Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 0,9880 (05:43 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Stunden bei 0,9865 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 143,92. In der Folge notiert EUR-JPY bei 142,20. EUR-CHF oszilliert bei 0,9745.

Finanzmarkt: Stabilisierungsversuche ohne nachhaltige Durchschlagskraft

Nach dem Abverkauf am Freitag sind die Aktienmärkte bemüht, sich zu stabilisieren. Bisher liefern diese Bemühungen keine Durchschlagskraft. Seitens der Geopolitik und der veröffentlichten Wirtschaftsdaten ergeben sich auch keine Katalysatoren für eine positive Neuausrichtung.

Auch vom Kapitalmarkt kommt Gegenwind. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe stellt sich aktuell auf 1,61 %, die der 10-jährigen US-Staatsanleihe auf 3,36 %. Der USD gewinnt weiter an Boden gegenüber dem EUR, dem JPY, dem GBP und den edlen Metallen. Auch Bitcoin steht unter Druck (aktuell 18.695 USD). Damit ist auch die Frage beantwortet, welches Land hinsichtlich der westlichen Hemisphäre aus der derzeitigen Konstellation kurzfristig profitiert.

„Speckpolster“ schmelzen

Die Wirtschaftsdaten aus Europa werden erkennbar kritischer. Ich verweise auf das Datenpotpourri am Ende des Kommentars. Wir leben in einem hochenergetischen Zeitalter. Ohne Energie, ohne bezahlbare Energie geht nichts, ultimativ auch keine Unterstützung dritter Länder.

Das Risiko, dass die tragenden deutschen und europäischen Wirtschaftsstrukturen (Mittelstand: Unternehmen, Bürger - Aristoteles) bis ins Mark gefährdet werden, nehmen zu. Denn eine Abkehr von der aktuellen Politik ist nicht ansatzweise erkennbar, Bürgerwille hin oder her.

Die aktuelle Interventionspolitik ist durch extrem konsumtive Subventionsmaßnahmen geprägt, die Teile der direkten Folgen der Außenpolitik im Energiesektor nivellieren, jedoch nicht strukturell bereinigen. Das ist auf Dauer nicht tragbar (auch Generationenvertrag).

  • Das finanzielle öffentliche Speckpolster (relativer Vergleich zu anderen westlichen Ländern), das in Deutschland in Teilen noch vorhanden sein mag, wird hier sehenden Auges aufgezehrt, um ökonomische Einmaleffekte zu liefern, die nur Tage, aber nicht die Zukunft retten.

  • Das finanzielle private Speckpolster wird durch extrem hohe Inflation (circa neun Prozent) bei Verlust der außenwirtschaftlichen Kaufkraft (EUR circa -20 %) und bei Deflation von Vermögenswerten (Immobilien, Aktien, Anleihen) dynamisch erodiert.

  • Entscheidender ist jedoch, dass diese Politik die Wirtschaftsstrukturen zerstört, die diesen Staat und seine Bürger finanziell tragen (laufende Einnahmen für Bürger und Staat).

Klartext: Hier wird an drei entscheidenden „Lebenszweigen“ explizit dieses Landes, aber auch implizit Europas die Axt angelegt. Für immer mehr Bürger und Unternehmen schafft diese Politik Existenzrisiken. Sind die Strukturen erst einmal zerstört, ist der Wiederaufbau, wenn er überhaupt möglich ist, langwierig und teuer (auch Verlust von „know how“). Wem nützt das außerhalb Europas?

Das Thema eines „ökonomischen Suizids“ steht hinsichtlich der Gefährdung der tragenden Wirtschaftsstrukturen im Raum. Das Bewusstsein für dieses Risiko scheint unausgeprägt.

In diesem Report und diversen Videobeiträgen haben wir vor Monaten schon vor dieser Entwicklung gewarnt. Die Warnungen sind sinnbefreit verhallt. Schade! „Food for thought!

UK: Ambitionierte Pläne, die Folgen haben werden

Die Premierministerin hat drei Prioritäten für ihre Regierung genannt. Sie würde die Steuern senken. Sie würde noch diese Woche Maßnahmen gegen die Folgen der Energiekrise für die Bürger einleiten. Zusätzlich kündigte sie Reformen beim Gesundheitssystem NHS an.

Dank des Brexit und einer „ambitionierten Außenpolitik“ gegenüber China und der EU sieht die Lage im UK noch prekärer als derzeit in Deutschland aus. Auch die Beziehungen zu den USA gestalten sich außerhalb des Themensektors Russland/China schwierig.

60 % der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes im UK sind laut einer Umfrage von MakeUK durch die Energiekrise existentiell gefährdet. Man ist mit einer sportlichen Inflation (10,1 %) höher als in der Eurozone konfrontiert. Devisenreserven schmelzen weg. Die Handelsbilanz ist chronisch defizitär und markierte im Jahresverlauf neue Höchstdefizite. Die Konsumstimmung ist an einem Allzeittief. Die öffentlichen Haushalte sind stark angespannt.

Laut Insidern stellt sich die Rechnung der fremd zu finanzierenden Programme von Liz Truss auf circa 100 - 140 Mrd. GBP.

Kommentar: Die aktuelle Krise des UK ist noch kritischer als die, der wir uns ausgesetzt sehen. Dabei darf die Entwicklung des UK durchaus als eine Blaupause interpretiert werden, was uns erwartet, sofern Politikausrichtungen nicht verändert werden. Die Finanzierbarkeit dieses UK-Programms, dass Einkommensverluste des Staates durch Konkurse nicht berücksichtigt, wirft Fragen auf. Stehen ausländische Finanziers bereit? Der Kapitalmarkt gibt bezüglich des Renditeanstiegs der 10-jährigen Gilts (aktuell 3,07 %) eine klare Antwort. Mehr noch, für 20-jährige Gilts war es nach Daten von Reuters und der Bank of England der schlimmste Monat seit 1978. Ergo müsste die Bank of England das mit der Druckpresse stemmen. Das setzte das GBP unter Druck (importierte Inflation) und erhöhte Handels- und Leistungsbilanzdefizite.

Fazit: So generiert man Abwärtsspiralen!

Währenddessen in Russland

Die BIP-Prognose wurde seitens der russischen Regierung per 2022 von bisher -4,2 % auf -2,9 % und die Prognose per 2023 von -2,7 % auf -0,9 % revidiert. Ich bin gespannt auf den World Economic Outlook des IWF, der im Oktober veröffentlicht wird, in dem auch die BIP-Prognose Russlands von zuletzt -6,0 % positiv angepasst werden wird (voraussichtlich Richtung minus vier Prozent).

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs importierten sowohl die USA als auch die EU deutlich mehr Industriemetalle aus Russland (Quelle: Comtrade, Datenbank der UN). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg der Aluminium- und Nickelimporte um 70 % auf circa zwei Mrd. USD.

Kommentar: Gegen wen wirken die Sanktionen maßgeblich und unerwartet stark?

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Die Zeichen stehen auf Rezession

Der für die Eurozone von S&P ermittelte Einkaufsmanagerindex des Konsumsektors sank per August von zuvor 45,7 auf 44,2 Punkte und markierte den tiefsten Indexwert seit Januar 2021. Der deutsche Index verlor von 43,7 auf 42,6 Zähler.

Deutschland: der Auftragseingang der Industrie fiel per Juli den sechsten Monat in Folge. Aktuell ging er um 1,1 % (Prognose -0,5 %) nach zuvor -0,3 % (revidiert von -0,4 %) zurück.

UK: Steigende Konsumstimmung bei zunehmenden Existenzängsten …

Der von S&P ermittelte Einkaufsmanagerindex des Konsumsektors stieg im UK per August von 48,9 auf 49,2 Punkte (Prognose 48,0).

USA: Kann man den ISM-Index noch ernst nehmen?

Der von S&P ermittelte Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors sank per August von 44,1 auf 43,7 Zähler und markierte den tiefsten Wert seit Juni 2020.

Dagegen stieg der ISM-Dienstleistungsindex per August von 56,7 auf 56,9 Zähler an.

Diese Divergenz ist massiv. S&P Daten implizieren eine Rezession, der ISM-Indikator deutet auf solidestes Wachstum. Sie entscheiden, wem Sie Glauben schenken wollen.

China: Außenhandel gedämpfter

Die Handelsbilanz reüssierte mit einem Überschuss in Höhe von 79,4 Mrd. USD (Prognose 92,7 Mrd. USD) nach zuvor 101,26 Mrd. USD aus. Exporte legten im Jahresvergleich um 7,1 % (Prognose 12,8 %) nach zuvor 18,0 % zu, während Importe einen Anstieg um 0,3 % (Prognose 1,1 %) nach 2,3 % verzeichneten.

Japan: Nicht „erfrischend“

Die Devisenreserven stellten sich per Berichtsmonat August auf 1.292,1 nach 1.323,0 Mrd. USD.

Der Index der Frühindikatoren verzeichnete per Juli einen Rückgang um 0,7 Punkte nach zuvor -0,3 Zählern.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 – 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

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