Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1198 (07.57 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1117 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 109.15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 122.20. EUR-CHF oszilliert bei 1.1057.

Heute ist die EZB-Ratssitzung im Fokus der Finanzmärkte. Es wird zu einer Bestätigung der aktuellen Politik kommen. Ergo äugt der Markt in Richtung der um 14.30 Uhr anstehenden Pressekonferenz, um in oder zwischen den Zeilen den Gemütszustand des EZB-Rats zu eruieren.

Als nüchterner Analyst könnte man sagen, dass der von Einkommen getriebene Aufschwung der Eurozone (im Gegensatz zu den USA, dort maßgeblich von Kredit getrieben!) zu einem Wachstum im Dunstkreis des definierten Potentialwachstums geführt hat und von daher eine zu laxe Geld- und Zinspolitik unnötige Risiken generieren könnte. Man muss das aber nicht und wer ist heute schon als Analyst nüchtern?

Das führt uns zu der Veröffentlichung der finalen Erfassung des Markit Einkaufsmanagerindex für die Eurozone für den Sektor Produktion per Berichtsmonat Mai. Der vorläufige Wert bei 51,5 Punkten wurde bestätigt. Damit ergibt sich weiter nennenswertes Wachstum in diesem Sektor der Wirtschaft der Eurozone trotz der Probleme, mit denen die Eurozone (Brexitchance, Fliehkräfte in der EU, Flüchtlingsproblematik, Sanktionsfolgen, politische Instabilität) konfrontiert ist.

Wir wäre die Konjunkturlage wohl, wenn diese Probleme, die zum Teil durch exogene Kräfte (!) verursacht wurden, nicht belasten würden?

Für Deutschland liefert die Krisenlage weiter Steilvorlagen für Wirtschaft und Staat. Die Bedingungen für die deutsche Staatsfinanzierung könnten nicht besser sein. Das wäre übrigens ohne die latent kochende Griechenlandkrise kaum möglich gewesen.

Gestern konnte sich der Bund mit der Aufstockung der 5-jährigen Bundesobligationen an einer Rendite von -0,38% erfreuen. Das Volumen der Aufstockung lag bei 3,245 Mrd. Euro. Damit wird die Refinanzierung der deutschen Staatsschuld immer günstiger und auch tragfähiger.

Im Gegensatz zu den Reformländern der Eurozone ist dieser "Windfall" nicht in der aktuellen Politik Deutschlands begründet, sondern sie ist in Teilen Ausdruck der vor 12 Jahren begonnenen Reformpolitik der damaligen Bundesregierung.

Aus den USA erreichten uns unterschiedliche Konjunktursignale:

Die Bauausgaben sanken per Berichtsmonat April unerwartet um 1,8% im Monatsvergleich. Die Prognose lag bei +0,6%. Die Vormonatswerte per März und Februar wurden um insgesamt 1,6% nach oben revidiert, so dass die Verfehlung der Konsensusprognose für den Dreimonatszeitraum bei 0,8% lag.

Der ISM-Manufacturing Index setzte per Mai einen positiven Akzent mit einem nicht prognostizierten Anstieg von 50,8 auf 51,3 Punkte. Die Prognose lag bei 50,5 Zählern.

Diese Stärke des Index wurde jedoch nicht in den Subindices gespiegelt. So sank der Produktionsindex von 54,2 auf 52,6 Punkte. Der Beschäftigungsindex verharrte bei 49,2 Zählern (= Kontraktion). Der Auftragsindex ging von 55,8 auf 55,7 Punkte zurück (negativ korreliert mit Auftragseingängen!).

Dazu erlauben wir uns den Chart der US-Auftragseingänge anzubieten. Das aktuelle Niveau der Auftragseingänge bewegt sich auf der Performance von 2011! Wie passt das zu einer Indikation von solidem Wachstum (Indexstand 55,7!).

Mehr noch:

Diese Entwicklung des nationalen ISM-Index steht im diametralen Widerspruch zu den maßgeblichen regionalen Indices, die im Mai durchgehend schwach waren. Das galt für NY (-9,0 nach +9,6), es galt für Chicago (50,0 nach 53,8) und Philadelphia (-1,8 nach -1,6), Texas (-20,8 nach -13,9) und Richmond (-1,0 nach +14)! Negativ war auch Kansas (-5 nach -4). "Food for thought!"

Um das Bild abzurunden, erlauben wir uns den gestern veröffentlichten Einkaufsmanagerindex aus Texas für den Dienstleistungssektor hier zu erwähnen. Dieser Index sank per Mai von zuvor -3,7 auf -7,1 Punkte. So sieht solide Kontraktion aus (Werte unter 0).

Da macht es Sinn, sich noch eine Datenreihe aus dem privaten Konsum anzusehen.

Gestern wurde das Redbook veröffentlicht, das Auskunft über den Konsum in den USA gibt. Es fiel positiv aus. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg des Konsums nach dieser Berechnung um 0,9% nach zuvor 0,4%. Nun ist dieser Wert aber nicht inflationsbereinigt. Die Verbraucherpreise stellten sich per Mai in den USA im Jahresvergleich auf + 1,1%. Real (relevant für das BIP) hieße das dann eben -0,2%…

Der Chart zeigt umfänglich die Schwächetendenz, die sich (offenbar für viele unbemerkt) breit macht!

Wir könnten natürlich auch über die Revision der langlebigen Wirtschaftgüter reden. Letzte Woche wurde die Revision, die bis 2012 zurückgeht veröffentlicht. Im Bereich der Auslieferungen kam es zu einer Negativrevision in Höhe von 440 Mrd. USD oder 2,3% des aktuellen BIP der USA!

O-Ton von Jeffey P. Snyder: "Janet ... We Shrunk The Recovery! Durable Goods Shipments Since 2012 Revised Down By $440 Billion!"

Fazit zu den USA:

Zunehmend ergibt sich der Eindruck, als sollte ein faktisch rezessives Konjunkturbild durch Verbalakrobatik und kreative Statistik (u.a. Ausreißer aus der Norm) ausgeblendet werden.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.0800 - 1.1350 eröffnet neue Opportunitäten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"