Liebe Leserinnen und Leser,

es ist eine wahre Kunst, mit Zahlen, Daten und Fakten jonglieren zu können. Der eine – so zum Beispiel der Steuerzahler – rechnet sich gerne arm. Der andere rechnet sich gerne reich. Reich gerechnet hat sich letzte Woche der amerikanische Staat, denn er änderte die Berechnungsgrundlage seiner Wirtschaftskraft für immerhin 84 Jahre zurück. Was hatten wir vor 84 Jahren? Richtig, 1929, das Jahr des legendären Crashs, des Schwarzen Freitags. Auf jeden Fall buchte der US-Staat jetzt rückwirkend bis ins Crashjahr seine Ausgabenfür Forschung und Entwicklung in Investitionen um. Ein T-Konto ausgedünnt, das andere hochgeschrieben, und schon haben wir ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts J Ohne, dass mehr produziert worden wäre, ohne dass wirklich jemand dadurch reicher geworden wäre. Wachstum durch Zauberei! Jeannie hätte ihre Freude gehabt.

So langsam scheint sich in der Eurozone, gerade bei einigen Sorgenkindern, der eine oder andere Konjunkturhimmel aufzuhellen: Spanien konnte beim Bruttoinlandsprodukt des 2. Quartals eine Schrumpfung von nur noch 0,1% berichten. Italien zeigte für diesen Zeitraum einen Rückgang von nur 0,2%. Zwar ist das nun schon das achte Quartal in Folge, dass man eine Schrumpfung berichten muss, aber die Markterwartung hatte sogar bei -0,4% gelegen. Die italienische Industrieproduktion hat gar den zweiten Monat in Folge zugelegt.

Was heisst das für den Anleger?

Dem Bund-Future könnte die beginnende Normalisierung in der Eurozone etwas zusetzen, ganz nach dem volkswirtschaftlichen Gesetz, dass sich bessernde Konjunkturdaten mit steigenden Zinsen einhergehen. Also wieder mehr Vorsicht, bitte.

Umgedreht könnten die Risikoaufschläge für spanische und italienische Staatsanleihen gegenüber den deutschen Staatsanleihen („Bunds“) sinken. Voraussetzung natürlich, dass die Entwicklungen in Italien und Spanien „nachhaltig“, also von längerer Dauer sind. Die ersten Zuckungen in diese Erwartungsrichtung kann man aktuell schon an den Zinssätzen ablesen:

Die Zinssätze sind unverbindliche Indikationen zum Zeitpunkt der Erstellung des Rentenmarktkommentars für Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit

 

Am Donnerstag wird die deutsche Industrieproduktion für den Juni bekanntgegeben. Der Analystenkonsens liegt bei + 0,4%. Nach den überraschend guten italienischen und spanischen Daten könnten wir als Exportnation womöglich davon profitiert haben und die + 0,4% übertroffen haben. Wäre gut für Aktien, weniger gut für Anleihen.

Schon die heute veröffentlichten deutschen Auftragseingänge waren mit + 3,8% heftigst gut!

 

Aktienseitig könnten eurozonen-exportorientierte Werte von diesem Eurozonen-Silberstreif am Horizont die Gewinner sein. Also bitte in den nächsten Wochen ganz genau hinschauen, was sich besonders in diesen beiden europäischen Volkswirtschaften (Italien/Spanien) tut.

Die Notenbanken blieben vergangene Woche erwartungsgemäß ohne Zinsbeschlüsse. Wobei das Ping-Pong-Spiel der FED auffiel, dass man eventuell doch noch nicht im September mit der Reduzierung des Schuldenaufkaufprogramms beginnen dürfte. Mir persönlich fehlt da momentan eine klare Linie.


Das deutsche Zinsbarometer, der Bund-Future, der zehnjährige Bundesanleihen abbildet, steht seit nahezu zwei Wochen wie in Stein gemeißelt um die 142,50% herum: 

Fundamental gäbe es, wie oben erwähnt, durchaus Zinserhöhungs- (also Kursverlust-)potenzial, sofern sich die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone verfestigt.

Charttechnisch hingegen wirkt der Markt kurzfristig leicht überverkauft. Der Bund-Future hätte also vom Chart her sogar kurzfristig etwas Erholungspotenzial, denn der Abstand zur 90-Tages-Linie ist recht hoch und auch der RSI relativ niedrig.

Quelle: www.onvista.de

Was macht man in solch widersprüchlichen Märkten? Abwarten.

 

Eine zauberhafte Woche wünscht Ihnen

Ihr Steffen Scholz

P.S.: Vielleicht gelingt es mir eines Tages, meinen Schokoladenkonsum in Investitionen in den Bauchumfang umzubuchen…

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