Liebe Leserinnen und Leser,

Weihnachten steht vor der Tür. Die Märkte verteilen fast täglich neue Geschenke.

A propos „Geschenke“: Auch für Griechenland gibt´s ein fettes Weihnachtsgeschenk der Ratingagentur Standard & Poor´s. Gleich um sechs Stufen wurde die Bonität über Nacht erhöht. Als Begründung wurden die Schuldenverringerung durch den erfolgreichen Anleihenrückkauf und das Sparprogramm genannt.

Siehe SPIEGEL

Erst vor 2 (!) Wochen war Hellas von der gleichen Ratingagentur auf „teilweisen Zahlungsausfall“ heruntergesetzt worden, nachdem die griechische Regierung den Rückkauf der Schulden angeboten hatte.

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Ein wahrer Zauberstab, mit dem Ratingagenturen agieren. Heute hü, morgen hott. Ich denke, das ist es, was sie bei den Regierungen und auch vielen Marktteilnehmern so unbeliebt macht. Über Nacht 6 (!) Stufen verbessert. Wissen Sie, ich sehe es durchaus mit einem Auge kritisch, wenn europäische Regierungen eine ihnen möglicherweise willfährige eigene Ratingagenturen gründen. Aber solche Entscheidungen – noch mal: 6 Stufen über Nacht! – das ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker.

Ganz nebenbei hängen ja Investmententscheidungen davon ab. Fonds, Versicherungen usw. dürfen nur innerhalb gewisser Bonitäten anlegen. Ein ständiges Rein und Raus bringt da wohl mittleres Chaos. Kopfschüttel…

 

Ach, und wenn man sich die Märkte weiter betrachtet, völlig klar: Krise? Was ist das? Krise war gestern. Oder etwa nicht?

 

Ganz nach dem Motto „No risk, no fun“ erleben zurzeit insbesondere die Risiko-Assetklassen einen Höhenflug nach dem anderen. Genauso bullenfest wie die Aktien steigen die Anleihen der PIIGS-Staaten Woche um Woche. Die Party geht hier ungebremst weiter. Die Kurse steigen, die Zinsen befinden sich im Sinkflug.

 

10 Jahre Italien 4,42% (nach 4,76% in der Vorwoche), Spanien 5,28 % (nach 5,48%), Portugal 7,14% (nach 7,53%), Griechenland 12,70% (nach 13,26%).

 

Völlig ausgeblendet werden die volkswirtschaftlichen Realitäten, zum Beispiel die massive Schuldenzunahme in Italien (oberhalb der Exponentialkurve). Was tat also weh?

Mehr dazu bei DWN

 

Oder auch das sehr wahrscheinlich klare Verfehlen des spanischen Defizitziels für 2012.

Dazu mehr im Handelsblatt

 

Derzeit existiert überhaupt kein Risikobewusstsein mehr. Hintergrunddenken vieler Zocker, äh Investoren, bei den PIIGS-Bonds: Es wird sowieso alles gerettet. Das Denken bei den Aktien dürfte sein: Man bekommt hier noch einen Gegenwert bzw. Sachwert für das inflationierte Geld (Geldmengenanstieg).

 

Wann soll man von einer Party gehen? Richtig: Wenn´s am schönsten ist. Wenn man zum Beispiel eine nette Begleitung für den Heimweg gefunden hat (also hier der „Gewinn“). Wenn man aber auf einer Party immer mehr trinkt und trinkt und trinkt und den klaren Kopf verliert, wacht man am nächsten Tag mit nem Kater auf. Also in Feierlaune immer nicht vergessen: Gehen, wenn´s am schönsten ist ;)

 

Der Bund-Future, in den letzten Wochen ebenfalls in Partylaune, gab dann doch in diesem Umfeld etwas nach.

 

Im Jahresverlauf bleibt auch hier ein sattes Plus. Aber bitte jetzt mit Longs vorsichtig agieren. Bei 146 ist bisher immer der Deckel drauf gewesen, Bund-Rendite 10 Jahre heute 1,43%.

 

Ein nettes Tröpfchen auf den heißen Stein ist übrigens der minimale Rückgang der deutschen Target-2-Forderungen von 719 Mrd. € auf 715 Mrd. €. Ich will ja auch positive Meldungen bringen :-)

Mehr dazu in der WELT

 

Allerdings weiß noch niemand, wie dieser Saldo jemals zurückgeführt werden soll oder kann.

 

Wer sich für die Schulden-Rettungspakete („Eurorettungspakete“) für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien interessiert, hier gibt´s eine schöne Aufstellung:

Siehe Tagesschau

 

Sehr interessant übrigens auch der Schwenk der amerikanischen Notenbank, nicht mehr bedingungslos auf Dauer eine Niedrigzinspolitik zu fahren. Zwar hatte es schon im Herbst zwischen den Zeilen Hinweise darauf gegeben, dass man künftig bei der Zinspolitik wieder auf die Konjunktur achten würde. Die kurzfristigen Zinsen hängen aber nun von der Arbeitslosenquote ab. Ab 6,5% Arbeitslosenquote (derzeit 7,7%, Trend fallend) können die Zinsen in den USA wieder steigen. Wie reell diese Arbeitslosenquote ist, spielt da natürlich keine große Rolle.

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Und zum Tagesanzeiger

 

Zuletzt noch ein Blick auf die aktuelle Personalentscheidung: Nicht ein Franzose noch ein Este wird neuer Eurogrippenchef, sondern der Holländer Dijsselbloem. Nachdem klar war, dass niemals ein deutscher Vertreter – weil zu sehr stabilitätsorientiert und einfach zu sehr verhasst in Europa – einen solchen Posten bekommen könnte, wurde es ein Holländer. Mit dem letzten Holländer in verantwortlicher Position, dem seinerzeitigen EZB-Präsident Duisenberg, hatten gerade wir Deutsche gute Erfahrungen gemacht. Ich hoffe, Dijsselbloem kann an diese Tradition anknüpfen.

Siehe Tagesschau

 

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben ein Frohes Weihnachtsfest. Denken Sie daran, Weihnachten ist ein Fest der Liebe und der Herzen. Das ist, was zählt.

Ihr

Steffen Scholz

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