Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0940 (07.35 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0906 im US-Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 105.44. In der Folge notiert EUR-JPY bei 115.35. EUR-CHF oszilliert bei 1.0757.

Seit 1984 bewege ich mich an den Finanzmärkten. Was gestern geliefert wurde war nach meiner Kenntnislage einmalig in der Historie der Finanzmärkte.

Die Wahl Trumps war nicht vorgesehen. Das weltweite Establishment der westlichen Hemisphäre hat mit allen verfügbaren Mitteln politisch, medial und finanziell Trump national und international bekämpft. Ergo war der Sieg Trumps eine massive Erschütterung der Erwartungshaltung, die massive Neupositionierung an Finanzmärkten weg von Risikoaktiva und dem USD verlangen würde. Diese Reaktion trat auch wenige Stunden lang ein.

In der Folge konnte sich der Euro gegenüber dem USD von 1,0990 auf 1,1300 befestigen, der DAX sank kurzfristig im vorbörslichen Handel auf 10.050 Punkte. Gold erklomm für wenige Sekunden ein Niveau bei 1337 USD pro Unze.

Ohne dass auch nur für einen Cent mehr Klarheit über die voraussichtliche Politik Trumps gegeben war, kam es dann zu einem abrupten Umschwung von Risikoaversion zu purster Risikofreude.

Der Euro sank in der Folge auf 1,0906 im US-Handel Gold kollabierte auf 1270 USD pro Unze und der DAX eröffnet heute voraussichtlich knapp 7% oberhalb der vorbörslichen Tiefststände des gestrigen Tages.

Wer will kann das auf das Spiel freier Märkte versuchen zu projizieren. Mit mehr als 30-jähriger Handelserfahrung darf ich versichern, dass derartige Bewegungen nichts mit dem System freier Märkte nach Definition von Adam Smith zu tun haben. Zur Verdeutlichung des Trumperfolgs und der massiven und natürlich rein zufälligen Fehleinschätzung nicht nur des Medienestablishments, das angeblich professioneller Neutralität verpflichtet ist:

Let us talk politics of major scale!

Das Establishment war nach der Wahl angezählt. Es hat in eindeutigster Form gegen Trump gewettet. Aus der Wall Street floss nahezu kein Geld in die Trumpkasse. Die gestrige Marktreaktion der Wall Street und Finanzaristokratie darf als Kotau vor Trump verstanden werden. Man umgarnt ihn mit dieser Gabe.

Das war der Olivenzweig, der aber nur im Eigeninteresse dieser Gruppen geliefert wurde. Es ist eine pragmatische Handlungsweise nach dem Motto, die Schlacht ist verloren, wie schaffe ich einen neue Arbeitsebene, der Krieg geht weiter…

Nun ist diese Reaktion der Märkte aber nicht nur Ausdruck der Handlungsweise der US- und der international tätigen Finanzaristokratie. Es gibt sehr viel mehr Establishment. Zentralbanken haben kein Interesse an zu starker Volatilität. Sie bewegen sich unverändert in der Politik des Krisenmodus. Ergo lieferte auch die Einlassung der Ratsmitglieder der EZB eine Form der Vollkaskoversicherung für Risikoaktiva. EZB-Ratsmitglieder Nowotny und Jazbec betonten, dass die EZB (und US-Zentralbank) hinsichtlich der Marktumstände in Folge der Wahl Trumps bereit stünden, im Notfall zu intervenieren.

Hier kommt eine weitere Struktur des Establishments ins Spiel. Während man in Europa mit schärfster Elle bei Haushaltsdefiziten misst, scheint dieses Thema bei den USA Ratingagenturen nicht zu beschäftigen. Man hat wohl etwas Wichtigeres zu tun…

Die beiden Ratingagenturen S&P und Fitch sehen bezüglich der Wahl Trumps zunächst keine Veranlassung, die Topbonität der USA zu überprüfen. Der Ausblick bleibe stabil. Wir machen hier gerne die Arbeit für die großen drei Ratingagenturen.

Nachfolgende Daten stammen von der US-Treasury:

Quelle: http://www.treasurydirect.gov/NP/debt/current

  • Defizitsaldo per 31.12.2015: 18.922 Mrd. USD
  • Defizitsaldo per 08.11.2016: 19.806 Mrd. USD
  • Neuverschuldung: 884 Mrd. USD in 313 Tagen = 4,8% des BIP
  • Hochgerechnet auf 365 Tage: 1.030 Mrd. USD oder = 5,5% des US-BIP (Eurozone 1,7%!),

...um im laufenden Jahr 1,6% (Prognose des IWF) Wachstum maßgeblich kreditbasiert zu kreieren bei den niedrigsten Kreditvergabestandards in der US-Geschichte im Konsumsektor der USA und einen höheren Leverage von Einkommen zu Konsumkrediten als vor der Lehmanpleite.

Ja, ich höre Sie, bitte keine Fakten. Die stören im Zweifelsfall…

Am Ende lässt sich ein Fazit ziehen, dass wir gestern einen historischen Moment an den Märkten erlebten, der einerseits das Modell freier Märkte negierte und der andererseits als Ausdruck von „major politics of scale“ interpretiert werden muss.

Es stellt sich die Frage nach der Trendfähigkeit der gestern forcierten Bewegungen, weniger für die Aktienmärkte, als vielmehr für die Bewertung des USD.

Die Programme Trumps werden sehr hohe Haushaltsdefizite zur Folge haben, wenn sie dann auch umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund, dass die Neuverschuldung auf dem Weg zu deutlich mehr als 5% des BIP bereits im laufenden Kalenderjahr ansteigt stellt sich die Qualitätsfrage der Ausweitung des US-BIP. Defizitquoten von 7% des BIP oder mehr sind unter Trump sehr wahrscheinlich.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine positive Haltung im Währungspaar EUR-USD favorisiert. Erst ein deutliches Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0820-50 dreht den Bias auf neutral.

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