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Teil 2: Keine Lösung in Sicht
Die Regierung Großbritanniens bemüht sich darum, den anderen EU-Staaten ein Verschieben der Versicherungsblockade um mindestens sechs Monate abzuringen, um vielleicht doch noch eine alternative Lösung zu finden. Die Versicherer in der Londoner City versichern nahezu alle chinesischen, japanischen und sonstige Tanker aus ganz Asien. Britische Regierungsvertreter haben sich vor der Presse ihre Angst um einen scharfen Anstieg der Ölpreise eingestanden, sollten all diese Versicherungspolicen tatsächlich ab dem 1. Juli nichtig werden. Japan und Südkorea müssten sich händeringend um eine alternative Versorgung bemühen, um ihren Bedarf zu decken. [5]
Die Aussichten für die Briten sind nicht die besten. Bislang haben die Regierungen der anderen EU-Staaten wenig bis nicht darauf reagiert. Es ist ungewiss, wann die Maßnahmen innerhalb der EU wieder debattiert werden könnten, denn ein Treffen zum Iran-Embargo wurde von Mitte Mai auf einen noch ungeklärten Termin in der Zukunft verschoben. In der Zwischenzeit haben Japan, Südkorea und Indien sich vor EU-Vertretern um eine Ausnahmeregelung bemüht, doch bisher auch keine klare Rückantwort erhalten. Frankreich hat kürzlich einen neuen Präsidenten gewählt, dessen Standpunkt gegenüber der Iran-Sanktionen noch unbekannt ist – und das vermutlich sogar ihm selbst. Dennoch tickt die Uhr unaufhörlich weiter dem 1. Juli entgegen.
Die drakonischen neuen EU-Sanktionen sind ironischerweise das geistige Kind der späten Regierung Sarkozy aus Frankreich, die ebenfalls den NATO-Krieg gegen Libyen förderte, um sich einen Anteil des libyschen Ölgeschäfts zu ergattern, wie berichtet wurde. Sarkozy ist außerdem der Hauptantrieb hinter der NATO-Operation, die das Regime in Syrien stürzen sollte.
Derweil wurden die Atomstreit-Verhandlungen zwischen dem Iran und den Großmächten nach einer Unterbrechung von 15 Monaten im April in der Türkei fortgesetzt. Zu einem Treffen in Bagdad, das auf den 23. Mai angesetzt war, wären die Iraner nur unter einer Aufweichung der Sanktionen bereit gewesen.
Den erfahrenen Londoner Markt für Schiffsversicherungen einfach zu ersetzen ist keine simple Angelegenheit. Eine Option für China, Indien und die anderen wäre, mit staatlichen Garantien einzuspringen, das zumindest wird in beiden Ländern diskutiert – doch bislang ohne Ergebnisse. Zhang Shougou, Generalsekretär der chinesischen Reedervereinigung [„China Shipowners‘ Association] sagte neulich vor der Presse: „Die Reeder sind darum besorgt, dass sie nicht weiter Aufträge zur Verschiffung iranischen Öls annehmen können, wenn das Versicherungsproblem nicht gelöst werden kann. Wir haben unsere Bedenken weitergeleitet und zuständige Regierungsorgane befassen sich mit der Problematik“ [6]
Die Importe Chinas an iranischem Öl sind für das laufende Jahr um die Hälfte gesunken als ein Ergebnis früherer Sanktionen der USA gegen den Iran. Japan und Indien stehen ebenfalls unter Druck, eine Lösung zu finden. Japanische Versicherer warnten Reeder bereits davor, dass sie maximal ein Schiff nach dem anderen, welches iranisches Öl durch den Mittleren Osten transportiert, abdecken könnten, denn ohne den europäischen Rückversicherungsmarkt seien ihre Möglichkeiten stark eingeschränkt. Dies würde die Anzahl an Tankern mit iranischem Öl auf drei oder vier pro Monat (verglichen mit zehn Tankern pro Monat im letzten Jahr) reduzieren, denn jedes Schiff benötigt in etwa eine Woche bis zehn Tage, um durch den Persischen Golf und zurück zu fahren, wie aus Quellen hervorgeht. Im Vergleich zu den ersten beiden Monaten des Jahres hat Japan seine Ladungen an Crude-Öl im April um 80 Prozent zusammengestrichen. [7]
Während kaum jemand über die Konsequenzen nachdenkt, haben die Aktionen hin zu totalen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen gegen den Iran einen gefährlichen Präzedenzfall im internationalen Recht geschaffen. Ohne jede Kriegserklärung und ohne eine Abstimmung des UN-Sicherheitsrates drohen NATO-Regierungen, angeführt von Washington, damit, ein souveränes Land in die Knie zu zwingen – und das sogar ohne dass bisher irgendein handfester Beweis für ein Vergehen gegen den Atomwaffensperrvertrag vorläge. Sollte dies ohne weiteren Protest so vonstattengehen, dann wird es für die NATO und Washington wenige Gründe geben, China, Russland, Indien oder irgendeinen beliebigen „politisch unkorrekten“ Staat nicht genauso zu behandeln wie den Iran. Dies käme dem Traum des Pentagons von einer „Full Spectrum Dominance“ (totale Kontrolle über Land, Meere und Weltraum) – oder Henry Kissingers Leitspruch der 70er Jahre („Wer das Öl kontrolliert, kontrolliert die Völker“) – verdächtig nahe.
Fußnoten und Verweise
[5] Dmitry Zhdannikov und Justyna Pawlak, Britain seeks delay to EU's Iran ship insurance ban, Reuters, 9. Mai 2012, http://www.newsdaily.com/stories/bre84806k-us-iran-eu-insurance/
[6] Reuters, China mulls guarantees for ships carrying Iran oil, 30. April 2012, via http://www.newsdaily.com/stories/bre83t03y-us-china-iran/
[7] Nidhi Verma, Indian shipping firms to carry Iran crude despite reduced insurance, 24. April 2012, Reuters, via http://www.newsdaily.com/stories/bre83n0dm-us-india-oil-iran/
Kommentare
Die Entscheidung zum faktischen Abwurf der Bombe liegt allerdings an anderer Stelle. Es war schlichtweg das Ergebnis der Abwägung eines Präsidenten, wieviele eigene Soldaten er noch gewillt wart, in einem Krieg sterben zu sehen und was er andererseits zu verantworten bereit war.
Es gab den Punkt, an dem die Entscheidung für ihn sachlich richtig war "den Spuk zu beenden". Selbst um den Preis dieses massenhaften Todes von Zivilisten. Zu jener Zeit war die Atombombe kein Spielzeug, selbst wenn man die radioaktiven Folgeschäden noch lange nicht so ernst nahm. Es war der finale (Doppel-)Schlag gegen ein Japan, dass sich jeder Bereitschaft zur Aufgabe verweigerte und seinerseits einen totalen Krieg praktizierte. Darum fielen die Bomben. Nur als Info für alle, die an geschichtlicher Realität interessiert sind und nicht nur an Populismus...
Vor den USA und ihren wechselweise Verbündeten müssen auch die kleine Schweiz mit dem Bankgeheimnis und andere Länder parieren, die den US-Interessen und ihren wechselweise Verbündeten in die Quere kommen. Nur Russland und China vermögen sich dem Diktat zu entziehen. Machen wir uns nichts vor. Das ist Real- und Machtpolitik - Kein Full Spectrum Dominance, aber der Stärkere befiehlt und kann dem schwächeren eben auf die Fresse hauen.
Crigo
Der Iran is doch nix im verlgiech zu so einem großen Land wie China, als dass man es international abgrenzen könnte.
Oder welche Möglichkeiten sehen Sie, Herr Engdal, wie man solch große Länder unterdrücken kann?