Spaß macht die Fehlersuche eigentlich nur anderswo, am allermeisten vom eigenen Sessel aus. Die Probleme daheim fallen dabei gerne aus dem Sichtbereich heraus. Nun muss der geneigte Betrachter nicht gleich griechisch oder portugiesisch lernen (auch wenn es schön klingt), gibt es doch auch im deutschsprachigen Raum allerlei zu sehen. Wenn es um ungelöste Probleme geht, stehen dann doch alle wieder gemeinsam wie der Ochs vorm Schuldenberg.

Vor allem die Altersvorsorgesysteme bereiten seit Jahren Sorgen. Da aus politischen Gründen bestimmte Maßnahmen als Tabu gelten, wird hier und da mal an einer Rentenformel herumgeschraubt, ein neuer Faktor eingeführt oder auch verbal die Sicherheit gepriesen. Eines steht aber fest, weder ein rücklagenbasiertes noch ein Umlagesystem kann es leisten, eine absolute Sicherheit zu bieten. Diese gibt es schlichtweg nicht.

Um diese Nachricht nicht übermitteln zum müssen, kam es in der BRD schon vor Jahren zu einer beginnenden und mittlerweile ausufernden Subventionierung der Sozialsysteme mit Steuermitteln. Scheinbar sollte auf diese Weise der Eindruck vermittelt werden, die Einnahmen würden die Ausgaben decken. Dem ist – wenig überraschend – nicht so. Ein Blick auf die Bevölkerungsdaten der OECD zeigt, das sich dieser wünschenswerte Zustand ohne strukturelle Änderungen wohl auf absehbare Zeit nicht einstellen wird. Bezogen auf die demographische Ausgangslage ist die Situation in Griechenland und Deutschland durchaus vergleichbar. Generell steht die Grafik stellvertretend für die demographische Situation vieler westlicher Nationen.

 

 

Das sieht nicht überall so aus. Im Land am Bosporus beispielsweise sieht die Lage schon ganz anders aus. Nicht nur dort übrigens, auch in einigen asiatischen und süd- und mittelamerikanischen Ländern ist die Alterspyramide noch pyramidal.

 

 

Nicht ganz so kopflastig wie in vielen Teiles Westeuropas ist die Verteilung in den USA, wobei der südliche Nachbar dennoch eine vollkommen andere demographische Entwicklung genommen hat (USA blau, Mexiko grün).

 

 

Die Grafiken bestätigen das, was zumindest in Europa seit Jahren bekannt ist, selbst wenn das Ausmaß immer wieder erschreckend ist. In den alltäglichen Streitereien um eine mögliche Senkung oder gar eine fast schon visionäre Anhebung der Altersbezüge geht eines leider unter. Ein Vorsorgesystem wie das unsere, also ein Umlagesystem, finanziert sich laufend aus den Beiträgen derjenigen, die gerade einen Job haben. Selbst das funktioniert bereits seit Jahren nicht mehr, so dass die Zuschüsse an die Sozialkassen regelmäßig steigen. Für einen Arbeitnehmer ist dies bei einem Blick  auf die Gehaltsabrechung schwer zu fassen, geht doch ein Fünftel des Einkommens bereits direkt an die bundesdeutschen Sozialkassen.

 

 

Wir sind in unserem Beispiel von einem Jahreseinkommen von €25.000 ausgegangen, die Werte verschieben sich bei steigendem Gehalt natürlich oberhalb der so genannten Beitragsbemessungsgrenze. Über dieser Schwelle sind die Einkommen bekanntermaßen beitragsfrei, so dass der prozentuale Anteil, der an die Sozialkassen geht drastisch sinkt.

 

 

Es ist schon recht erstaunlich, wie selten das thematisiert wird.

Dank des Kreditmarktes gelingt es dem Bund aber bisher, die Löcher in den Kassen mit anderen Mitteln zu stopfen. Denn der Anteil der Einnahmen der Sozialkassen, der aus Bundeszuschüssen besteht, hat mit den Dekaden beachtliche Ausmaße angenommen. Im letzten Haushaltsplan des Bundesfinanzministeriums (bundesfinanzministerium.de) findet sich in der Liste der öffentlichen Ausgaben in der Kategorie Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen der Posten Sonstige Zuweisungen an Sozialversicherungsträger sowie an die Bundesanstalt für Arbeit. Dieser Eintrag hat kürzlich den beeindruckenden Wert von rund €128 Mrd. erreicht. Das sind im aktuellen Fiskaljahr gut 40% aller Einnahmen des Bundes. Dummerweise bestehen aber die „Einnahmen“ des Bundes zu 25% aus neuen Schulden. Zieht man die Neuverschuldung von den Einnahmen ab, erreichen die Zuschüsse an die Sozialkassen ein Niveau, das mehr als der Hälfte aller echten Einnahmen entspricht.

Die Hälfte der wirklichen Einnahmen des Bundes findet also auf verschlungenen Pfaden seinen Weg  in die Sozialkassen. Diese Rechnung relativiert die vermeintlich „stabilen Beiträge“, die der ein oder andere Protagonist gerne als politisches Ziel ausgibt, während eventuelle Beitragskürzungen um 0,1 Prozentpunkte ausgiebig gefeiert werden.

Da die nötigen Zuschüsse aus dem Schulden- und Steuersäckel bezahlt werden, verteilt sich die aufgewendete Summe in der Breite auf die heutigen Steuerzahler und die von morgen. Angesichts der demografischen Entwicklung, die sich selbst bei einer plötzlichen Lust- und Fruchtbarkeitswelle nicht über nacht umkehren ließe, sind alle Debatten über marginale Basteleien am Versorgungssystem nicht zielführend. Den Zustand unserer eigenen Sozialkassen darf man ruhig im Hinterkopf haben, wenn man mit dem Finger auf einige sicherlich vorhandene Absurditäten in Griechenland oder anderswo zeigt.

 

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