Am 30.04.2019 erschien hier auf Cashkurs mein Beitrag mit dem Titel „Moskauer Börse im Aufschwung“. Daraufhin erreichten mich die Emails einiger Leser und Zuschauer, die weitere Informationen zu russischen Rubel-Anleihen und Anleihe-Empfehlungen wünschten.

Grundlegende Informationen – keine Empfehlungen

Nachfolgend liefere ich gerne wichtige Informationen zu diesen Anleihen. Konkrete Empfehlungen mache ich nicht. Dafür nenne ich beispielhaft ein paar Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten und überlasse die Auswahl jedem einzelnen Investor selbst.

Kauf in der Schweiz

Ein Leser fragte mich nach einem guten Online-Broker in der Schweiz. An der Stelle muss ich passen. Ich kann keine Online-Broker in der Schweiz nennen. Hinzu kommt, dass die Schweiz ihre Banken anhält, den US-Sanktionen gegen Russland treu zu folgen.

Ich kenne Schweizer Banken, die aus diesem Grund keine Anleihen der Russischen Föderation handeln. Zumindest nicht, wenn der Emittent direkt die RF ist. Gleichzeitig kenne ich keine Schweizer Bank, die diese Papiere handelt. Das heißt jedoch nicht, dass es diese Banken nicht gibt.

Man hat nur das, was man hat – Kapitalverkehrskontrollen möglich

Relativ problemlos werden die Anleihen von Banken in Deutschland ins Depot geliefert. Da Wertpapierdepots von den Banken quasi treuhänderisch verwaltet werden, und keine Verbindlichkeit gegenüber dem Bankkunden im klassischen Sinn, wie beispielsweise bei einem Sparkonto darstellen, halten sich meine Sorgen bei einer eventuellen Bankenpleite im Rahmen. Was allerdings noch gilt, wenn es richtig kracht, weiß natürlich niemand. Außer: „Man hat nur das, was man hat.“ Wie z. B. ein paar Edelmetallmünzen im persönlichen Zugriff.

Auch die Schweiz könnte - im Falle eines kompletten Einbruchs und Euro-Desasters - die Grenzen dicht machen und zumindest zeitweilig Kapitalverkehrskontrollen einführen. Dann kommt man als Ausländer möglicherweise, zumindest für eine gewisse Zeit, nicht an sein Vermögen. Das sollte man zumindest im Hinterkopf behalten.

Nun zu den Anleihen & dem „Schlagzeilen-Kontraindikator“

Nachdem ich schon Ende der 90er erfolgreich in Rubelanleihen investiert hatte, war das Thema für mich für mehrere Jahre vom Tisch.

Als das Russland- und Putin-Bashing jedoch im Jahr 2015 für jeden kritischen Beobachter unerträgliche Auswüchse annahm, der Rubel schlechtgeredet wurde, die Verschiebung der Machtachsen überdeutlich wurde und der Euro immer weniger als eine solide Währung, hinter der eine solide Notenbankpolitik steht, gesehen werden konnte, stellte ich mir die Frage, ob der russische Rubel schlechter als der Euro ist.

Als Focus Money dann schrieb “Kalter Krieg auf den Kapitalmärkten - Desaster für Putin: Russland findet für Staatsanleihe keine Interessenten“, war mein Interesse auf den Gipfel katapultiert.

Ich nehme es vorweg: Eine abschließende Antwort auf die Frage, ob der Rubel schlechter als der Euro ist, habe ich nicht gefunden. Aber als kurz- bis mittelfristiges Anlagevehikel kam er allemal in Frage.

Ich kaufte u.a. eine Anleihe mit einem Nominalzins von 6,7 Prozent. Nachdem die Anleihen vorher schlecht geredet wurden und Banken zum Teil davon sogar abgeraten haben, waren die Kurse gefallen und die Papiere rentierten sich bei einem Kauf im März 2016 mit rund acht Prozent.

Keine Chance ohne Risiko: Sanktionen & Rubel-Resterampe

Zinstechnisch also ein wahres Schnäppchen. Aber: Keine Gewinnchance ohne Risiko!

Risiko 1:
Die Russische Föderation. Was hörte man da nicht alles Schlechtes. Ob die die Zinsen bezahlen werden - und ob bei Fälligkeit meine Investitionssumme zurückbezahlt wird? Ja - und was ist mit den Sanktionen? Die zwingen die Russen doch in die Knie, oder?

Risiko 2:
Der Rubel. Was ist schon der Rubel? Der wird sicher weiter fallen gegen die tollen Westwährungen, vor allen Dingen gegen unseren Super-Draghi-Euro, oder etwa nicht?

Fragezeichen über Fragezeichen? So ist das eben mit der Spekulation.

Abwägung: Zahlungsausfallrisiko & Rubelentwicklung

Diese Fragen hatte ich mir auch gestellt. Mit dem Ergebnis, dass Frage 1 mit Frage 2 beantwortet wird: Wenn die Anleihen schon in der eigenen Währung - dem Rubel - ausgegeben werden, dann ist das Zahlungsausfallrisiko gering. Der russische Staat braucht die Rubel nur zu drucken.

Frage 2 war schon schwieriger zu beantworten. Wie wird sich der Rubels gegenüber dem Euro entwickeln?  Wenn die anfangen, den Rubel zu drucken, wie Draghi den Euro, dann wird es kritisch!

Und Russland ist ein Rohstoffland. Dementsprechend haben die Öl- und Gaspreise Wirkung auf die Währung. Um die Währungsentwicklung einschätzen zu können, muss der Investor die Öl- und Gaspreise beobachten. Allerdings läuft mittlerweile der Rüstungsexport und der Export von landwirtschaftlichen Produkten auf Hochtouren. Deutsche Industrieunternehmen siedeln sich verstärkt an und es entwickelt sich ein starker IT-Sektor in der RF.

Blick zurück auf das Währungspaar Rubel-Euro

Schauen wir uns jetzt die Entwicklung des Papiers und des Rubel/Euro-Verhältnisses zum damaligen Zeitpunkt an.

Entwicklung des russischen Rubels gegen den Euro von Januar 2016 bis Januar 2017


Der russische Rubel war gegenüber unserem Euro um rund 28! Prozent gestiegen.

Dazu nun ein kleines Rechenbeispiel
Investitionssumme im März: 50.000,-- €
Nominalzins: 6,7 Prozent bezahlt auf 55.000,-- €, da Anleihekurs bei 91 Prozent.
Tatsächlich auf die Anlagesumme bezahlter Zins: 7,4 Prozent (3.083 Euro für zehn Monate)
Kursgewinn: 3.150 Euro
Währungsgewinn: 14.000 Euro

Damaliger Gesamtgewinn bei einer Investitionssumme von 50.000 Euro: 20.233 Euro. 40,5 Prozent in zehn Monaten.

Und das mit den Russen, mit denen doch laut offizieller Lesart kein Blumentopf zu gewinnen war! Das war damals. Die Papiere sind zum Teil schon abgelaufen und werden nicht mehr gehandelt.

Jetzige Entwicklung: Rubel steigt

Ein Blick auf die kurzfristige Entwicklung des Rubels zum Euro zeigt einen Anstieg des Rubels

Rubel zu Euro:

Quelle Chart: finanzen.net

Andersrum formuliert: Heute müssen für einen Euro 73,5 Rubel bezahlt werden. Anfang Januar waren es noch rund 81 Rubel für einen Euro. Hätte man in dieser Zeit investiert, wäre schon ein kleiner Währungsgewinn von ca. zehn Prozent erzielt worden.

Konkrete Beispiele für Anleihen

Die Anleihe mit der Wertpapierkennummer A1HFEV läuft bis 2023, der Kupon liefert sieben Prozent Nominalzins, beim aktuellen Kurs liegt die Rendite bis Laufzeitende bei 7,8 Prozent.

Die Anleihe mit der Wertpapierkennummer A1HFLY läuft bis 2028, der Kupon liefert 7,05 Prozent Nominalzins, beim aktuellen Kurs liegt die Rendite bis Laufzeitende bei 8,028 Prozent.

Die Anleihe mit der Wertpapierkennummer A2RYV4 läuft bis 2035, der Kupon liefert 5,1 Prozent Nominalzins, beim aktuellen Kurs liegt die Rendite bis Laufzeitende bei 4,5 Prozent.

Die aktuelle Inflation in Russland liegt deutlich unter all diesen Zinssätzen.

Hier noch ein Langfristchart zum Rubel

Langfristig hat der Rubel gegen den Euro stark eingebüßt. Damit möge nun jeder seine Anlageentscheidungen nach eigenem Gutdünken treffen.

In einem der nächsten Beiträge befasse ich mich mit der aktuellen Notenbankpolitik Russlands.

Hier geht es zu einem Videobeitrag des Autors mit dem Titel „Deutsche Politiker gegen Deutschland - Trump treibt Moskauer Börse, "Kunstwerk" Merkel“.

Risikohinweis
Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

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