Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0730 (06:06 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0700 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 128,11. In der Folge notiert EUR-JPY bei 137,45. EUR-CHF oszilliert bei 1,0287.

Christian Buntrock und ich freuen uns, dass wir mit dem Report wieder am Ball des täglichen Geschehens sind.

Als der Report im September letzten Jahres in den Winterschlaf ging, war die Welt bis auf Corona weitgehend intakt. Gut sechs Monate später sieht das Bild anders aus. Erkennbar ist das auch an derzeitigen hektischen Anpassungen der BIP-Prognosen, aber auch der Inflationsprognosen. Westliche Zentralbanken befinden sich in einem Dilemma.

Corona begleitet uns weiter. Derzeit liegt der Fokus hinsichtlich der Risiken jedoch nicht auf der westlichen Welt, sondern auf China. China betreibt eine rigorose Corona-Politik, die derzeit das Lieferkettenproblem im internationalen Handel verschärft. Es ist nicht erkennbar, dass Peking von der Corona-Politik abrückt. Ergo werden die Belastungen für die Weltwirtschaft durch die Politik Chinas zunächst anhalten. Es ist aber grundsätzlich ein temporäres und damit konjunkturelles Problem.

Entscheidender ist die Ukraine-Krise. Das ist ein strukturelles Problem und wiegt ungleich schwerer. Diese Krise stellt eine Zäsur dar. Das gilt für die internationale Politik, aber auch die internationale Wirtschaft. Die Welt wird geteilt.

Das entspricht den geopolitischen Interessen der US-Politik, die sowohl Russland als auch China schon vor Jahren den offiziellen Feindstatus verliehen haben und deren Ziel, die ökonomische und finanzielle Isolierung dieser Länder war und ist. Anders lässt sich die Sanktionspolitik bar Rechtsgrundlagen nach der erfolgreichen Ausschaltung der Schiedsgerichtsbarkeit der WTO (USA verhinderten Besetzung der Richterstellen mit folgender Handlungsunfähigkeit der WTO) der vergangenen Jahre nicht interpretieren. Anders ausgedrückt haben die USA das regelbasierte System in Teilen ausgehöhlt und unterminiert, um ihre Ziele zunächst durch hybride Kriegsführung in Wirtschaft und Finanzen zu erreichen.

Die Ukraine-Krise, ausgelöst im Jahr 2014 durch eine Regime-Change Operation der USA (in den USA unwidersprochen, in Europa seltsamerweise immer noch diskutiert) hat eine starke Ähnlichkeit mit dem Regime-Change Operation im Iran im Jahr 1953.

Link: https://en.wikipedia.org/wiki/1953_Iranian_coup_d%27%C3%A9tat

In beiden Fällen wurden demokratisch legitimierte Regierungen gestürzt. In beiden Fällen wurde die Souveränität dieser Länder angegriffen (Bruch UN-Charta). Man hatte seitens der USA und Europas im Iran keine Probleme mit einem anschließend autoritären System. Wie stand und steht es um den Status der Demokratie in der Ukraine (u.a. Rechtsstaatlichkeit 2014 - 2022)?

Es ging und geht bei beiden Ländern ultimativ um US-Interessen (Zbigniew Brzezinski "The Grand Chessboard"). Man bediente sich in beiden Fällen aggressiver Gruppen in den jeweiligen Ländern, die vom US-Geheimdienst geführt wurden.

Der US-Präsident sagte nach dem Rückzug aus Afghanistan in einem ABC-Interview, dass es dort nicht um Nationenbildung und Demokratie ging, sondern um US-Interessen.

Wie sicher dürfen wir uns in Europa sein, dass das bei der Ukraine nicht ebenso ist. Wir wissen heute, dass Herrn Strucks These, die Freiheit Deutschlands würde am Hindukusch verteidigt, lächerlich war und ist, sonst wären wir wohl noch vor Ort. Sagte Henry Kissinger nicht, dass Länder nicht Freunde, sondern nur Interessen hätten? Wie hoch ist das Risiko, dass Europa auch nur ein Bauer auf dem geopolitischen Schachbrett der USA ist?

Fakt ist, dass Kontinentaleuropa der größte Verlierer der Ukraine-Krise ist. Wir tragen die vollen Kosten dieses Konflikts durch mangelnde Versorgungssicherheit und hohe Preise. Das Risiko, das Europas Kapitalstock (Mangel an Ersatz- und Neuinvestitionen) als Grundlage aller Einkommen Schaden nimmt, ist extrem hoch. Dazu passt eine Studie des IFO-Instituts, die gestern veröffentlicht wurde. Deutsche Unternehmen planen wegen der gestiegenen Energiepreise eine Verschiebung ihrer Investitionen. 46 % gaben (1100 Firmen befragt) an, ihre Investitionen zurückzufahren. Knapp 90 % erwägen Preiserhöhungen.

Elf Prozent räsonieren, energieintensive Geschäftsfelder aufzugeben, 14 % erwägen Arbeitsplatzabbau in Deutschland. Rainer Kirchdörfer, Vorstand bei der Stiftung Familienunternehmen, sagte, für Strom müssten die Unternehmen mehr als das Doppelte zahlen als in Industrieländern mit den niedrigsten Stromkosten. Wenn wirtschaftliche Stabilität verloren wird, steht auch die politische und gesellschaftspolitische Stabilität zur Disposition. „Food for thought!

Gewinner sind Länder, die sich nicht an den Sanktionen beteiligen und sich damit eine bessere Versorgungssicherheit und voraussichtlich günstigere Preise bei Rohstoffkäufen sichern. Das optimiert ihre Standortvorteile bei Investitionen. Welche Länder gehören dazu? Türkei, Israel, Syrien, Irak, Iran, Saudi-Arabien, die Emirate, Pakistan, Indien, China, die meisten Tigerstaaten, Argentinien, Brasilien, Venezuela, Mexiko neben anderen Ländern. Viele der genannten Länder sind bedeutend bezüglich der Versorgung der Weltwirtschaft mit Rohstoffen.

So weit zur ersten, fraglos nicht umfassenden, Bestandsaufnahme dieser Krise. Derzeit ist auch nicht ansatzweise eine Chance einer Deeskalation erkennbar. Diese Belastung wird tendenziell zu-, nicht abnehmen. Die Wolken über Ökonomie und Finanzmärkten werden bedrohlicher.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Deutschland: IFO-Index überrascht positiv

Unerwartet legte der IFO-Geschäftsklimaindex per April von zuvor 90,8 auf 91,8 Punkte zu (Prognose 89,1). Der Rückgang seit Februar ausgehend von 98,9 Punkten ist hinsichtlich der geopolitischen Verwerfung durch die Ukraine-Krise erstaunlich überschaubar. Der Sub-Index, der Auskunft über die aktuelle Lage gibt, nahm von 97,1 (revidiert von 97,0) auf 97,2 Zähler zu (Prognose 95,8), während der Erwartungsindex von 84,9 (revidiert von 85,1) auf 86,7 Punkte stieg (Prognose 83,5).

Eurozone: Bauleistung nimmt zu

Die Bauleistung verzeichnete per Februar einen Anstieg im Monatsvergleich um 1,86 % nach zuvor 3,87 % (revidiert von 3,94 %). Der Stresstest durch die geopolitische Krise ist hier hinsichtlich des Zeitfensters, das abgebildet wird, nicht inkludiert.

Großbritannien: Ausgeprägte Schwächesignale

Der vom CBI ermittelte Auftragsindex sank per April markant von zuvor 26 auf 14 Punkte (Prognose 21) und markierte den tiefsten Wert seit Oktober 2021. Der vom CBI ermittelte Index der Geschäftsklimas (Business Optimism) sank per zweitem Quartal von -9 auf -34 Zähler. Das war der schwächste Wert seit dem zweiten Quartal 2020.

USA: Leichte Schwächesignale

Der von der Chicago Fed berechnete Sammelindex (85 Einzelindikatoren) für die wirtschaftliche Aktivität in den USA fiel per März von zuvor 0,54 (revidiert von 0,51) auf 0,44 Zähler. Der Dallas Fed Manufacturing Business Index ging per April von zuvor 8,7 Punkten auf 1,1 Punkte zurück.

Japan: Rückgang der Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosenquote sank per Berichtsmonat März von zuvor 2,7 % auf 2,6 % und markierte den niedrigsten Stand seit März 2021.

Südkorea: BIP besser als erwartet

Gemäß Erstschätzung nahm das BIP im ersten Quartal im Quartalsvergleich um 0,7 % (Prognose 0,6 %) nach zuvor 1,2 % zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 3,1 % (Prognose 2,8 %) nach zuvor 4,2 % ein.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0950 - 1.0980 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

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