Liebe Leserinnen und Leser,
nachdem noch vor der Sommerpause in der EU Fakten geschaffen werden sollen, dass Banksparer und -Aktionäre zur Kasse gebeten werden und nur noch 100.000€ pro Konto sicher sein sollen, fragt man sich natürlich: Wohin geht nun „das Geld der Vermögenden“, um vor einem Haircut oberhalb dieser 100.000€ sicher zu sein?
Die einen sagen, verschiedene Konten eröffnen, dann sei es sicher. Da bin ich mal gespannt, ob es am Ende dieses Schlupfloch geben wird.
Diejenigen, die ihre über 100.000€ liegenden Guthaben mit Hilfe von Edelmetallen in Sicherheit bringen wollen, wurden umgehend eines Besseren belehrt. Es ist wieder einmal offenbar geworden, dass auch die Edelmetalle hohe Kursrisiken bergen. Ob es da etwa einen Zusammenhang gibt???
Der Absturz von Gold und Silber in den vergangenen Tagen war nahezu beispiellos und – auch wenn alle möglichen Erklärungen genannt werden – in dieser Dimension nicht erklärlich. Realistischer Weise können es Margin Calls aus Termingeschäften gewesen sein, die gnadenlos gezogen wurden und schneeballartig die Edelmetallkurse zertrümmerten. „Parallelwährungen“ wie Gold und Bitcoins, die neben dem klassischen Finanzsystem bestehen, werden immer gewissen Angriffen ausgesetzt sein.
Die dritte Alternative, wo das „Geld der Vermögenden“ hinwandern wird, könnte Teil eines möglicherweise bestehenden Masterplans sein: In den Konsum! So nach dem Motto: Wenn sich das Geld oberhalb von 100.000€ in akuter Gefahr befindet, warum verkonsumiert man es dann nicht einfach? Dies, liebe Leserinnen und Leser, könnte durchaus hinter der Verunsicherung der Bankguthaben stecken. Und könnte die Wirtschaft in der Eurozone wieder ankurbeln. So nach dem alten, auch von Dirk Müller immer wieder zitierten Cui-Bono-Prinzip.
Die gleiche Sprache spricht selbstverständlich auch die lang anhaltende Niedrigzinsphase. Lieber die Kohle in den Konsum stecken als mehr oder weniger zinslos bunkern.
Dass eine Spekulationsblase – wenn es denn eine war – platzen kann, haben wir also ganz aktuell bei den Edelmetallen vor Augen geführt bekommen. Eine solche Situation kann selbstverständlich jederzeit auf allen Märkten stattfinden. Theoretisch auch beim Bund-Future. Hier sprechen nicht wenige seit einiger Zeit ebenfalls von einer „Blase“. Frage: Wer will denn ernsthaft einem Staat Geld für einen Zeitraum von 10 Jahren zu einem mageren Zinssatz von ca. 1,25% leihen? Auch vor dem Hintergrund, dass Staatsschulden bekanntlich immer wieder nur durch die Aufnahme neuer Schulden „getilgt“ werden. Machen Sie das mal privat, da wird Ihnen Ihre Hausbank die Hammelbeine langziehen! Aber Sie müssen auch bei bester Bonität, also besten Sicherheiten und solidem Einkommen, das Doppelte an Zinsen an Ihre Bank bezahlen wie der Bund.
Es geht, liebe Leserinnen und Leser, in Zeiten eines Edelmetallcrashs, eines Bund-Futures von knapp 146 Punkten (ich habe schonmal als Rentenhändler 79,93% im Bund-Future erlebt), eines DAX von knapp 8.000 und eines Dow von knapp 15.000, in Zeiten von drohenden Haircuts für Sparer und Enteignungen von Bankaktionären (schon geschehen, Beispiel Northern Rock) oder zuletzt den Bitcoins einzig und allein darum, mit einem möglichst geringen Vermögensverlust aus der seit Jahren bestehenden Finanzkrise herauszukommen. Fast alle Assetklassen haben zwischenzeitlich ihren eigenen Crash erlebt, manchen steht er womöglich noch bevor. Meines Erachtens wird keiner ungeschoren davonkommen. Mutige Aussage: Crashs sind durchaus auch eine Form des Haircuts.
Ein Ende der Finanzkrise, das möglicherweise völlig überraschend eines Tages durch einen weltweit zeitgleichen Reset geschehen wird, könnte dann einen „Kapitalismus 2.0“ einläuten, in den man dann mit einem Vermögen von X startet. Die Höhe des dann geringeren Vermögens – schließlich würden dann die Staats- und eventuell auch Bankschulden teilweise gestrichen, das wäre linke Tasche/rechte Tasche ein Nullsummenspiel – hängt dann davon, wie man es über die Runden gebracht hat.
Zu den Märkten:
Interessant wird sein, welche Märkte nach der in dieser Woche beginnenden Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds neue Richtungen einschlagen. Das sollte man durchaus im Blick haben.
Die Zinsmärkte bewegten sich – per Saldo! – in der Berichtswoche nur wenig
Renditen-Factsheet | aktuell | Vorwoche |
Deutschland | 1,25% | 1,26% |
Italien | 4,35% | 4,35% |
Spanien | 4,73% | 4,73% |
Portugal | 6,23% | 6,46% |
Griechenland | 11,37% | 11,35% |
Frankreich | 1,80% | 1,80% |
USA | 1,72% | 1,75% |
Kurs Bund-Future | 145,70% | 145,62% |
Die Zinssätze sind unverbindliche Indikationen zum Zeitpunkt der Erstellung des Rentenmarktskommentars für Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit
Der Bund-Future knackte Mitte letzter Woche zunächst die starke Unterstützung bei 145,62/70 und stabilisierte sich in der vorangegangenen Widerstandsregion 144,99/145,09 (s. RMK vom 27.03.13). Betrachten Sie sich bitte den Einjahres-Chart genau: In der Region zwischen 145,60 und 146,50 war dann doch immer heftigster Widerstand. Der Abstand zum TMA (bei ca. 144,40) ist immer noch recht hoch, der RSI liegt bei gut 60 und das Momentum ist noch negativ. Mit Long-Positionen wäre ich vorsichtig.
Am heutigen Mittwoch stockt der Bund seine zehnjährige Anleihe um 4 Mrd. auf, was durch Absicherungs- oder Hedginggeschäfte etwas auf den Markt drücken könnte.
Diese Woche sind dann auch noch die „Euro-Sorgenkinder“ Portugal und Spanien sowie Frankreich am Staatsschuldenmarkt aktiv.
Eine wunderschöne Woche wünscht Ihnen
Steffen Scholz
Kommentare
natürlich kann das Geld in Aktien wandern. Aber schon oft genug gab es gerade in Zeiten solider KGV´s auch in dieser Assetklasse Crashs.
Merke: Niedrige Index-KGV´s (ich rede nicht von Einzelaktien-KGV´s) bedeuten niedrige Kurs-Markterwartungen für die Zukunft, hohe Index-KGV´s bedeuten im Nornalfall steigende Kurs-Markterwartungen. Machen Sie sich mal den Spaß und schauen sich die KGV´s in Aktiencrashzeiten an.
Nur, weil momentan wenig "Angst" in den Aktienmärkten steckt, heisst es nicht, dass diese nicht fallen können. Börsenpsychologisch sind das sogar oft die gefährlichsten Zeiten. Und Dirk Müller hat gestern oder vorgestern zurecht darauf hingewiesen, dass Einbrüche bei den Goldkursen in der jüngeren Vergangenheit oft Vorläufer für Aktienkurseinbrüche waren.
Das Wort "Haircut" bei Aktienvermögen war also nur bildlich für einen "Crash" verwendet um zu symbolisieren, dass Vermögensverluste tatsächlich ALLE Vermögensklassen treffen können.
Die Politik ist gegenüber gewissen Aktienkursbewegungen im Normalfall sehr gelassen. Gerade in der heutigen Zeit, in der es heisst, dass insbesondere "die Vermögenden" die Zeche zahlen sollen, wird sich die Politik aus den Aktienmärkten vollständig heraushalten.
Einzig im Falle von Tagescrashs an den Aktienmärkten oder lange anhaltenden Baissephasen soll schon das sogenannte "Plunge Protection Team" gelegentlich in die Aktienmärkte eingegriffen haben. In Zeiten von Aktienindexhöchtständen wie derzeit bestünde dazu allerdings nicht die geringste Veranlassung.
Grüße
Steffen Scholz
die (ehrlichen) privaten Vermögenden sind schon immer in Immobilien in Bestlagen der soliden deutschen Metropolen gegangen. Die werden kaum was an ihrer Strategie ändern. Im Fall der Fälle müßte wohl eine Sondersteuer auf Immobilien gezahlt werden, der keiner entkäme. Aber immer noch besser als ein Haircut bei 100.000€ Guthaben. Nur: Auch bei den Immobilien muss man sich immer vor Augen halten: Wie hoch ist der Mietertrag, wie hoch das regionale Bevölkerungswachstum, wie hoch die erwartete durchschnittliche jährliche Wertsteigerung. Bei den aktuellen Immobilienpreisen in einigen Regionen kann man von einer Überhitzung des Marktes und zu hohen Preisen ausgehen. Aber trotzdem zählt hier die alte Weisheit: Lage, Lage, Lage. Man sollte nicht dem Immobilienmarkt nachlaufen, indem man jetzt als Ersatz in schlechte Lagen oder Abwanderungsregionen investiert.
Die Mega-Vermögenden haben in der Tat derzeit ein Problem. Ich denke, sie sitzen auf hohen, kaum verzinsten Cash-Beständen. Sie dürften weitgehend wie das Kaninchen vor der Schlange zusehen und hoffen, dass alles gutgeht.
Sie sind nur mit kleinen Teilen ihrer Vermögen in Aktien bzw. Fonds und zu noch kleineren Teilen in Gold. Die mögen diese Assetklassen nicht, weil sie zu sehr schwanken.
Grüße
Steffen Scholz