Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 0,9950 (05:55 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Stunden bei 0,9879 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 140,52. In der Folge notiert EUR-JPY bei 139,82. EUR-CHF oszilliert bei 0,9728.

Finanzmarkt: US-Feiertag schafft Raum für Konsolidierung

Der Feiertag in den USA schaffte Raum für Konsolidierung nach dem Absturz insbesondere der Aktienmärkte am späten Freitagabend. Diese Konsolidierung ist durchaus bemerkenswert hinsichtlich der Eskalation an vielen Fronten.

Die Lage in der Ukraine liefert keine ansatzweisen Anzeichen einer Entspannung, ganz im Gegenteil. Der Beschuss der AKW-Anlage, der mit höchster Wahrscheinlichkeit von Kiew ausgeht (auch Stimmen der IAEA), setzt sich fort, ohne dass der Westen wegen der daraus hervorgehenden Risiken (es sind westliche Waffen, mit denen das geschieht) für den Rest der Welt sich dieses Themas annimmt. Wer hätte sich das vor sechs Monaten vorstellen können?

Die Energiekrise wird sich in Europa wegen der geplanten Preisdeckel und der daraus folgenden Reaktionen voraussichtlich weiter verschärfen. China hat bereits klargestellt, dass es sich an Preisdeckeln nicht beteiligen wird. OPEC+ zeigte gestern mit der Entscheidung, die Fördermengen pro Tag um 100.000 Fass zu kürzen, dass man den Interessen des Westens nicht gegenüber verpflichtet ist, sondern den eigenen Interessen.

In Europa zeigen sich in der Phalanx der Sanktionspolitik Stück für Stück Fissuren (Ungarn, Bulgarien, Tschechien, Niederlanden und ansatzweise Italien). Der Druck aus den Bevölkerungen wegen dieser Sanktionspolitik wird mit höchster Wahrscheinlichkeit in den kommenden Wintermonaten zunehmen. Damit ergeben sich vermehrt politische Risiken für die EU, die von den Märkten nicht diskontiert sind.

Das Thema Verlust der Kaufkraft des Euros geriet heute früh in den Fokus. In den Niederlanden kletterten die Verbraucherpreise per August auf zwölf Prozent (J). Derzeit kommt es in der EU und der Eurozone nur in einem Bereich zu einem dynamischen Wachstum, bei den Wohlstandsverlusten. Die Schäden werden von Tag zu Tag größer. Die Attraktivität als Standort nimmt ab.

An den Kapitalmärkten ergeben sich kaum neue Erkenntnisse. Die Rendite der 10-jährigen Bunds liegt bei 1,56 %, die der 10-jährigen Treasury bei 3,24 %. Der USD bleibt gefragt, korrigierte jedoch geringfügig vorherige Stärke.

Neue Premierministerin mit interessanter Agenda

Liz Truss setzte sich gegen Rishi Sunak in der innerparteilichen Auseinandersetzung als Nachfolgerin von Boris Johnson durch. Truss lieferte in ihrer Antrittsrede eine interessante Agenda ihrer zukünftigen Regierungspolitik.

Sie will unter anderem die Londoner City durch Deregulierung entfesseln.

Kommentar: Die Regulierung in der EU hatte gute Gründe. Das Vertrauen, dass man mit dem „big bang“ Ende der 80er Jahre dem Finanzmarkt schenkte, wurde massiv missbraucht. Will Frau Truss zurück zu diesem Status, der Grundlage aller bedeutenden Finanzkrisen war?

Sie stellt die Unabhängigkeit der Notenbank in Frage.

Kommentar: Damit soll die Notenbank für Regierungspolitik (auch) offiziell gleichgeschaltet werden. Was werden dazu wohl Ratingagenturen sagen? Oder sind sie bei London ganz handzahm?

Die Schotten werden kein zweites Referendum bekommen.

Kommentar: Nun, koloniales Denken war in der Vergangenheit schon ausgeprägt. Ob das den inneren Frieden des UK gut bekommt, sei dahingestellt.

Atomkraft und höhere Förderung bei Nordseegas stehen auf der Agenda.

Kommentar: Hinsichtlich der aktuellen Lage ist das verständlich. Klimapolitik spielt bei Truss erkennbar keine prominente Rolle.

Sie hat Pläne, Gewerkschaften einzuschränken.

Kommentar: Frau Truss offeriert damit Merkmale, die wir von Maggie Thatcher kannten. Das Risiko gesellschaftlicher Spaltung sollte nicht ignoriert werden.

Das Militärbudget soll auf drei Prozent des BIP erhöht werden.

Kommentar: Das verwundert nicht. London spielte bereits zuvor über MI6 und Militär eine viel prominentere Rolle in aktuellen Konflikten, als von der Öffentlichkeit wahrgenommen.

China werde offiziell als Bedrohung der nationalen Sicherheit erklärt.

Kommentar: Der Gleichschritt zwischen Washington und London ist augenfällig bezüglich Moskau und Peking.

Fazit: Mit Liz Truss wird sich die ausgeprägte Achsenpolitik zwischen Washington und London fortsetzen und intensivieren. Die Europa-Politik wird voraussichtlich eher unfreundlicher ausfallen. In der Innenpolitik steht strammes Durchregieren auf der Agenda. Das Potenzial verstärkter innerer Auseinandersetzungen ist vor dem Hintergrund einer dynamischen Verarmung im UK und der im Raum stehenden Agenda nicht zu unterschätzen.

Russland: Einordnung der Energiepolitik

Moskau lieferte gestern Klarstellungen bezüglich der aktuellen Energiepolitik, die für den Rest der Welt von Bedeutung ist. Die russische Gaspipeline NS1 würde laut des stellvertretenden Gazprom Vorstandsvorsitzenden die Lieferungen nach Deutschland erst wiederaufnehmen, wenn Siemens Energy die fehlerhafte Anlage repariert hätte.

Kommentar: Offenbar gibt es Schäden, die dann auch zu beheben sind. Wären sie behoben, würde sich zeigen, ob Moskau sich an Lieferverpflichtungen im Rahmen der aktuellen technischen Möglichkeiten hält.

Moskau: Man wird auf Preisobergrenzen für russisches Öl reagieren, indem man mehr Öl nach Asien liefere. Jede Maßnahme zur Auferlegung einer Preisobergrenze würde zu einem Defizit auf den eigenen Märkten führen und die Volatilität erhöhen.

Kommentar: Korrekt. Russland wendet sich ohnehin vom Westen ab. Das ist mittlerweile fixierte Regierungspolitik. Die Versorgung der Welt ex Westen scheint gesicherter denn je.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: PMIs und Sentix-Index wenig erbaulich - NL CPI bei zwölf Prozent

 

Der Sentix-Index für die Eurozone sank per September von zuvor -25,2 auf -31,8 Punkte (Prognose -27,5). Das war der tiefste Indexwert seit Mai 2020.

Die Einzelhandelsumsätze nahmen per Juli im Monatsvergleich um 0,3 % (Prognose 0,4 %) nach zuvor -1,0 % (revidiert von -1,2 %) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,9 % (Prognose -0,7 %) nach zuvor -3,2 % (revidiert von -3,7 %).

In den Niederlanden nahmen die Verbraucherpreise im Jahresvergleich per August um 12,0 % nach zuvor 10,3 % zu.

UK: PMIs und Devisenreserven wenig erbaulich

 

Die Devisenreserven schmolzen per August von zuvor 184,04 Mrd. USD auf 180,78 Mrd. USD. Dieser Prozess dominiert seit Dezember 2021 ausgehend von 203,71 Mrd. USD.

Japan: Privatausgaben im Monatsvergleich enttäuschend

Die Ausgaben privater Haushalte verzeichneten per Juli im Monatsvergleich einen Rückgang um 1,4 % (Prognose -0,6 %) nach zuvor +1,5 %. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 3,4 % (Prognose 4,2 %) nach 3,5 %.

Australien:

Die Notenbank Australiens erhöhte den Leitzins auf der heutigen Sitzung von zuvor 1,85 % auf 2,35 %. Das entsprach den Markterwartungen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 - 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

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