Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1045 (07:21 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1022 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 107.38. In der Folge notiert EUR-JPY bei 118.60. EUR-CHF oszilliert bei 1.0957.

Die kommenden fünf Wochen bieten den Weltmärkten bezüglich der "Aufführungen" im britischen Parlament ungewohnte Ruhe. Gestern kam es im Vorwege der Parlamentspause, die bis zum 14. Oktober gehen wird, noch einmal zu einem "Showdown" zwischen der Boris-Johnson Regierung und dem Parlament. Zumindest dieser "Showdown" fiel zu Gunsten des Parlaments aus. Ob mit den verfügten Maßnahmen des Parlaments jedoch die Brexit-Agenda des Boris Johnson verhindert wurde, wird sich zeigen müssen. Diese Messe ist noch nicht gelesen, da der Respekt der Johnson-Regierung für die Institutionen und Gepflogenheiten der britischen Demokratie unausgeprägt ist.

Werfen wir einen Blick auf die Fakten: Queen Elizabeth II. hat das Gesetz zur Verschiebung des Brexits unterschrieben. Unklar ist wegen divergenter Aussagen aus dem Regierungslager, ob sich die Johnson-Administration an das Gesetz halten wird. Wir sind gespannt. Ansonsten scheiterte Boris Johnson mit seinem Antrag Wahlen am 15. Oktober abzuhalten. Das war hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse erwartet worden. Das britische Unterhaus stellte erfolgreich einen Antrag auf die Herausgabe aller Brexit-Dokumente inklusive Mails und Chats.

Voraussichtlich laufen jetzt einige Löschfunktionen auf technischen Geräten heiß im britischen Regierungsbezirk Whitehall, wohl allen voran bei Cummings, Rees-Mogg und Johnson. Der mittlerweile international bekannte und auch beliebte britische Parlamentssprecher Bercow, der für diese Rolle im britischen Parlament neue Maßstäbe setzte, tritt per 31. Oktober ab. Wir haben Verständnis!

Boris Johnson verwirrt die politische Szene als auch die Realwirtschaft und die Finanzmärkte weiter. Sein Umgang mit Fakten, Wahrheiten und Menschen ist wankelmütig. Höflicher lässt sich das nicht ausdrücken.

Bei seinem gestrigen Besuch in Irland sprach er sich wieder für einen Deal mit der EU aus, was Nigel Farage gleich auf die Palme trieb.

Wir wissen, dass die derzeitigen Gespräche London/Brüssel Ausdruck des Interesses der britischen Regierung sind, um Bemühen für einen Deal nach außen zu demonstrieren. Faktisch geht es darum, sich ein Feigenblatt zu organisieren, um sagen zu dürfen, man hätte sich bemüht. Inhaltlich tut sich nichts.

Wenden wir uns einer anderen Blickachse zu: Nicht in London kann solitär entschieden werden, ob es eine weitere Verlängerung der Brexit-Posse gibt. In Brüssel und den weiteren 27 Ländern der EU muss man sich fragen, ob eine Verlängerung und die damit verbundenen Kosten vertretbar sind. Fakt ist, dass das UK in der Frage des Brexits und der Haltung zur EU gespalten ist.

Fakt ist, dass die britische Regierung Sonderbehandlungen im Rahmen eines Deals mit der EU einfordert, die mit einer Nichtmitgliedschaft in der EU nicht vereinbar sind. Man muss sich in Brüssel vor diesem Hintergrund fragen, ob eine Verlängerung der Frist qualitativ und quantitativ Spielräume für einen Deal mit dem UK bietet. Zur Beantwortung dieser Frage gibt es einen Vorlauf anekdotischer Evidenz über einen Zeitraum von knapp 40 Monaten. Diese Evidenz muss als bitter ernüchternd klassifiziert werden.

Fazit: Bisweilen ist ein Ende mit Schrecken, einem Schrecken ohne Ende vorzuziehen.

US-Finanzminister Mnuchin lockt und droht!

US-Finanzminister Mnuchin äußerte sich zuversichtlich, dass bei den im Oktober anstehenden Gesprächen mit Vertretern Chinas ein guter Deal erreicht werden könnte. Soweit zur Lockung. Ansonsten würde weiter an der Zollschraube gedreht. Soweit zur Drohung!

Die Ermüdungserscheinungen, die die Wiederholung der US-Verhandlungstaktik mit sich bringt, sind an den Märkten erkennbar. Eine zuversichtliche Meinungsäußerung aus der US-Administration hatte vor zwölf Monaten eine viel stärkere Marktreaktion zur Folge als aktuell.

Ähnlich wie bei Boris Johnson ist der Umgang mit Fakten, Wahrheiten und Menschen seitens der Trump-Administration kein Katalysator für nachhaltige Glaubwürdigkeit. Diese Form der Politik, die sich auf kurzfristige Effekte fokussiert, verliert im Zeitverlauf an Wirkung, vergleichbar zur Wirkung von Medikamenten, die nicht Ursachen, sondern nur Schmerzen lindern. Die Dosis muss für den gleichen Effekt immer weiter erhöht werden, ohne das Problem zu lösen Es ist eben nicht strukturell (Aristoteles!)!

Sofern die USA unilateral und losgelöst jedweder Rechtsgrundlagen den Konflikt weiter verschärfen, bezahlten das US-Unternehmen und US-Verbraucher. So kann man einen Investitionsstandort auch schleifen. Viel Erfolg, man ist auf dem Weg!

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Sentix besser - Frankreich überzeugt - Irland schwach

Der Sentix-Index für die Eurozone legte per September von zuvor -13,7 auf -11,1 Punkte zu. Die Prognose lag bei -14,0 Zählern. Frankreichs Zunahme in der Beschäftigung außerhalb des Agrarbereichs stellte sich per 2. Quartal auf 0,2 % nach zuvor 0,4 % (revidiert von 0,3 %). Seit dem 2. Quartal 2015 kommt es kontinuierlich zu einem Beschäftigungsaufbau. Der Index des Verbrauchervertrauens Irlands brach im Vorwege des Brexits per Berichtsmonat August von zuvor 85,5 auf 77,2 Punkte ein und markierte den tiefsten Wert seit November 2013.

UK: Noch relative BIP-Stärke

Laut britischer Statistik legte das BIP des UK per Juli im Monatsvergleich um 0,3 % und im Jahresvergleich um 1,00 % zu. Hintergrund sind die verstärkten Vorbereitungen auf den Brexit (nicht extrapolierbar).

China: Divergente Preissignale

Die Verbraucherpreise stiegen per August im Jahresvergleich um 2,8 % nach zuvor 2,8 % (Prognose 2,6 %), während die Erzeugerpreise im Jahresvergleich um 0,8 % (Prognose -0,9 %) nach -0,3 % sanken.

USA: Ohne Kredit geht nichts!

Die Verbraucherkredite legten per Berichtsmonat Juli im Monatsvergleich um 23,39 Mrd. USD (Prognose 16,10 Mrd. USD) nach zuvor 13,78 Mrd. USD (revidiert von 14,60 Mrd. USD) zu. Seit der Lehman-Pleite 2008 stellt sich der nominale Zuwachs der Konsumverschuldung auf 52,7 % oder anders ausgedrückt legte die Konsumverschuldung von 2.700 Mrd. USD auf 4.124 Mrd. USD zu. "Chapeau!" - Gut, dass das in Kontinentaleuropa völlig anders ist!

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1160 - 80 negiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

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