Liebe Leserinnen und Leser,

was müssen wir in diesen Tagen alles über uns ergehen lassen? Eine im Bundestag – höflich gesagt – singende SPD-Generalsekretärin, endlose Diskussionen um die Halskette der Bundeskanzlerin. Als hätte dieses Land nicht andere Sorgen:  Fast grenzenlose Haftung für andere Staaten und das Herauskaufen von Banken in wahnwitziger Höhe mit ungewissem Ausgang, Chancenungerechtigkeit bei der Bildung, ein überbordender Billiglohnsektor, ungelöstes Renten- und vor allem Pensionsfinanzierungsproblem, Chaos bei der Energiewende, ungestrafte Brüche gegen das Grundgesetz durch Unbefugte (z.B. Art. 10 Post- und Fernmeldegeheimnis, Art. 13 Unverletzlichkeit der Wohnung) . Ich glaube, auch Ihnen fallen noch massenweise wichtigere Dinge ein als die Halskette oder das Singen der Pippi-Langstrumpf-Melodie.

Wahlen, Wahlen, Wahlen… Ich bin wirklich froh, wenn  das rum ist. Aber:

Interessant - auch für die Märkte -  dürfte das Abschneiden der AfD auf Bundesebene sein. Es gibt hier ja auch die „offiziellen“ Umfragen, die die eurorettungskritische Partei derzeit bei 3% sehen. Es gibt aber auch ganz andere Umfragemethoden: So existiert z.B. das so genannte „Wahlometer“, das die AfD seit Wochen stabil bei 11% sieht  (www.wahl-o-meter.com ). Wie gesagt, das ist keine Wahlempfehlung. Ich selbst bin ja bei einer anderen Partei aktiv, für die ich für den bayerischen Landtag kandidiere. Spannende Frage übrigens: Wo wandern in Bayern die AfD-Stimmen hin, die zur bayerischen Landtagswahl nicht antritt?

In jedem Fall aber hätte ein durchaus möglicher Einzug der AfD in den Bundestag Auswirkungen auf die Märkte. Könnte diese Partei eventuell sogar an einer unionsgeführten Regierung beteiligt werden? Das wäre nicht einmal auszuschließen. Für diesen Fall wäre zu erwarten, dass die Füllhörner über die Eurozone und das Bankensystem nicht mehr so großzügig ausgeschüttet würden. Mit Auswirkungen auf die Renditen der Europeripherie-Staatsanleihen („PIIGS-Bonds“), Währungen und natürlich auch Aktienmärkte. Zögen also die „Eurokritiker“ AfD in den Bundestag ein, dürfte über Nacht die Euro(schulden)krise wieder auf dem Tablett erscheinen.

Märkte leben von Vertrauen, bitte nicht vergessen. Be prepared!

Renditen-Factsheet

aktuell

am 29.08.13

Deutschland

1,98%

1,87%

Italien

4,44%

4,41%

Spanien

4,52%

4,54%

Portugal

6,78%

6,62%

Griechenland

10,52%

10,38%

Frankreich

2,56%

2,46%

USA

2,93%

2,79%

Kurs Bund-Future

139,35%

140,44%

Die Zinssätze und Kurse sind unverbindliche Indikationen zum Zeitpunkt der Erstellung des Rentenmarktkommentars für Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit

 

Dass die europäische Bankenkrise noch lange nicht vom Tisch ist, zeigen die beiden folgenden Meldungen:

Erik Berglof, Chef-Volkswirt der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, sieht immer noch große Gefahren im slowenischen Bankensystem. So stiegen die  Rücklagen für Kreditausfälle auf € 7,54 Mrd. , was sage und schreibe 16,3% aller dortigen Kredite ausmachen soll.

Format.at

Auch in Kroatien hat die Notenbank die „Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen die regionale Privatbank Centar Banka (CEBA) beantragt.“

Börse-Express

Und nun zu unseren eigenen Märkten:

Gestern begab die Finanzagentur des Bundes die neue fünfjährige Bundesobligation Serie 167. Diese verfügt immerhin wieder über einen Zinskupon von 1% (nach zuvor 0,25%) und wurde im Schnitt zum Kurs von 99,98 emittiert, sodass eine Rendite von 1,00% herauskommt. Das ist eine deutliche Steigerung: Noch im August hatte es nur 0,64% gegeben. Wir dürften uns also weiter auf dem Weg zur „Zinsnormalisierung“ befinden. Beachten Sie aber bitte die Bundestagswahl, denn unter den oben genannten Umständen könnte das schlagartig wieder anders sein.

Nächsten Mittwoch bringt der Bund dann seine neue zehnjährige Bundesanleihe heraus. Sie wird eine Laufzeit bis zum 15. August 2023 (ISIN DE0001102325). Der Zinskupon wird kurz vorher festgelegt, könnte dann aber wohl bei auch schon bei 2% liegen. Die August-Emission rentierte bei 1,80% bei einem Zinskupon von 1,50%.

Ein laues Lüftchen war unter diesen Voraussetzungen die Erholung des Bund-Future in der Vorwoche gewesen. Politische Märkte haben wie schon mehrfach ausgeführt kurze Beine. Mit Schmackes nach unten ging es also mit dem Bund-Future, nachdem es in Syrien keinen schnellen Einsatz der USA gegeben hatte. Der Bund-Future folgte also in der Berichtswoche seinem mittelfristigen Abwärtstrend weiter. Die Renditen der zehnjährigen Bunds liegen aktuell bei knapp 2%. Echter Support des Bund-Future kommt erst wieder in der Region von 135.

Heute die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB befindet sich im Entscheidungs-Sandwich: Auf der einen Seite bräuchte Deutschland schon seit längerem Zinserhöhungen und auch die Euro-Südstaaten kommen so langsam etwas auf die Beine. Man könnte also durchaus die Zinsen erhöhen. Auf der anderen Seite steht die Erholung der schwächeren Euroländer wohl noch auf tönernen Füßen, sodass man da erst einmal deren Nachhaltigkeit abwarten sollte. Ein für mich unwahrscheinlicher Zinsschritt heute – noch vor der Bundestagswahl – wäre ein echter  Paukenschlag und eine große Überraschung.

Eine schöne und glückliche Woche wünscht Ihnen
Steffen Scholz

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