Das erste Mal in der Geschichte der G7-Länder ist der Zins von zehnjährigen Staatsanleihen ins Negative gerutscht.

Da die meisten asiatischen Märkte gestern und heute wegen des chinesischen Neujahrsfestes geschlossen sind, mußte Japan gestern die Hauptlast für den Ausverkauf an den hiesigen Börsen tragen.

Der Nikkei-Index fiel gestern um 5,40% auf 16.085 Yen und der TOPIX gar um 5,51% auf 1.304 Punkte. Das Handelsvolumen lag gestern bei leicht erhöhten 3,05 Billionen Yen (= 24 Milliarden Euro). Der Bankensektor ist seit Einführung der negativen Einlagenzinsen vom vorvergangenen Freitag um 21% abgerutscht, besonders das größte Brokerhaus Japans, Nomura Holdings, deren Aktien sich seit Jahresbeginn um 22% verbilligten, steht unter immenser Kritik seiner Aktionäre, die unrentablen Übersee-Repräsentanzen zu schließen. Das einst stolze Brokerhaus, über das noch zu Beginn der neunziger Jahre ganze Bücher geschrieben wurden (Albert Alletzhauser, The House of Nomura, 1990) ist nunmehr nur noch ein Schatten seiner selbst.

Japanischer Yen: Lediglich eine vermeintliche Zufluchtswährung

Vor dem Hintergrund des Yens als Währung des „sicheren Hafens“ verteuerte sich die japanische Währung gegenüber den anderen Leitwährungen und steht nunmehr 114,42 zum USD und 129,19 zum EUR; Werte, wie wir sie seit 2014 nicht mehr gesehen haben.

Die eigentliche Nachricht des Tages fand gestern allerdings im Markt für Staatsanleihen statt: im Zuge des Ausverkaufs am Aktienmarkt und dem Erstarken des Yen als vermeintliche Zufluchtswährung wurden auch die sogenannten JGBs, also japanische Staatsanleihen, großflächig gekauft, so daß der Kupon selbst für die zehnjährigen Anleihen unter Null fiel – ein absolutes Novum innerhalb der G7-Nationen: standen die Kupons der kurz- und mittelfristigen, also der zwei- und fünfjährigen, Anleihen bereits seit einiger Zeit im negativen Bereich, so muß man mittlerweile auch bezahlen, wenn man sein Geld in langlaufende japanische Staatspapiere anlegen will.

Zur Zeit stehen die Kupons für zweijährige Anleihen bei minus 0,24%, für fünfjährige bei minus 0,26% und für zehnjährige bei minus 0,002%.

Zum Vergleich: die Kupons der deutschen Bundesschatzbriefe (zweijährige) stehen bei minus 0,52%, die der Bundesobligationen (fünfjährige) bei minus 0,3% und die der zehnjährigen Bundesanleihen bei plus 0,23%.

Die Schweiz ist Spitzenreiter beim Thema Negativzins: die Kupons ihrer zehnjährigen Anleihen stehen bei minus 0,35%.

Ausverkauf an Nippons Aktienmärkten setzt sich fort

Heute ging der Ausverkauf munter weiter: Der Nikkei Index fiel erneut um „nur“ 2,3% und kam bei 15.713 Yen zum Stillstand, während der TOPIX um 3% auf 1.265 Punkte fiel. Das ist der größte Zwei-Tages-Verlust seit Oktober 2014. In der Spitze fiel der Index sogar um 4,4%. Das Handelsvolumen lag bei 3,5 Billionen Yen (= 27 Milliarden EUR). Der Yen verteuerte sich erneut auf 114,66 zum Dollar – der höchste Wert seit November 2014.

Einen großen Anteil am Ausverkauf am japanischen Markt haben die sogenannten Margin Calls auf gehebelte ETFs: Bei Hebelprodukten kann man mit geringem Eigenkapitaleinsatz und viel geliehenem Geld größere Beträge an der Börse bewegen, als bei einem großen oder kompletten Eigenkapitaleinsatz. Das kann aber auch ins Auge gehen, wenn der Markt in die entgegengesetzte Richtung läuft. Dann wird ganz schnell das geliehene Geld fällig. Um diese Position beim Broker bedienenn zu können, müssen Positionen aufgelöst, also verkauft, werden. Je mehr Positionen durch Margin Calls verkauft werden müssen, desto schneller fällt der Preis. Und desto mehr Margin Calls fallen wiederum an. Ein Teufelskreis, wenn man so will. Der mit Abstand vom Volumen her größte ETF, der derzeit an der TSE gelistet ist, ist ein gehebelter ETF auf den Nikkei (1570.JP, Next Funds Nikkei 225 Leveraged Index ETF) von der Firma Nomura (der alte Bekannte von etwas weiter oben). Dieser ETF war im vergangenen Jahr so stark gewachsen, daß Nomura zeitweise den Verkauf neuer Anteilsscheine aussetzen mußte. Derzeit bringt der ETF ein durchschnittliches tägliches Handelsvolumen von ca. 270 Milliarden Yen (= 2 Milliarden EUR) hervor. Ein einziges Finanzprodukt (und noch dazu ein gehebeltes) macht also in etwa 8% des gesamten täglichen Handelsvolumens aus.

Gehebelte ETFs aktuell besonders populär

Die drei Spitzenpositionen (aus Sicht des Handelsvolumens) der an der Tokyoter Börse gelisteten ETFs nehmen allesamt gehebelte („leveraged“, also positiv gehebelt, oder „inverse“, also negativ gehebelt) ETFs ein. Die Hälfte der Top 20 in dieser Liste besteht aus gehebelten ETFs.

Als ob das nicht schon der schlechten Nachrichten genug wäre, bekommt der heutige Handelstag auch noch einen – im wahrsten Sinne des Wortes – faden Beigeschmack: Der größte Bierbrauer Japans, Asahi Breweries, gab bekannt, 400 Milliarden Yen ( = 3,1 Milliarden EUR) für die Brauereien Grolsch und Peroni zu bieten. Asahi enttäuschte zuletzt die Analysten mit Blick auf ihren Free Cash Flow und wurde heute prompt abgestraft: 8% ging es für die Aktie nach unten. Über Geschmack läßt sich ja bekanntlich streiten, aber in meinen Augen hat keine der drei Marken das Zertifikat „Bier“ verdient. Nun ja, wünschen wir Asahi beim Bieten viel Glück. Frei nach dem Motto: Bierpanscher aller Länder vereinigt Euch!

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