Die homöopathische Lehre basiert auf dem Lehrsatz „Similia similibus curentur“. Das bedeutet, dass  Ähnliches durch Ähnliches geheilt wird. Der deutsche Samuel Hahnemann begründete diese alternativmedizinische Behandlungsmethode 1796. Der Grundgedanke dieser Heilmethode ist, dass eine Krankheit nach dem Ähnlichkeitsprinzip geheilt wird. Durch das Verabreichen kleiner Dosen von Krankheitserregern sollen im Körper Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Doch über die Wirksamkeit dieser Heilungsmethode wird seit Jahrhunderten gestritten. Der Heilungsansatz der Homöopathie steht der Schulmedizin (Allopathie) teilweise konträr gegenüber. Während in der Homöopathie der  Heilungsansatz in der Krankheitsursache und der Psyche des Patienten gesucht wird, werden in der Schulmedizin - so der Vorwurf- oft nur die Symptome bekämpft ohne auf psychische Besonderheiten zu achten. Wo mancherorts die Selbstheilungskräfte des Körpers im Vordergrund einer Therapie stehen, wird andernorts chirurgisch entfernt und  Antibiotika verabreicht. Somit stehen sich die Vertreter der jeweiligen Heilungsmethoden unversöhnlich gegenüber.

 

Der Patient

Auch bei der Heilung des Euro stehen sich die Lager unversöhnlich gegenüber. Welche medizinischen Heilmethoden sollten die EU Regierungschefs als Grundlage zur Therapie des Patienten Euro nutzen? Sollten sie den homöopathischen Grundgedanken - das Ähnlichkeitsprinzip - zur Bekämpfung der Euro-Krise nutzen? Zum Beispiel: Schulden mit Schulden bekämpfen? Oder eher die Schulmedizin anwenden und Griechenland aus der Währungsunion entfernen? Am vergangenen Sonntag entschied man sich in Brüssel zum Heilen durch weitere Schulden. Doch ob damit dem Euro langfristig wirklich geholfen wurde bleibt fraglich. Der Gesundheitszustand des Euro hat sich stabilisiert. Es gab zum EU-Rettungsschirm zu diesem Zeitpunkt keine Alternative. Doch die Krise spitzte sich nur deshalb zu, weil besonders in Berlin die Hilfe für den Patienten Euro zu lange verzögert wurde. Erst durch den Zick-Zack Kurs der Kanzlerin wurde aus der Griechenland-Krise die Euro-Krise. Akute Krisen kann man nicht aussitzen. Da sind klare Analyse, Diagnostik und Entscheidungsfreudigkeit gefragt. 2007 bewies Frau Merkel mit ihrem Finanzminister Peer Steinbrück diese Entscheidungsfreudigkeit, indem sie die Sparguthaben der Bundesbürger garantierte und damit einem Run auf die Banken zuvorkam. Diesmal macht die Kanzlerin eine deutlich schlechtere Figur, denn sie musste von ihren EU-Partnern zu einer Entscheidung gedrängt werden. Diesmal ging es um den Erhalt des Euro.

 

Anamnese und Diagnose

In welchem Zustand ist nun der Euro nach dem €750 Mrd. teuren  Rettungsschirm, von dem Deutschland alleine ca. €145 Mrd. tragen muss? Die Kapitalmärkte wurden vorerst beruhigt. Der Euro stabilisiert sich. Doch die Ereignisse der letzten Monate haben die Schwächen der Währungsgemeinschaft brutal offenbart und Vertrauen der Märkte zerstört. Strukturelle Fehler in Euroland, wie die fehlende Synchronisierung der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik, sowie fehlende Kontroll- und Sanktionsmechanismen in den EU-Verträgen sind als Gründe dafür besonders hervorzuheben. Der Reputationsverlust der EZB, der durch den Zick Zack Kurs der letzten Wochen entstand, wird den Vertrauensverlust der Märkte noch verstärken.  Zu hohe Staatschulden sind die Ursache der Krise. Die Symptome sind die Unsicherheit der Märkte bezüglich der Schuldentilgungfähigkeit von Griechenland und Co. Und die extreme Spekulation großer Investoren auf die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands ist nur die Folge dieser berechtigten Sorgen um das Geld.  Das Signal von Sonntag aus Brüssel war, dass der Euro und seine Mitgliedsstaaten unter allen Umständen verteidigt werden. Euroland verwandelt sich infolge dieser Entscheidung von einer „No Bail Out“ Union in eine transfergesteuerte Wirtschafts- und Finanzgemeinschaft. Die Starken sollen künftig für die Schulden der Schwachen haften. Unsere Ausgangslage hat sich dadurch nicht verbessert, sondern im Gegenteil langfristig extrem verschlechtert. Denn unser Schuldenberg wird noch schneller anwachsen.

 

Therapie

Ob diese Euro-Transfergemeinschaft in bishergier Form nachhaltig existieren kann, wird davon abhängen  wie stark ihr schwächstes Mitglied auf Dauer sein wird. „Ähnliches durch Ähnliches“ heilen gelingt nur, wenn substantiell und konsequent die offen gelegten Schwachstellen des Euros behandeln werden. Nur oberflächlich Schulden durch Schulden zu bekämpfen funktioniert nicht. Nur wenn wieder langfristig und diszipliniert von allen Mitgliedern gewirtschaftet wird , können dadurch auch wieder Schulden getilgt werden, Erst dann könnte man von einem wirklichen homöopathischen Heilungsansatz sprechen. Um das zu gewährleisten müssen auch massive Kontroll- und Sanktionsmechanismen in die EU-Währungsverträge mit aufgenommen werden. Eine gemeinsam koordinierte europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik  muss entstehen um das Vermögensgefälle innerhalb des Euro auszugleichen. Der Euro kann generell nur überleben, wenn er von innen heraus gesundet.

 

Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt werden, ist die Wahrscheinlichkeit, das Euroland im Jahr 2020 noch aus den gleichen Mitgliedern von heute besteht denkbar klein. Viel wahrscheinlicher ist dagegen, dass nur die stärksten Wirtschaftsnationen dauerhaft im Euro bleiben können. Ein Kern-Europa wird den jetzigen Europa-Club ersetzen. Und wenn man diesen chirurgischen Eingriff nicht zulässt und weiter so Schulden macht, dann  ist der Patient Euro als Ganzes nicht zu retten. 

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