude heben. Belastungen ergeben sich durch die Eskalation der USA gegenüber China. Die US-Regierung entzieht mehr als 1000 chinesischen Studenten und Forschern die Visa. Die britische Regierung setzt für europäische Standards hinsichtlich des Aspekts der Rechts- und Vertragstreue einen historischen Tiefpunkt der Nachkriegsära und disqualifiziert sich als ernstzunehmende Vertragspartei. Die Granden der EU lassen in der Verbalakrobatik Milde walten, die diplomatisch ist, aber sachlich kein Fundament hat. Das Zerwürfnis mit Russland hinsichtlich der Causa Nawalny stellt eine weitere Belastung dar.

Exkurs: Nawalny

In den Körperflüssigkeiten Nawalnys gab es laut Bundeswehr zweifelsfrei Spuren eines Nervengifts. Die vorliegenden Proben in Moskau (eindeutige DNA- Zuweisung) sagen angeblich das Gegenteil aus.

Der Transport Nawalnys von Omsk nach Berlin wurde dynamisch und völlig unbürokratisch unter bewusster Vermeidung der juristischen Anforderungen vollzogen. Von Moskau erwartet die Bundesregierung nahezu ultimativ eine zeitnahe und umfassende Kooperation. Gleichzeitig wird diese Forderung mit einer faktischen Vorverurteilung unter Sanktionsandrohungen kombiniert. Moskau fordert diesbezüglich zeitnah die deutschen Untersuchungsergebnisse an, die im diametralen Widerspruch zu den eigenen Untersuchungen stehen. Berlin verweist auf den normalen bürokratischen und juristischen Weg, der zeitintensiv ist und verzögert damit den Klärungsprozess, der aus Moskau möglich ist.

Diese Asymmetrie im Verhalten Berlins hat einen faden Beigeschmack. Wurde mit heißer Naht genäht? „Food for thought!

Das Gesetz nicht gewollter Konsequenzen: Handelskrieg der USA mit China

US-Firmen in China fürchten einen dauerhaften Handelskonflikt. Fünfzig Prozent der Unternehmen rechnen damit, dass die Beziehungen mindestens noch drei Jahre angespannt sein würden (Umfrage der Amerikanischen Handelskammer in Shanghai und der Beratungsfirma PwC). Im vorigen Jahr hatten lediglich 30 % diese Meinung.

Nur 29 % der US-Unternehmen wollen ihre Investitionen in China erhöhen (Vorjahr 47 %). Das ist aus unserer Sichtweise verständlich. Eigentlich ist dieser Wert hoch, da es für US-Unternehmen, die in China tätig sind, dank der US-Politik keine Planungssicherheit gibt.

Circa 27 % der befragten Unternehmen befürchten, dass der Handelskonflikt zwischen China und den USA unbegrenzt anhält. Das lässt sich in der Tat nicht ausschließen, denn es geht aus Sichtweise der USA nicht primär um Ökonomie, sondern um Macht.

Etwa ein Drittel ist besorgt, dass es sowohl in China als auch in den USA in der Konsequenz zu einer Verringerung der Beschäftigung von einheimischen und US-Kräften kommen könnte. Das wird so sein.

Die von US-Präsident ins Spiel gebrachte Entkoppelung der beiden Volkswirtschaften würde US-Unternehmen aus dem Epizentrum des globalen Wachstums (Eurasien) katapultieren. Eine derartige Entkoppelung würde insgesamt keine Gewinner kennen, weder in den USA noch in China oder dem Rest der Welt.

Fakt ist jedoch, dass die Strukturdaten (u.a. Staatsverschuldung, aber auch die weichen Faktoren der Zuverlässigkeit und der Rechts- und Vertragstreue), die hinsichtlich des ultimativen Ergebnisses der Auseinandersetzung entscheidend sind, eindeutig für China und den Rest der Welt (85 % der Weltökonomie, Basis Kaufkraftparität) und gegen die USA sprechen.

EZB: Verbalakrobatik auf den Pfaden der Federal Reserve?

Auf der Septembersitzung der EZB stehen neue Konjunkturprognosen der EZB-Volkswirte im Fokus. Wir gehen davon aus, dass es positive Anpassungen geben wird. Würden diese Anpassungen nicht geliefert, käme das einer Realitätsverweigerung gleich, die die Glaubwürdigkeit der EZB unterminierte.

Voraussichtlich wird der Anstieg des Euros die interne Debatte bestimmen, denn die EZB hat keinen Appetit auf einen zu festen Euro. Die Bewertung des Euros wird aber nicht in Frankfurt bestimmt. Dennoch hat die EZB einen Einfluss durch geldpolitische Maßnahmen, Verbalakrobatik und verdeckte Aktionen am Markt.

Man wird seitens des EZB-Rats die Notwendigkeit betonen, an dem aktuellen Kurs festzuhalten. Die EZB wird eine Politik der ruhigen Hand liefern und gleichzeitig deutlich machen, dass man bei einer Verschärfung der Lage jederzeit bereit ist, quantitativ nachzulegen (aber keine Zinssenkungen). Eine Abkehr vom jetzigen Kurs wird perspektivisch nicht ansatzweise in der Verbalakrobatik ablesbar sein.

Interessant wird sein, ob man den eingeschlagenen Weg bei der Nivellierung der Messung der Inflation (Durchschnittswerte als Maßstab) der Federal Reserve adressieren wird. Perspektivisch wird die EZB diesen Weg auch gehen. Es ist nicht die Frage nach dem "ob", sondern nach dem "wann" und dem "wie".

Datenpotpourri der letzten 24 Stunden:

Eurozone: Grundsätzlich positiv

In den Niederlanden legte die Produktion des Verarbeitenden Gewerbes per Juli im Monatsvergleich um 3,0 % nach zuvor 2,6 % (revidiert von 2,1 %) zu. In Griechenland sank die Industrieproduktion im Jahresvergleich um 0,2 % nach zuvor -4,6 % (revidiert von -4,9 %). In Irland nahm die Arbeitslosenrate per August von zuvor 5,1 % (revidiert von 5,0 %) auf 5,2 % zu. In Frankreich verzeichnete die Industrieproduktion per Juli im Monatsvergleich einen Anstieg um 3,8 % (Prognose 5,0 %) nach zuvor 13,0 % (revidiert von 12,7 %).


USA: Grundsätzlich positiv

Die älteste Datenreihe des US-Einzelhandels (stationärer Handel), der Johnson Redboook Index, lieferte in der Berichtswoche per 5. September im Monatsvergleich einen Rückgang um 1,0 % nach zuvor +5,8 %. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,1 % nach zuvor +4,6 %. Der von IPSOS/Thomson Reuters ermittelte Klimaindex für den Konsumbereich stieg per September von zuvor 47,05 auf 50,62 Punkte und erreichte das höchste Niveau seit März 2020.


Kanada: Politik der ruhigen Hand

Die kanadische Zentralbank hat den Leitzins erwartungsgemäß auf der Septembersitzung unverändert bei 0,25 % belassen.


Russland: Im internationalen Vergleich resilient

Das BIP sank laut Revision per 2.Quartal 2020 im Jahresvergleich um 8,0 %. Die vorherige Schätzung als auch die Prognose lagen bei 8,5 %.


Japan: Im Monatsvergleich ermutigend

"Machinery Orders" nahmen per Juli im Monatsvergleich um 6,3 % (Prognose 1,9 %) nach zuvor -7,9 % zu. Im Jahresvergleich ergab sich per Juli ein Rückgang um 16,2 % (Prognose -18,3 %) nach zuvor -22,5 %.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.1620 - 50 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!

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