Das Finanzsystem kann sich nicht mehr selbst stabilisieren: wir benötigen in den kommenden Monaten eine „Wunderwaffe“
Es ist wieder soweit. Das Hoffen auf eine Beruhigung der Eurokrise hat sich zerschlagen. Die Regierungswechsel beruhigen die Märkte nicht. Und auch die Pläne, den Rettungsschirm kräftig aufzupumpen, sind gescheitert. Mögliche Käufer von Staatsanleihen aus Europa fliehen in Scharen („Käuferstreik“), die Lage spitzt sich täglich dramatisch zu. Am kommenden Dienstag muss sich Italien wieder refinanzieren, ob die Platzierung der Anleihe gelingt, ist so unsicher wie noch nie. Um ein Auseinanderbrechen der Eurozone zu vermeiden, muss die Eurozone zwischen zwei Übeln wählen:
Euro-Bonds oder die Notenpresse.
Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Auch in Teilen der Politik setzt sich die Einsicht durch, dass den Märkten nun endlich mit einer ultimativen Lösung, einer „Panzerfaust-Lösung“ Respekt eingeflößt werden muss. Zwar warnen vor allem die deutsche Bundesregierung und die Bundesbank energisch vor fatalen Nebenwirkungen - aber für die Einführung von Euro-Bonds gibt es immer mehr Fürsprecher. Eine andere Möglichkeit von ähnlicher Wirkungskraft wäre eine Erklärung der EZB, bedingungslos für alle Anleihen der Euro-Länder einzustehen. Nur sie hat die Mittel zur Verfügung, eine weitere Ausbreitung der Schuldenkrise und an deren Ende einen Bruch der Währungsunion zu verhindern, denn sie kann das benötigte Geld selber drucken. Doch wir stehen in einem Dilemma: Euro-Bonds und der massive Ankauf von Staatsanleihen haben ihren Preis und sind eigentlich nicht zu verantworten.
Spätestens im ersten Quartal 2012 werden die Finanzmärkte die Entscheidung erzwingen, ob die Eurozone auseinander bricht oder ob es zu einer Vergemeinschaftung der Schulden kommt
Aber falls es nicht in den kommenden Monaten zu solch einer umfassenden Lösung kommt, könnten wir innerhalb von wenigen Monaten den Absturz bei den europäischen Staatsanleihen haben, was im gesamten europäischen Finanzsystem zu einer „Kernschmelze“ und zu einem Bruch des Euros führen könnte.
Und was sind die Folgen für die Sparer? Sollte es zu einem Bruch des Euros kommen, könnten einige Banken tatsächlich in Turbulenzen geraten. Allerdings ist die Gefahr für die Einlagen in Deutschland relativ gering. Sicht-, Termin- und Spareinlagen, die von Privatpersonen, Wirtschaftsunternehmen und öffentlichen Stellen unterhalten werden, sind zunächst über die gesetzliche Einlagensicherung in Höhe von 100.000 € pro Gläubiger geschützt. Darüber hinaus greifen Sicherungsfonds der Privatbanken. Im Falle von Lebensversicherungen würden die Versicherten Verluste erleiden, da die Versicherungen auch Anlagen in Krisenstaaten halten. Ähnliches gilt für die Riesterrente. Inhaber von Anleihen südeuropäischer Staaten würden weiter an Wert verlieren.
Tritt die EZB als Rettungsanker auf, würde dies die Glaubwürdigkeit der EZB zerstören und wir werden eine höhere Inflation erleben. Im Falle der Einführung von Euro-Bonds würde Deutschland mehr Zinsen zahlen als für seine deutschen Staatsanleihen. Die Anleger würden mehr Zinsen erhalten und die Deutschen müssten Einsparungen vornehmen. Beide Lösungen zur Rettung des Euros haben also ihren Preis. Doch was ist die Alternative? Das „Durchwurschteln“ von Rettungsschirm zu Rettungsschirm hat sich als falsch erwiesen. Europa könnte sich durch Eurobonds bzw. die EZB die Zeit kaufen, um die nötigen Änderungen der Europäischen Verträge durchzusetzen, die in Zukunft für Haushaltsdisziplin sorgen.
Kommentare
Aber die Merkel macht das schon ;-)
Sie haben Recht... Aber nur, wenn man die Debatte immer so führt, als wäre unser Wirtschaftssystem aus Gottes Schöpfung entstanden, die unabänderbar ist.
Gehen wir doch mal der Reihe nach vor. Für die Staatsanleihen werden Käufer gesucht. Das sind Geschäftsbanken (GB), die dazu berechtigt sind, an diesen Auktionen überhaupt teilnehmen zu dürfen. Woher kommt das Geld? Entweder aus dem Interbankengeschäft oder aus Geld, dass sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank (ZB) geliehen haben. Bei einer Eigenkapitalquote von 2% leihen sich die GB also ein 50stel des Betrages bei der ZB und schöpfen das Geld durch eine sog. Bilanzverlängerung aus dem Nichts (FIAT Money). Sie erzeugen also Giralgeld, also eine einfache Buchung im Computer. (Nach meiner Meinung sowieso schon recht fragwürdig, aber nun einmal gängige Praxis)
Für diesen Buchungsvorgang kassieren die GB dann 1, 2, 7 oder 13% Zinsen (oder ähnlich) von den Staaten, die sich hierdurch noch weiter in den Schuldensumpf begeben.
Nehmen wir nun an, die ZB würde als 4. Institution im Staat installiert. Weiterhin unabhängig aber dem Staate dienlich. Warum ist es dann nicht möglich, dass die Zentralbank bei Umgehung der GB, den Staaten das Geld "Giral" leiht? Und zwar zinslos.
Ich stelle mir schon seit Jahren die Frage, warum ein Staat, der die Aufgaben des Infrastrukturaufbaus, der Konjunktursteuerung u.a. Aufgaben inne hat, sich bei GB dafür verschulden muß. Das Geldmonopol sollte beim Staat und seinen Bürgern liegen.
Das schließt überhaupt nicht aus, dass eine Zentralbank nicht weiterhin unter ökonomischen Gesichtspunkten, die Geldmenge begrenzt oder sogar abbaut. Aber wer sieht, dass die Zahlung des Schuldzinses an Privatbanken, bereits den zweitgrößten Posten in unserem Staatshaushalt ausmacht, der muß doch langsam einsehen, dass da was faul ist im Staate D.
In diesem Sinne.
Ohne grundlegende Massnahmen (Schuldenschnitt auf europäischer Ebene) und Reformen (Vollgeld, Umlaufsicherung) ist die Situation blockiert, das System schach-matt. Game over.
Entweder werden die Schulden und illusionären Vermögen (Schulden= Vermögen) geordnet "entsorgt" oder nicht.
Scheint eine "revolutionäre Systemfrage" zu sein!
Wer sollte denn die "normalen oder gehebelten" Eurobonds kaufen und wozu?
Höchstens um Europa weiter in Abhängigkeiten zu den imaginären "Finanzmärkten" zu bringen?
Das Pferd muss von der anderen Seite gesattelt werden, das aber würde bedeuten, die "Macht der Finanzmärkte" zu brechen und das bedeutet...auweia...
Fakt ist, dass wir alle für die Folgen dessen, was hier geschehen ist, zahlen werden. Wenn wir das einmal akzeptiert haben, muss man daran gehen, die Verluste zu realisieren. Es wäre bereits höchste Zeit gewesen, den Stop-Loss zu aktivieren, nun sehen wir, wie jeden Tag noch mehr Geld verloren geht. Es sieht am Ende so aus, als ob wir nicht nur unser Geld verlieren werden, sondern dabei auch noch das derzeitige Machtsystem erhalten. Wenn wir also schon unser Geld verlieren, dann will ich wenigstens eine Option aufs "weiter machen nach neuen Regeln" bekommen.
Wie könnte das aussehen? Die Lösung liegt m.E. in einer marktwirtschaftlichen Verstaatlichung der Banken. Fakt ist, dass unser gesamtes Bankensystem so marode ist wie ein von Würmern und Maden zerfressener Apfel. Das gleiche gilt für unsere südlichen Partnerstaaten in der EU. Wenn man das einmal akzeptiert hat und wirklich etwas ändern will, dann kann man wie folgt vorgehen:
1.) Austritt aus dem Euro, alleine oder zusammen mit wenigen Partnerstaaten, die die gleiche Philosophie vertreten, wie wir.
2.) Aufgrund des massiven Abschreibungsbedarfs der Banken bei den Rest-Euro-Anleihen (Währungsverluste), müssen sich die Banken rekapitalisieren. Dies wird nicht über den Kapitalmarkt möglich sein.
3.) Die Rekapitalisierung erfolgt über eine "marktwirtschaftliche Verstaatlichung". Das heißt, es gibt eine Reihenfolge, nach der die Gläubiger der Banken neue Aktien zum dann jeweiligen Kurs erhalten, solange, bis genügend Eigenkapital vorhanden ist.
Reihenfolge:
a) unbesicherte Gläubiger; dazu gehören alle Anleihenbesitzer und Sparer, deren Vermögen über 100.000 Euro hinausgehen.
b) besicherte Gläubiger (man muss wohl davon ausgehen, dass die Sicherungen nicht gezogen werden können, da dies dem Gedanken der Rekapitalisierung entgegenstehen würde)
c) Einlagen < 100000 Euro; da die Einlagen vollständig gesetzlich garantiert sind, das Geld hierzu nicht da ist, geht es nur über die Ausgabe neuer Aktien an die Sparer zu dem dann herrschenden Marktwert der Aktie/des Unternehmens
d) Staatlicher Rettungsfonds, der dann auch wieder neue Aktien erhält.
Damit ist das Bankensystem stabilisert, die Staatsfinanzen sind im Griff, da die Schulden in ausländischer Währung (Euro) massiv abgewertet sind und die Verluste sind realisiert.
Der Sparer hat zwar massiv Geld verloren, hat aber Aktien an einem Unternehmen.
Die bisherigen Besitzer sind über die Verwässerung quasi enteignet, jedoch so, wie es in einer Marktwirtschaft üblich ist, nämlich "Verwendung von Risikokapital für aufgetretene Risiken", das selbe gilt für die Gläubiger in etwas abgeschwächter Form.
Die Südstaaten bleiben im Euro und die EZB druckt die Schulden mit neuem Geld weg. Dies ist der "klassische" Weg, den diese Länder seit Jahrzenten gegangen sind. Er führt zu der bereits erwähnten Währungsabwertung und dient darüber der Konkurrenzfähigkeit dieser Staaten.
4.) Den Banken wird in Zukunft das Geldschöpfungsmonopol für Staatsanleihen entzogen. Dieses Monopol wird auf gemeinnützige Vereine übertragen, die wiederum die eingenommenen Zinsen für entsprechende Zwecke verwenden und einer stengen Aufsicht und öffentlichen Transparenz unterliegen. Zwecke könnten beispielsweise Bildung und Forschung sein, weiterhin Unterstützung von sozialen Einrichtungen (Kinderhospize, ...), Menschen in besonderen Notsituationen, Teile des Sozialsystems (z.B. um dort einige Leute aus dem HartzIV-Wahnsinn heraus zu holen, der für andere Teile der Gesellschaft durchaus sinnvoll erscheint. fordern und fördern muss sein, aber wie soll das bei einer allein erziehenden Mutter mit 3 Kindern funktionieren, leistet so jemand nicht einen enormen Beitrag zu unserer Gesellschaft, wenn sie es richtig macht, auch wenn wir das nicht an unserem BIP sehen?), ...
Damit wird die Finanzierung von Teilen des Sozialsystems in Zukunft aus der Hand der Politiker genommen werden. Hier ist zu viel geschehen, als dass man dies so lassen könnte. Entsprechende Sicherungsysteme müssen sicherlich bei den oben erwähnten Vereinen eingezogen werden.
Damit wäre zumindest ein Weg skizziert, wie man aus der derzeitigen Krisensiuation haraus zum Anfang eines neuen Systems kommt, das zwar weiterhin marktwirtschaftlich organisiert ist, den derzeit jedoch offensichtlich parasitären Elementen die Blutzufuhr abdreht.
Beste Grüße
vegaman
Ich stimmt "Alice im Wunderland" zu und würde mich auch nicht darauf verlassen. Wenn der Knall kommt, dann kann doch die Masse an Spareinlagen überhaupt nicht gestützt werden!
Es gab doch schon Probleme bei Lehman (geringer Anteil in Deutschland). Was passiert, wenn eine CoBa, ING Diba oder Co. über die Wupper geht???
WER kann das überhaupt zahlen?
Zahlen( Geld drucken) kann man immer, es gibt seit langem keine wirklichen Regeln mehr. Die werden je nach Bedarf gemacht. Siehe Lehman - die einen wurden fallengelassen, die anderen gerettet, ist alles möglich.
Man muss nur ein Ziel vor Augen haben und einen politischen Willen besitzen, aber leider ist das in Europa ein Problem,da eben die Interessenlagen, Alliancen und eben internationalen Verpflechtungen z.B. bei den Banken zu groß sind und wahrscheinlich kaum noch einer durchblickt.
Die großen amerikanischen Spieler wollen ja auch ihre Felle hier in Europa retten und nicht Europa als solches. Also deshalb die vielen Meinungen, Vorschläge und der Druck. Außerdem geht es um ein "Danach", wer geht als Gewinner und wer als Verlierer aus dieser Krise hervor....
Ich verfolge das alles nur noch" sehr interessiert" und sonst nichts, kann eh nicht viel machen: die Hoffnung ( betreffs der politischen Verantwortung und der entsprechende Kompetenz) stirbt zuletzt...
Hallo GP,
auweia! Da kann ich nur zustimmen. In der Vergangenheit gab es 2 Staatspräsidenten, die keine "Hilfen" aus den USA wollten. Beide sind eine Woche nach Ablehnung auf ungeklärte Weise mit ihrem Flugzeug abgestürzt. Die Unfälle wurden bis heute nicht untersucht. Das will unsere Frau Merkel nicht erleben. In diesem Sinne.
Bei Staatspapiern mit Rating AAA bis AA- braucht kein Eigenkapital vorgehalten zu werden. Die sind sischer.... ;-)
Danke für den Hinweis,
habe die durchschnittliche EK Quote von 2% genommen, da allg. üblich. Natürlich haben Sie recht. Das Anleihen keine Ek-Unterlegung benötigen macht die Sache am Ende eigentlich noch schlimmer. Ich vereinfache gerne, sonst hätten meine Kommentare Buchlänge und dann liest sie keiner. Denke aber, dass die meisten hier sehr sachkundig sind. Unddiese Details ändert ja nichts an den Schlüssen, die wir aus der Gesamtlage ziehen. Aber Sorry nochmal für die Oberflächlicheit. Gelobe Besserung.