Liebe Leserinnen und Leser,

die Zinssitzung der US-Notenbank FED brachte keine Überraschungen:

Das „Tapering“, also die Reduzierung der monatlichen Schuldenkäufe, wurde wie erwartet um weitere 10 Mrd. $ auf nunmehr 45 Mrd. $ zurückgefahren.

Auch über das Ende der Niedrigzinspolitik gab es keine neuen Erkenntnisse. Es hieß, dass der aktuelle, historisch niedrige Leitzinssatz eine „beträchtliche Zeit nach dem Ende des Bondkauf-Programms auf dem Niveau bleiben werde.“

http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/geldpolitik/zins-bleibt-auf-rekordtief-fed-faehrt-monatliche-anleihenkaeufe-weiter-zurueck/9829226.html

Damit stehen vor allem die US-Inflation (Ziel der FED: 2%) und die Arbeitslosenzahl im Fokus. Interessant war, dass die Wirtschaft – witterungsbedingt, wir erinnern uns noch gut an diese Diskussion – im 1. Quartal 2014 um nur 0,1% gestiegen ist. Nach weit über 2% Wachstum im 4. Quartal 2013 wird für das 2. Quartal 2014 mit 3,x% Wachstum in den USA gerechnet. Ich denke, dass diese Zahlen mit eine gewichtige Rolle spielen werden, wenn es um den Zeitpunkt der  Zinserhöhungen im Jahr 2015 geht. Wir erinnern uns: Börse zahlt Zukunft.

 

Am heutigen Freitag werden die für den Rentenmarkt nicht unwichtigen Zahlen des Arbeitsmarktberichts für April 2014 bekanntgegeben. Die Konsenserwartung liegt bei 215.000 neu geschaffenen Stellen.

 

Kommen wir nun zum Thema „Inflation.“

In Deutschlandstiegen die Preise im April um 1,3% (nach 1,0% im März). Das Spannende an dieser Zahl ist die extreme Unterschiedlichkeit ihrer Teilzahlen: So zogen die Preise der Dienstleistungen um sage und schreibe 2,3% an (Vormonat: + 1,5%), wohingegen die Energiepreise um 1,3% (Vormonat: -1,6%) fielen.

Vergleichen wir diese Zahlen nun mit den für die EZB (= Europäische Zentralbank) wichtigen Inflationszahlen für den Euroraum. Vergleichen? Stop! Will man die deutschen Zahlen mit denen der Eurostat-Zahlen für die Eurozone vergleichen, dann ergeben sich für Deutschland aufgrund einer anderen Berechnungsmethode nur 1,1% Inflation.

 

Jetzt aber kommen wir zur Inflationsrate der Eurozone. Wie schon gesagt, derzeitder Gradmesser für die Zinspolitik der EZB.

Diese Zahl sorgte für festere Rentenmärkte; der Bund-Future zog stark an. Warum? Die Monatsrate für die Eurozone lag gemäß Eurostat-Schnellschätzung bei nur 0,7%. Erwartet waren + 0,8% gewesen. Jetzt könnte man sagen: „Ein zehntel Prozent, was ist schon ein zehntel Prozent?“

Es zeigt sich einfach, dass die Teuerungsrate nicht vom Fleck kommt.

Am heutigen Tag möchte ich gerne mit Ihnen einen vertiefteren Blick auf diese für alle Menschen wichtige Zahl werfen: Denn auch hier zeigen sich massive, gegensätzliche Entwicklungen:

So sanken die Energiepreise in der Eurozone im April um 1,2%, die Preise für Güter ohne Energie stiegen um marginale 0,1%, Nahrungsmittel o.ä. wurden um 0,7% teurer und die Dienstleistungen zogen um satte 1,6% an.

Wäre ich EZB-Chef Mario Draghi, was hiervon wäre mir wichtig?

Mir wäre wichtig, dass die Industriegüterpreise anziehen würden. Das würde auf eine Konjunkturerholung der Industrie hinweisen. Nur + 0,1% im  April: Hier müßte ich also etwas tun.

Die Preise der Dienstleistungen (die immerhin 42,78% der Inflationsberechnung ausmachen) wären durch ihren starken Anstieg auf dem richtigen geldpolitischen Weg.

Die Energiepreise wären mir egal, diese würde ich rausrechnen. Im Gegenteil sorgen niedrige Energiepreise sogar auf kurze Sicht für höhere Kaufkraft und würden sogar den Konsum stimulieren.

Die Nahrungsmittelpreise wären mir auch egal, weil ich diese eh nicht stark beeinflussen kann.

Bleibt also nur das Sorgenkind der Preise für Industriegüter ohne Energie. 

http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/2-30042014-CP/DE/2-30042014-CP-DE.PDF

 

http://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschafts-und-finanzportal/druck-auf-ezb-haelt-an-1.18293926

 

So steht die Europäische Zentralbank nächste Woche (am 8. Mai) bei ihrer turnusgemäßen Zinssitzung vor allem vor der Aufgabe, die Industrie in der Eurozone zu stimulieren. EZB-Präsident Draghi hatte mehrfach betont, „sowohl konventionelle als auch unkonventionelle Instrumente einzusetzen, um den Risiken einer zu lange anhaltenden Phase niedriger Inflation wirksam entgegenzutreten.“

http://www.godmode-trader.de/analyse/euro-geraet-nach-draghi-aussagen-unter-druck,3727853

Ich bin gespannt, welches Instrument der EZB-Chef aus dem Köcher holt, um insbesondere etwas für die industrielle Erholung der Eurozone zu tun.

 

Nun wieder zum direkten Marktgeschehen:

Ein Blick auf die internationalen Zinssätze für zehnjährige Staatsanleihenzeigt, dass sich die langfristigen Zinsen weltweit weiter ermäßigten. Hintergrund war natürlich die Spekulation auf ein Eingreifen der EZB in der kommenden Woche, aufgrund der niedrigen Inflationszahlen in der Eurozone. Aber auch die Ukraine-Krise ließ das Kapital weiter in die „Sicheren Häfen“, die Anleihen der Kernländer fließen. Ebenfalls fielen die Zinsen der „PIIGS“-Länder auf neue Tiefs. Wer hier vor wenigen Jahren investiert hat, ich denke vor allem an Portugal, aber auch Spanien und Italien, der hat richtig fett verdient. Die EZB-Politik, die schwachen Eurozonen-Staaten massiv zu stützen, hat hier für Riesengewinne und Tiefstzinsen gesorgt.

Die Zinssätze und Kurse sind unverbindliche Indikationen zum Zeitpunkt der Erstellung des Rentenmarktkommentars für Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit

 

Der Bund-Future hat einen starken Monat April hinter sich. Mit zehnjährigen Bunds ließen sich rund 2% verdienen. Er nähert sich aktuell wieder seiner Widerstandsregion um die 145%. Der RSI macht einen leicht überkauften Eindruck und der Abstand zur 200-Tage-Linie ist recht groß. Aufwärtspotenzial bis 146,50 dürfte sich vor allem im Fall einer weiteren Eskalation in der Ukraine ergeben. Ansonsten dürfte die alte hauptsächliche Bandbreite 140 – 145 stehen.

 

Quelle: www.onvista.de

Nächsten Mittwoch begibt der Bund eine neue Bundesobligation: Die neue „Obl“ mit der Serie 169 wird am 12. April 2019 fällig sein. Geplantes Gesamtvolumen 5 Mrd. €. Die Auktionen der vergangenen drei Monate hatten zwischen 0,63% und 0,66% gebracht. In Januar hatte es noch 0,90% gegeben. Die aktuelle Serie 168 rentiert derzeit bei rund 0,56%.

Entscheidendes Thema der kommenden Woche wird die Zinssitzung der EZB sein.

Bis bald!

Ihr
Steffen Scholz

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