Teil 1: Wie der EU-Importstop die Tankerschifffahrt gefährdet

Am 17. Mai dieses Jahr forderten die ehemaligen Spitzen jeweils der CIA, des Mossad und des MI6-Geheimdienstes sowie August Hanning, bis 2005 Präsident des BND, in einem signierten „Open Editorial“ im amerikanischen Wall Street Journal den vollständigen wirtschaftlichen Ausschluss des Iran – angeblich, damit dieser sein Atomprogramm einstellt. Diese Herren sind dabei Teil einer neuen Organisation mit Basis in den Vereinigten Staaten namens „United Against Nuclear Iran“ [*].

Unter ihren Ausführungen heißt es unter anderem:

„Zwei der von uns, United Against Nuclear Iran, lange vorgeschlagenen Aktionen wurden umgesetzt und haben das Wirtschaftssystem des Iran ins Herz getroffen. Zuerst erließen die USA und die EU finanzielle Sanktionen gegen die Zentralbank des Iran und machten bei Swift, dem internationalen Bankkonsortium, Druck, den iranischen Banken jeglichen Zugang zu verwehren. Die sich allmählich ausbreitende Wirkung dieser Maßnahme war überwältigend. Das Zweite war die Entscheidung dieser Länder, Ölimporte aus dem Iran entweder komplett zu beenden oder zumindest signifikant einzuschränken. Die EU tat es den USA gleich und erließ einen vollständigen Importstopp für iranisches Öl, während andere Länder, wie zum Beispiel Japan, ebenfalls weitreichende Schritte einleiteten. Nachdem diese Maßnahmen bereits umgesetzt sind, ist es jetzt an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft das Regime restlos isoliert. Dies erfordert die härtesten Sanktionen der Geschichte gegen den Iran.“ [1]

Die weiteren Maßnahmen, die nun von „United Against Nuclear Iran“ empfohlen werden, fordern überdies einen kompletten Einfuhrstopp iranischer Lieferungen an den weltweiten Frachthäfen. Es wird sich dafür ausgesprochen, dass die EU und die USA jeweils Gesetze erlassen, die…

„…von allen Tankern und Stückgutfrachtschiffen, die in den Häfen landen, verlangen, dass diese einen Nachweis erbringen, nicht zuvor an einem iranischen Hafen angelegt zu haben; und dass sie in den vorangegangenen 36 Monaten weder iranisches Öl noch anderweitige Iranische petrochemische Produkte transportierten. Jede Zuwiderhandlung soll mit einem Transportverbot für den Zeitraum von 10 Jahren belegt werden.“ [2]

Als wäre all dies nicht schon drakonisch genug, fügen die ehemaligen Geheimdienstchefs hinzu:

„Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die im Iran operieren, sollten identifiziert werden, damit all jenen Firmen verboten werden kann, weder in den USA noch in der EU geschäftlich tätig zu sein. Weiterhin sollten sie gänzlich davon ausgeschlossen werden, mit irgendeiner Firma oder einer Organisation innerhalb der Vereinigten Staaten oder der Europäischen Union Versicherungs- oder Rückversicherungsübereinkommen zu schließen.“ [3]

Der Schuss ins Knie

Es gibt mehr als nur ein paar ernsthafte Probleme mit den Sanktionen, die bis heute gegenüber dem Iran eingeleitet wurden. Erstens hat die Reduktion iranischer Ölexporte es den Hedgefonds, den wichtigen Ölbanken und sogar Ölkonzernen wie BP ermöglicht, einen Reibach mit der Spekulation auf die künftige Entwicklung des globalen Ölpreises zu machen. Das ist der Hauptgrund für den vehementen Anstieg der Benzinpreise ab Oktober 2011.

Und jetzt ist die EU kurz davor, ihre drakonischen Sanktionen ab dem 1. Juli durchzusetzen – selbst ohne die weit drakonischeren Sanktionen, wie sie von den Mitgliedern von „United Against Nuclear Iran“ eingefordert werden. Dies könnte einen bahnbrechenden neuen Ölpreisschock für die Weltwirtschaft bedeuten und damit etwas, das nicht nur gegenwärtig niemand so richtig gutheißen kann. Der Importstopp der Europäischen Union für iranisches Öl, der am 1. Juli in Kraft tritt, wird außerdem Versicherer und Rückversicherer aus der EU davon abhalten, Öltankern überall auf der Welt entsprechenden Schutz zu gewährleisten.

Die EU-Sanktionen, die allesamt unter großem Druck seitens der USA nach Veröffentlichung eines politisch manipulierten IAEA-Berichts über das vermeintliche iranische Atomprogramm zustande kamen, enthalten Maßnahmen, die bis heute wenig bis kaum diskutiert wurden. Einer der alarmierendsten Inhaltspunkte hinsichtlich der Auswirkungen auf die ohnehin schon zu hohen Ölpreise ist das Verbot für Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften.

Im riskanten Öltankerlogistikgeschäft sind Tanker- und Frachtversicherungen äußerst wichtig, um den Fluss des Öls zu den Häfen in Asien, der EU, Nordamerika und anderswo zu garantieren. Die meisten Seefahrts-Versicherer sammeln ihre Policen und geben diese an den Rückversicherungsmarkt weiter, wenn die Deckungssumme acht Millionen US-Dollar übersteigt. Ein typischer Supertanker – die größten unter ihnen können gut zwei Millionen Barrel an Öl lagern – wird für eine Milliarde Dollar gegen Personen- und Umweltschäden abgedeckt. [4]

Bisher sind Schifffahrtsversicherungen weltweit fast vollständig in der Domäne spezialisierter Versicherer in London, wie beispielsweise „Lloyds of London“. Solange weder Sanktionen seitens der USA noch von anderer Stelle Versicherer iranischer Tankerfrachten berührten, konnten China, Japan, Südkorea und andere asiatische Staaten, die die hauptsächlichen Importeure iranischen Öls darstellen, Wege finden, um weiterhin große Mengen an Öl aus dem Iran zu importieren. So wie die Dinge aber nun stehen, wird es ab dem 1. Juli allen Versicherern in der Londoner City verboten sein, Tanker zu versichern, die irgendwo auf diesem Planeten iranisches Öl verschiffen. Ihrerseits drohen diesen Versicherern dann ebenfalls hohe Sanktionen und Strafen.

 

Wird in Teil 2/2 fortgesetzt…   

 

Fußnoten und Verweise

[*]zu Deutsch etwa: „Gemeinsam gegen einen atomaren Iran“.

[1] Meir Dagan, August Hanning, R. James Woolsey, Charles Guthrie, Kristen Silverberg, Mark D. Wallace, Total Sanctions Might Stop Iran, The Wall Street Journal, 17. Mai 2012, via http://online.wsj.com/article/SB10001424052702304192704577406353077188354.html?mod=googlenews_wsj

[2] Ibid. 

[3] Ibid. 

[4] Dmitry Zhdannikov und Justyna Pawlak, Britain seeks delay to EU's Iran ship insurance ban, Reuters, 9. Mai 2012, http://www.newsdaily.com/stories/bre84806k-us-iran-eu-insurance/

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