Liebe Leserinnen und Leser,

der Schock sitzt noch tief…

 

Kaum sagt man mal was Positives über die Europäische Zentralbank (EZB), setzt es Prügel. So geschehen bei meinem letzten Rentenmarktkommentar vor zwei Wochen.

Rückblickend hatte ich die Politik der EZB als „bislang erfolgreich“ bezeichnet. Diese Formulierung beinhaltete übrigens keine Voraussage für die Zukunft. Sie kennen meine Kritik an der weltweiten Druckerpresse seit Beginn, meine Kritik am Wettlauf um die größte Menge künstlich gedruckten Geldes. Ich lasse mich daher nur ungern als „Mainstream-Medien“-Journalist bezeichnen, wie vor zwei Wochen leider geschehen. Also gut, Schwamm drüber, es geht wieder weiter. Für meine Kritiker: Ich hab meinen Kopf immer noch zum Selbstdenken.

Ich hab mich übrigens letzte Woche nicht in die Schmollecke zurückgezogen, sondern nur extrem viel Streß in meinem Hauptberuf gehabt, sodass ich Sie vergangenen Donnerstag nicht mit einem Rentenmarktkommentar beglücken konnte.

Und jetzt zurück zum Geschehen.

 

US-Notenbank FED lässt Leitzinsen unverändert, aber Zinsanhebungen könnten stärker als bislang erwartet ausfallen!

Oberflächlich betrachtet gab es bei der gestrigen Sitzung des FED-Offenmarktausschusses („FOMC“) keine Überraschungen: Der Leitzins blieb unverändert und die monatlichen Schuldenaufkäufe wurden planmäßig um weitere 10 Mrd. $ auf nunmehr 15 Mrd. $ reduziert. Auch werde die erwartete Leitzinserhöhung der US-Notenbank eine „considerable period“, also einen „beträchtlichen Zeitraum“ nach dem letzten Schuldenaufkauf liegen. Soweit alles in Butter. Wie von mir erwartet, scheint der starke Dollaranstieg die erste Besorgnis bei der FED zu erregen, insbesondere was die Exporte der US-Wirtschaft betrifft. Feste Währung bedeutet bekanntlich Gefahr für die Exportwirtschaft. Wohl auch vor diesem Hintergrund wurde nun von der FED-Chefin klargestellt, dass der Zeitplan für eine Zinserhöhung kein „festes Versprechen“ sei.

Dies alles hätte doch zu sinkenden Bund-Renditen müssen, oder?


Der Hammer kam aber noch: Wie von mir schon vor längerer Zeit prognostiziert, dürfte die FED - wie früher schon berichtet, ich habe da schon zweimal Charts dazu gezeigt – nach Beginn ihrer Zinserhöhung in vielen schnellen Trippelschritten die Leitzinsen auf ihr neues Niveau heben. Die Erwartung der Zinsprognosen gehen nunmehr bis Ende 2017 auf einen Leitzins von bis zu 3,75% hoch (die sogenannte „Forward Guidance“)! Nachdem zuvor noch mit nur 3,25% spekuliert worden war, war dies die faustdicke Überraschung für die Anleihenmärkte. Daher gingen also die Renditen mittel- und langfristiger Bonds deutlich hoch, die maßgeblichen Bondmarkt-Futures wie z.B. der Bund-Future brachen ein. Denn: Wer würde sich eine langlaufende Anleihe mit einer Rendite von 2,60% hinlegen, wenn der kurze Geldmarkt bei 3,75% wäre? Höchstens in einer „inversen Zinsstruktur“ (Anm: „Inverse Zinsstruktur“ bedeutet: Kurze Zinsen höher als die langen Zinsen).

Aber wer weiß, wie es wirklich ausgeht?

Wie gut hält die US-Wirtschaft auf Dauer den festen Dollar aus?

Wie gut würden US-Volkswirtschaft und -Haushalt dermaßen massive Leitzinserhöhungen verkraften?

 

http://www.dw.de/leitzins-die-fed-h%C3%A4lt-kurs/a-17931608

 

http://www.dailyfx.com/devisenhandel/fundamental/marktalarme/2014/09/17/170914-fomc.html

 

http://www.bloomberg.com/news/2014-09-17/fed-decision-day-guide-considerable-debate-on-forward-guidance.html

 

 

Bund-Future schwach

Nicht nur durch den Rollover des Bund-Futures vom September-2014- auf den Dezember-2014-Kontrakt schwächte dieser sich also deutlich ab. Erklärung siehe oben. RSI und Momentum befinden sich entgegen dem oben genannten fundamentalen Szenario charttechnisch im stark überverkauften Bereich.

Quelle: www.onvista.de

Banken leihen sich bei EZB weniger Geld als erwartet – wie kann die Wirtschaft jetzt noch angekurbelt werden?

Neue Nachrichten übrigens von der europäischen Bankenseite: Die Banken liehen sich bei der EZB nur 82,6 Mrd. € über ihre neue EZB-Kreditlinie („LTRO“). Weniger als 100 Mrd. € galten im Vorfeld als für die erhoffte Ankurbelung der Eurozonen-Wirtschaft enttäuschend. Und enttäuschend war´s dann wohl auch. Die Frage ist: Wie kann die EZB nun die Banken motivieren, mehr Geld bei ihr über LTRO´s aufzunehmen? Man merkt, die ganze Wirtschaftsankurbelung über Gelddrucken gestaltet sich schwierig. Es ist die Frage, wieviel Geld die Volkswirtschaften der Eurozone überhaupt benötigen.

 

http://www.zeit.de/news/2014-09/18/ezb-banken-leihen-sich-826-milliarden-euro-bei-der-ezb-18115402

 

Blick auf die weltweiten Renditen

Der Rundumblick des Renditen-Factsheets zeigt deutlich, dass die langfristigen Zinsen in allen Ländern zuletzt auf breiter Front angezogen sind. Nach den Renditen-Rekordtiefs der Vorwochen wurden erste Zinsängste spürbar.

Die Zinssätze und Kurse sind unverbindliche Indikationen zum Zeitpunkt der Erstellung des Rentenmarktkommentars für Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit

 

 

Die neue zehnjährige Bundesanleihe kam am 10. September wie erwartet zu einem neuen Allzeit-Renditetief: Im Schnitt wurde den Anlegern für den 1-Prozenter (!) eine Rendite von nur noch 1,05% geboten. Zuvor war sogar eine Verzinsung von unter einem Prozent für möglich gehalten worden. Entscheiden Sie selbst, ob Sie Ihr Geld für rund 1% zehn Jahre lang verleihen wollen.

 

Jetzt ist erstmal der Druck aus den Terminen für Zentralbankratssitzungen raus

Die EZB trifft sich erst wieder am 2. Oktober. Es bleibt abzuwarten, welche Strategie EZB-Chef Draghi präsentiert, um das billige Geld (LTRO) besser bei der Wirtschaft ankommen zu lassen.

 

Die nächste Zinssitzung der US-Notenbank findet erst wieder am 29. Oktober statt.

 

Eine glückliche Woche wünscht Ihnen

Steffen Scholz

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