Von Bernd Murawski

Donald Trumps erklärtes Ziel ist es, den Jahrzehnte währenden Abbau produktiver Kapazitäten auf US-amerikanischem Boden zu stoppen und umzukehren. Durch eine Modernisierung der Infrastruktur und mittels Steuererleichterungen sollen optimale Voraussetzungen für dieses Vorhaben geschaffen werden. Private Unternehmen würde daraufhin neue Betätigungsfelder finden und mehr investieren. Die Beschäftigungseffekte dürften die Wirtschaft mittels steigender Kaufkraft zusätzlich stimulieren.

Um das Programm umzusetzen, ist eine massive Neuverschuldung erforderlich. Angestrebt werden Infrastrukturinvestitionen von einer Billion Dollar für die kommende Dekade, die größtenteils fremdfinanziert werden müssen. Angesichts der Erfahrungsdefizite der Amerikaner bei einer öffentlichen Auftragsvergabe ist anzunehmen, dass ein beträchtlicher Teil der Mittel verpufft oder zweckentfremdet wird, was den Finanzierungsbedarf weiter in die Höhe treibt.

Vor diesem Hintergrund erscheint es überraschend, dass der mancherorts befürchtete Wertverlust des Dollar nach dem Wahlsieg Trumps nicht eingetreten ist. Vielmehr konnte die US-Währung ihren Wert steigern, und die Big Player auf den Devisenmärkten rechnen damit, dass sich die Dollar-Rally fortsetzt.

Der starke Dollar wie auch die Allzeit-Rekorde der US-amerikanischen Aktienindizes erklären sich nicht allein durch die zu erwartenden wirtschaftlichen Impulse. Ebenso lockt die in Aussicht gestellte Senkung der Gewinnsteuern von 35 auf bis zu 15 Prozent renditehungrige Anleger und forciert somit den Kapitaltransfer in die USA. Zudem sollen Möglichkeiten einer steuergünstigen Repatriierung von im Ausland geparkten Firmengewinnen geschaffen werden, wobei ein Zufluss von bis zu zwei Billionen US-Dollar erwartet wird.

Mit diesen Maßnahmen einher geht die Hoffnung, dass das Zinsniveau auf einem niedrigen Stand bleibt. Andernfalls könnte als Folge der zusätzlichen finanziellen Belastung überschuldeter Privathaushalte und Kommunen die Endnachfrage einbrechen, was die Verwirklichung der Pläne Trumps erschweren würde und Unzufriedenheit bei seinen Wählern verursachen dürfte.

Risiken auf längere Sicht

Wird der Dollar auch durch kurzfristige Effekte stabilisiert, so bestehen dennoch auf längere Sicht erhebliche Gefahren für dessen Wertbestand. Als größter Risikofaktor ist die chronisch defizitäre Außenhandelsbilanz zu werten. Nach einem vorübergehenden Rückgang des Negativsaldos infolge der Finanzkrise wurden in den letzten Jahren wieder frühere Höhen erreicht.

Ein starker Dollar und eine steigende Binnennachfrage werden die Außenhandelsdefizite unweigerlich weiter anschwellen lassen. Zwar wird die Trump-Administration bemüht sein, durch protektionistische Maßnahmen gegenzusteuern. Jedoch hat sie dabei mit erheblichen Widerständen zu kämpfen. So bedarf es eines längeren Zeithorizonts, um eine Importsubstitution erfolgreich umzusetzen. Darüber hinaus würde ein Verzicht auf den Import billigerer Konsumartikel und Komponenten zumeist aus asiatischer Produktion zwangsläufig die Inflation antreiben. Die Produktionskosten würden steigen, was den Export zusätzlich erschweren und die Auslandsverschuldung erhöhen dürfte. Auch Gegenmaßnahmen der Handelspartner müssen in Betracht gezogen werden.

Offenbar beabsichtigt Donald Trump, das Verschuldungsprivileg der USA wie bereits Ronald Reagan in den 80er Jahren extensiv zu nutzen. Dies beruht neben der Größe und Liquidität des US-Kapitalmarkts vor allem auf der Funktion des Dollars als Leitwährung. Seit der Aufgabe der Goldparität war es die Fakturierung des Ölhandels in Dollar, die ihm die Rolle als wichtigste Handels- und Anlagewährung sicherte.

Wie in der Gegenwart setzte der Dollar damals während Reagans Amtszeit zu einem Höhenflug an. Allerdings stellte sich bereits in deren zweiter Hälfte ein Abwärtstrend ein, der sich Anfang der 90er Jahre beschleunigte. 1995 hat sich der Wechselkurs zur DM im Vergleich zu 1985 mehr als halbiert. Augenscheinlich wurde eine Reizschwelle überschritten, ab der sich unter Anlegern zunehmend Argwohn ausbreitete. Nicht einmal die nach dem Zerfall der Sowjetunion erlangte Position der einzigen Weltmacht konnte den Vertrauensverlust kompensieren, der durch die gigantischen jährlichen Neuverschuldungen der vorangegangenen Dekade verursacht wurde.

Realbindung und Währungsschnitt

Der Ökonom Achim Dübel hältdie gegenwärtige Lage für weitaus dramatischer. Auf der einen Seite registriert er Trumps Absicht, politisch motivierte Finanzkriege speziell gegen Russland und China künftig zu vermeiden und dadurch die Funktion des Dollar als Leitwährung zu stärken. Auf der anderen droht durch das kostspielige Investitionsprogramm bei gleichzeitigen Steuerermäßigungen eine Überschuldung, die sich bald kaum mehr kaschieren lässt. Parallel dazu vermindert sich der globale Dollarbedarf im Zuge des sinkenden Anteils der USA am Welthandel und des Umstiegs einer wachsenden Zahl von Schwellenländern auf einen bilateralen Handel in eigenen Währungen. Spätestens ein Ende des Petro-Dollars würde den Dollarkurs unweigerlich einbrechen lassen.    

Den einzigen Ausweg sieht Dübel in einem Weltwährungssystem, das sich stärker auf die Sonderziehungsrechte des IWF und auf eine stärkere Realbindung der Währungen gründet. Eine solche Umorientierung wäre allerdings schwerlich ohne einen Währungsschnitt möglich. Da der künftige US-Präsident Erfahrungen mit Insolvenzen hätte, könnte angenommen werden, dass dies für ihn kein rotes Tuch sei.

Bestünden tatsächlich derartige Erwägungen, dann würden sie kaum vor der Öffentlichkeit ausgebreitet werden. Die Auswirkungen für den Dollarkurs wären verheerend, ebenso die Konsequenzen für die globale Wirtschaft infolge des Vertrauensschwunds der Anleger. Ein wirtschaftliches Debakel ließe sich vermeiden, wenn eine Überraschungsaktion durchgeführt würde, die sich auf einen breiten internationalen Konsens stützen könnte. Dabei wäre eine Einbindung Russlands und Chinas unverzichtbar. Ist dies möglicherweise ein Nebenaspekt bei Trumps Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zu den großen globalen Kontrahenten?

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